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Markt ist kollabiertAltkleider werden auch im Kreis Euskirchen zum Kostenfaktor

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Astrid Franzen (v.l.), Marlies Wingartz und Margret Arbach hängen Jacken und Mäntel auf einen Kleiderständer.

Astrid Franzen (v.l.), Marlies Wingartz und Margret Arbach arbeiten ehrenamtlich im Kleiderladen der Caritas Eifel.

Der Markt für Alttextilien ist übersättigt. Hilfsorganisationen aus dem Kreis Euskirchen werden aussortierte Kleiderspenden nicht mehr los.

Wohin mit einsamen löchrigen Socken, dem ölverschmierten alten Blaumann? Streng genommen gehören solche Teile in die Altkleidersammlung. Denn seit Anfang des Jahres gilt eine geänderte Gesetzgebung, Textilien sollen EU-weit nicht mehr im Restmüll, also in der grauen Tonne, entsorgt werden. Doch Karen Beuke von der Kreis-Abfallberatung sagt: „Verdreckte und stark zerschlissene Kleidung kann vorerst nach wie vor über die Restmülltonne entsorgt werden.“

Denn bevor stark verschmutzte oder beschädigte Textilien im Altkleidercontainer landeten, müssten erst einmal geeignete Recyclingverfahren entwickelt und ausreichende Kapazitäten aufgebaut werden. Während sich für die Bürger also erst einmal nichts ändert, stehen die Organisationen im Kreis Euskirchen, die Altkleider sammeln, derzeit vor Problemen. Was eigentlich Geld einbringen sollte – und auch viele Jahre eingebracht hat –, droht zum Kostenfaktor zu werden.

DRK hat bereits 20 seiner 86 Altkleider-Container eingezogen

„Wir stehen vor einem Riesenproblem“, sagt Rolf Klöcker, Geschäftsführer des Kreisverbandes des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Das Verwertungsunternehmen, mit dem das DRK zusammenarbeite, habe angekündigt, es könne keine Alttextilien mehr annehmen. Die Lager seien voll. Jetzt halte man Ausschau nach einem anderen Verwerter. Die Hoffnung sei allerdings gering: „Der Markt ist zusammengebrochen.“

Aus einem Altkleidercontainer quellen Plastiksäcke und Tüten.

Viele Altkleidercontainer sind so voll, dass nichts mehr hineinpasst. Oft werden die Beutel und Säcke dann einfach daneben abgelagert.

In Deutschland landeten 64 Prozent der Altkleider in einem der Container, die Hilfsorganisationen oder Unternehmen aufstellten, heißt es bei FairWertung, dem Dachverband gemeinnütziger Organisationen, die gebrauchte Textilien sammeln. 90 Prozent der gesammelten Textilien würden wieder verwendet oder recycelt, als Dämmstoffe oder Putzlappen. Da sei aber der Bedarf gedeckt, auch die Nachfrage nach recycelten Fasern sei gering. 86 Container hatte allein das DRK kreisweit aufgestellt. „Wir haben jetzt 20 eingezogen“, berichtet Klöcker.

Wir wollen unbedingt vermeiden, Spendengeld für das Einlagern und Entsorgen von Alttextilien auszugeben.
Rolf Klöcker, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands Euskirchen

Er erinnert sich an Zeiten, als die Städte Sondernutzungsberühren für das Aufstellen verlangt hätten. Mittlerweile seien sie froh, wenn jemand einen Container aufstelle. Denn der Bedarf ist groß, an vielen Sammelstellen quellen die Säcke und Tüten aus den überfüllten Behältnissen und häufen sich daneben.

Der Inhalt der Container werde sorgfältig sortiert, so Klöcker, was wirklich gut erhalten und tragbar sei, komme in den DRK-Kleiderladen an der Münstereifeler Straße. Der sei längst nicht nur eine Option für Menschen, die wenig Geld hätten: „Da kann jeder hin, der nachhaltig leben will.“ Lange Zeit habe das Rote Kreuz mit Altkleidern Erlöse erzielt, die anderen Aufgaben der Hilfsorganisation zugute gekommen seien, erklärt der Geschäftsführer.

DRK fordert Lösung für Altkleidersammlung im Kreis Euskirchen

Jetzt sei die Herausforderung, wenigstens die Kosten zu decken: „Wir wollen unbedingt vermeiden, Spendengeld für das Einlagern und Entsorgen von Alttextilien auszugeben.“ Der Kreis, die Kommunen und die Organisationen, die Altkleider sammelten, müssten sich unbedingt zusammensetzen und an einer Lösung arbeiten.

Der Kleiderladen der Caritas in Schleiden habe noch kein Problem, berichtet Marlies Wingartz. Noch. Denn auch hier habe der Entsorger angekündigt, nichts mehr abzuholen, weil der Markt übervoll sei. Als Gruppenleiterin sortiert Marlies Wingartz mit anderen Ehrenamtlerinnen die Spenden, bestückt Kleiderständer und Regale und betreut die Kunden. Zum Glück wüssten die meisten Spenderinnen und Spender, dass nur Kleidung weitergegeben werde, die tipptopp sei, und brächten kaum Sachen, die aussortiert werden müssten.

Die meisten Kunden seien bedürftig, wer einen Berechtigungsschein vorweise, müsse noch nicht einmal die fünf Euro zahlen, die sonst für ein Kilo Kleidung fällig würden. Es kämen aber auch Leute, die einfach im Sinne der Nachhaltigkeit handeln wollten. Und ganz im Sinne von Marlies Wingartz, die sagt: „Es ist besser, das, was da ist, zu nutzen, als immer Neues zu kaufen.“