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Fund in der VulkaneifelNeue Lanzenfliegen-Art in der Eifel nachgewiesen

Lesezeit 4 Minuten
Eine tote Fliege liegt auf weißem Untergrund.

Eine neue Tierart in der Eifel: Die Lanzenfliege vom Bausenberg ist im Naturschutzgebiet bei Niederzissen in der Vulkaneifel erstmals nachgewiesen worden.

Die Bestimmung der Art dauerte zehn Jahre, nun erhofft sich die Forschung von dem Fund aus der Eifel Erkenntnisse über das Artensterben.

Eine Fliege ist eine Fliege. Schwarzgrau, summend, zuweilen ausgesprochen lästig und tendenziell unbeliebt. Was so toll daran sein soll, wenn eine neue Fliegenart gefunden wird, erschließt sich nicht auf den ersten Blick.

Das ändert sich schlagartig, wenn man mit Björn Rulik spricht. Der Diplom-Biologe ist Sammlungsmanager und Taxonomischer Koordinator am Museum Koenig in Bonn. Und er kann mit ansteckender Begeisterung erzählen von der Lanzenfliege vom Bausenberg und ihrer Entdeckung.

Neue Fliegen-Art wurde erst zehn Jahre nach dem Fund identifiziert

„Priscoearomyia bausenbergensis sp. nov.“ lautet der wissenschaftliche Name des kleinen Insekts, das Forscher in der Vulkaneifel nun zum ersten Mal nachgewiesen haben — am Bausenberg bei Niederzissen, wie der Name schon ahnen lässt. Der Bausenberg, ein erkalteter Lavastrom, steht seit 1981 unter Naturschutz. „Der Standort ist hochspannend“, sagt Björn Rulik. Der erkaltete Lavastrom sei heute eine Wärmeinsel mit fast schon mediterranem Klima und ein Hotspot der Artenvielfalt.

Dort ist vor rund zehn Jahren besagte Lanzenfliege den Forschenden erstmals in die Falle gegangen. Dass es so lange gedauert hat, sie als tatsächlich neue Art zu identifizieren – eine von rund 120 Zweiflügler-Arten, die es in Deutschland gibt – erklärt der Biologe schlicht mit dem Mangel an Spezialisten für die systematische Aufarbeitung.

Zum Erfolg geführt hat schließlich ein noch relativ neues Verfahren, Barcoding genannt. Das Projekt „GBOL – German Barcode of Life“ ist seit mehr als zehn Jahren am Museum Koenig angesiedelt.

Fliege bleibt als „Belegexemplar“ in Museumssammlung

Es ist jedoch nicht ganz so einfach, wie der Name zunächst erhoffen lässt. Einfach scannen wie beim Barcode im Supermarkt funktioniert nicht. Erst einmal muss DNA gewonnen werden. „Wir popeln dafür ein Stück vom Bein ab“, erklärt Rulik das Verfahren bildhaft. Denn das Tier, dessen genetischer Fingerabdruck am Ende des Verfahrens steht, soll als „Belegexemplar“ in der Museumssammlung bleiben. „Ein Beinchen kann man dabei verschmerzen.“

Mithilfe des Barcodes könne man nun die weiblichen Fliegen einer bestimmten Art zuordnen. Die ließen sich sonst nur schwer oder auch gar nicht unterscheiden. Dass es ihn mit seinem Kollegen André Reimann von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden gelungen sei, die neue Art zu identifizieren und zu beschreiben, zeige, wie hilfreich das DNA-Barcoding sei. Und welches Potenzial möglicherweise in dem Verfahren steckt. Rulik: „Wir gehen davon aus, dass in Deutschland Tausende Insektenarten noch nicht beschrieben oder nachgewiesen sind.“

Fliege aus der Eifel soll helfen, Artensterben besser zu verstehen

Wenn die Fliege erst einmal einen Namen habe, könnten Forscher in aller Welt sich mit der Art befassen und Fragen klären wie: Was macht diese Fliege? Wie leben ihre Larven? Welche Rolle spielt sie im Gefüge der Natur? Und irgendwann soll es dann eine DNA-Referenz-Bibliothek geben, um künftig Arten sicher bestimmen zu können.

Bleibt die Frage, warum man so viel Aufwand treibt, um eine neue Fliegenart zu identifizieren. Eine Frage, die für Björn Rulik gar keine ist. „Wir arbeiten daran, das Artensterben abzubilden und zu verstehen“, sagt er. In den vergangenen 30 Jahren sei die Biomasse an Insekten um 70 Prozent geschrumpft. Wie viele Arten damit ausgestorben sind, weiß niemand.

Rulik stellt die wirklich relevanten Fragen. Welche Arten gehen verloren? Was bedeutet das für unsere Umwelt? Was ist die Ursache des Artensterbens? Und vor allem: Können wir es noch mal umkehren? Die kleine Fliege könnte Teil der Antworten sein.


Nationalpark Eifel forscht intensiv zu Tier- und Pflanzenarten

Im Nationalpark Eifel wird das Vorkommen an Tieren und Pflanzen intensiv untersucht. Und immer wieder werden „neue“ Arten entdeckt. Doch Dr. Christina Lang, Leiterin des Fachgebiets Forschung, warnt vor voreiligen Schlüssen: „Wir wissen bei vielen Arten nicht, ob sie vorher nur nicht entdeckt wurden oder ob sie wirklich neu hier sind.“

Die Lebewesen, die laut dem Leistungsbericht des Nationalparks erstmals nachgewiesen wurden, sind allesamt eher unauffällig. So fanden die Forscher im vergangenen Jahr insgesamt 40 Algenarten, die man vorher nicht hatte nachweisen können. Die Kantige Laubschnecke könnte sogar manchem Wanderer aufgefallen sein. 2019 wurde sie erstmals gesichtet worden. Allerdings ist sie in Deutschland nicht heimisch.

Der Nachtfalter Catoptria osthelderi ist zum ersten Mal in der Eifel nachgewiesen worden. Im Nationalpark wurden im Rahmen einer 2022 veröffentlichten Studie rund 60 Tag- und rund 1300 Nachtfalter nachgewiesen. Allein 2022 wurden 36 neue Arten echter Pilze entdeckt.