Im Kreis Euskirchen werden nicht nur Fachkräfte händeringend gesucht, sondern auch Azubis – die Bilanz auf dem Arbeitsmarkt.
ArbeitsmarktIm Kreis Euskirchen sind 413 Ausbildungsstellen nicht besetzt
Weniger Bewerber, mehr Ausbildungsstellen – so lässt sich die Halbjahresbilanz der Agentur für Arbeit für den Ausbildungsmarkt im Kreis Euskirchen kurz zusammenfassen. Diese wurde am Freitagnachmittag von Ralf Holtkötter, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Brühl, Anja Daub, ebenfalls Agentur für Arbeit, Waltraud Gräfen von der Industrie- und Handelskammer Aachen, Richard Graf von der Handwerkskammer Aachen und Markus Krause vom Arbeitgeberservice in Kall vorgestellt. Die weiteren Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt stellen sich ebenfalls eher durchwachsen dar.
Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt im Kreis Euskirchen
Viele Jugendliche wissen nicht, was sie wollen. Und die Eltern glauben, mit einem Abitur oder Studium stehen sie besser da. So lautete der Tenor bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz zum Ausbildungsmarkt in Kall. Von Oktober bis März haben sich 695 Bewerber bei der Agentur für Arbeit gemeldet. Das seien knapp vier Prozent weniger als im Vorjahr, berichtete Holtkötter.
Die Hauptursache machten er, Anja Daub, Waltraud Gräfen und Richard Graf darin aus, dass zu viele Jugendliche auf weiterführende Schule gingen. Nach wie vor suchten viele das „Heil im Abitur“, so Gräfen. Dabei sei eine Ausbildung ein gute, wenn nicht die bessere Alternative, ergänzte Daub. Schließlich könne man auch mit Ausbildung noch studieren und sich weiterbilden. Gleichzeitig habe man damit oft bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt und mehr Sicherheit. Schließlich werden Fachkräfte dringend gebraucht.
Schule und Wirtschaft müssten enger zusammenarbeiten, betonte Gräfen. Auch, damit die Jugendlichen eine Vorstellung von ihrem Traumberuf bekommen könnten. „Eigentlich müsste ab dem fünften Schuljahr schon Berufsbildung integriert werden“, ergänzte Holtkötter. Aufgrund der Pandemie seien in den vergangenen Jahren Berufsvorbereitungskurse und Praktika ausgefallen, das mache sich nun bemerkbar.
Die Bewerber, die es im Kreis gebe, verfügten aber über gute Abschlüsse und hätten daher auch gute Chancen über den Kreis hinaus, berichtete Daub. Der Großteil kommt laut Agentur für Arbeit von der Realschule, knapp 42 Prozent. 31,8 Prozent haben eine Fachhochschulreife oder eine Hochschulreife und rund 20 Prozent einen Hauptschulabschluss. Wer keinen guten Abschluss habe, werde von der Agentur für Arbeit unterstützt, so Daub – zum Beispiel mit berufsbegleitenden Bildungsmaßnahmen.
„Die Betriebe müssen sich schick machen“
„Die Betriebe müssen sich schick machen“, fasste Holtkötter die Situation zusammen. Bisher wurden der Agentur für Arbeit 627 Ausbildungsstellen gemeldet. Der Bedarf der Betriebe an Fachkräften sei weiterhin hoch und es mangele an Bewerberinnen und Bewerbern. Punkte wie Nachhaltigkeit und Modernität seien für Jugendliche wichtig. Man müsse den Bewerbern etwas bieten.
Auch die Firma X-CAM in Kall, wo die Vorstellung der Halbjahresbilanz stattfand, sucht nach Auszubildenden. Die Firma ist auf Ingenieurholzbau spezialisiert. „In der Produktion sind wir ganz dringend auf der Suche“, berichtete Geschäftsführer Gary Gaspard.
413 Ausbildungsstellen sind im Kreis Euskirchen laut Arbeitsagentur noch unbesetzt. Darunter auch solche, die bei Bewerbern beliebt sind. 39 offene Stellen gebe es beispielsweise für die Ausbildung zur Verkäuferin oder zum Verkäufer, 33 für die Ausbildung zur Kauffrau oder zum Kaufmann im Einzelhandel, 18 für die Ausbildung zum Kaufmann oder zur Kauffrau im Büromanagement. Drei Berufe, die nach Angaben der Arbeitsagentur in den Top-Ten der beliebtesten Berufe bei Bewerberinnen und Bewerbern vordere Plätze einnehmen. Als ein spezielles Problem im ländlichen Kreis Euskirchen nannte er das Thema Mobilität. Die Arbeitsstelle müsse für den Auszubildenden auch erreichbar sein.
Die Arbeitslosenzahlen im Kreis sind leicht gesunken
Einen leichten Rückgang der Arbeitslosenzahlen im Kreis Euskirchen vermeldet die Agentur für Arbeit für den Monat März. So seien aktuell 5963 Menschen arbeitslos, 55 weniger als im Vormonat. Der leichte Rückgang liege allerdings unter dem Trend der vergangenen fünf Jahre, so Ralf Holtkötter. Zum Vergleich: Im März 2022 waren es 368 Arbeitslose weniger. „Die konjunkturelle Grundstimmung ist weiterhin getrübt“, begründet Holtkötter diese Entwicklung. Er sei aber zuversichtlich, dass mit dem Ostergeschäft die Zahl der Arbeitslosen in den kommenden Monaten weiter sinke.
Rückläufig ist auch die Zahl der gemeldeten freien Stellen. Im März seien der Agentur 256 Arbeitsstellen aus dem Kreis gemeldet worden, knapp 20 Prozent weniger als im Februar und gut 30 Prozent weniger als im März 2022. Das sei aber nicht besorgniserregend, so Holtkötter: „Es werden weiter Arbeitskräfte gebraucht.“