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Carsharing in der EifelKölner Unternehmen Cambio betritt Neuland im ländlichen Raum

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Auf dem Foto sind Laurenz Miehe (Cambio Rheinland) und Markus Auel (Gemeinde Kall) jeweils neben einem Ford Fiesta zu sehen.

Die beiden Carsharing-Fahrzeuge am Kaller Busbahnhof stellten Laurenz Miehe (l.) und Markus Auel vor.

In fünf Kommunen im Kreis Euskirchen ist das Carsharing-Angebot bereits vorhanden, zwei weitere folgen im Herbst.

„In der Eifel betreten wir Neuland. Wir bieten hier zum ersten Mal Carsharing im ländlichen Raum an. Das ist auch für uns sehr spannend“, betonte Laurenz Miehe. Der Regionalmanager des Anbieters Cambio Rheinland mit Sitz in Köln eröffnete am Mittwochnachmittag mit Markus Auel, dem Allgemeinen Vertreter des Kaller Bürgermeisters, am Busbahnhof an der Trierer Straße eine neue Carsharing-Station mit zwei Fahrzeugen.

Die beiden Ford Fiesta können online, über eine App oder per Telefon gebucht werden. Abgerechnet wird nach der Größe des Fahrzeugs und nach Dauer der Nutzung und den Kilometern.

Damit ist Kall nach Blankenheim, Euskirchen, Hellenthal und Weilerswist die fünfte Kommune im Kreis, in der es ein entsprechendes Angebot gibt. „Zülpich und Bad Münstereifel sollen im Herbst an den Start gehen. Mit anderen Kommunen laufen noch Gespräche“, sagte Miehe.

In Bad Münstereifel gibt es noch offene Fragen

Das wollte die Stadt Bad Münstereifel so nicht ganz bestätigen. „Der Stadtrat hat im Dezember 2022 mehrheitlich beschlossen, das Projekt Carsharing in Eigenregie für zunächst zwölf Monate unter Hinzuziehung von Landesmitteln aus der Förderung der vernetzten Mobilität und des Mobilitätsmanagements fortzuführen“, teilte Pressesprecher Johannes Mager mit. Die Förderung sei inzwischen bewilligt, der städtische Eigenanteil im Haushalt eingeplant. „Derzeit werden der Förderzeitraum und die Verfügbarkeit der Fahrzeuge aber noch zwischen der Stadtverwaltung, dem Auftragnehmer für die Bereitstellung der Fahrzeuge und dem Fördermittelgeber abgestimmt“, so der Pressesprecher.

Nach der Flutkatastrophe im Juli 2021 hatte der Kreis Euskirchen in allen Kommunen das Projekt „Eifel-Carsharing“ angeboten, um so die Mobilität der Menschen zu verbessern. In allen elf Kommunen wurden Fahrzeuge stationiert. Die Kosten übernahmen zu 80 Prozent das Land Nordrhein-Westfalen und zu 20 Prozent der Kreis.

Die Resonanz auf das neue Angebot fiel in den Städten und Gemeinden sehr unterschiedlich aus. Ausgewertet wurden die elf Monate von Ende Oktober 2021 bis Ende September 2022. In dem Zeitraum gab es in Bad Münstereifel 285 und in Zülpich 221 Buchungen. In beiden Städten wurden mit den Fahrzeugen mit jeweils 20.000 auch die meisten Kilometer zurückgelegt. Relativ groß war die Nachfrage auch in Weilerswist (190 Buchungen/knapp 11.000 Kilometer) und in Kall (167/12 000).

Carsharing in Mechernich und Schleiden gestrichen

Anders sah es in Euskirchen (40 Buchungen/5400 Kilometer), Schleiden (59/5100) und Nettersheim (29/2100) aus. Dort wurden die Fahrzeuge kaum genutzt.

Nachdem das Pilotprojekt Ende Oktober vergangenen Jahres ausgelaufen war, müssen die Kommunen entscheiden, ob es eine Fortsetzung gibt. In Mechernich (79 Buchungen/5700 Kilometer) sprach sich die Politik wegen der geringen Nutzerzahlen gegen eine Fortführung in Eigenregie aus. Auch Schleiden hat das Angebot vorerst gestrichen. „Stadtrat und Verwaltung haben wegen der Vielzahl von Themen entschieden, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist“, erklärte Bürgermeister Ingo Pfennings. Man werde sich mit dem Thema künftig aber sicher wieder befassen, sagte er.

Anders sieht es in Kall aus. Weil das Angebot im vergangenen Jahr gut wahrgenommen wurde, haben die Gemeinde und das Unternehmen beschlossen, das Projekt fortzusetzen. „Der Standort am Bahnhof ist wegen seiner guten Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr sehr gut geeignet“, betonte der Regionalmanager. Es brauche aber immer auch etwas Zeit, bis neue Angebote angenommen würden.

Mehr als 3000 Pendler täglich am Kaller Bahnhof

Auel verwies auf das große Kundenpotenzial: „Mehr als 3000 Pendler nutzen täglich die Zugverbindungen.“ Der Vertrag für das Carsharing laufe erst einmal zwei Jahre. Dafür gebe es auch eine Förderung des Landes.

„Im Durchschnitt sind unsere Kunden zwischen Mitte 40 und Mitte 50“, erklärte Miehe. Aber auch Familien nutzten häufig die Fahrzeuge: „Deshalb ist in jedem Wagen auch ein Kindersitz an Bord.“ Im Schnitt würden sich 20 Kunden ein Fahrzeug teilen. „In Kall ist das Angebot auch für Besucher des Nationalparks Eifel interessant, die mit der Bahn anreisen wollen.“

Cambio arbeitet mit einem stationsgebundenen System. Das heißt: Die Wagen müssen an der Station wieder abgestellt werden, an der sie ausgeliehen wurden. Nutzer müssen sich zuerst im Internet bei Cambio registrieren lassen. Dabei werden auch der Ausweis und der Führerschein kontrolliert. „Danach können die Fahrzeuge bis zu 365 Tage im Voraus gebucht werden“, so der Regionalmanager.

Die Kosten liegen je nach Fahrzeuggröße zwischen 2,35 und 7,85 pro Stunde und zwischen 28 und 39 Cent pro Kilometer. Für Vielfahrer gibt es günstigere Tarife mit einer monatlichen Grundgebühr. Ein Computer in den Fahrzeugen übermittelt die für die Abrechnung nötigen Daten an das Unternehmen.

Zum Öffnen der Wagen benötigt der Kunde ein Smartphone mit der App. Der Schlüssel liege dann im Handschuhfach. Bei den beiden Autos handelt es sich um Benziner. „Wir haben bislang zehn Prozent der Flotte elektrifiziert“, sagte Miehe. Ein großes Problem seien fehlende Ladekapazitäten.