Mehr als 1000 AnträgeEinbürgerung im Kreis Euskirchen – Statistik weist falsche Zahlen aus

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Viktoriya Golovanyuk und Markus Ramers stehen nebeneinander und lächeln in die Kamera.

Viktoriya Golovanyuk hat ihre Einbürgerungsurkunde von Landrat Markus Ramers überreicht bekommen.

Die gebürtige Ukrainerin Viktoriya Golovanyuk hat ihre Urkunde erhalten. Auch im Kreis Euskirchen steigt die Zahle der Einbürgerungen.

Ganz schön aufgeregt sei sie gewesen, erinnert sich Viktoriya Golovanyuk an den Tag, an dem sie deutsche Staatsbürgerin wurde. Vor wenigen Wochen hat Landrat Markus Ramers ihr im Kreishaus die Urkunde überreicht – für ihn war es übrigens das erste Mal, dass er selbst eine Einbürgerung vollzog. „Ich hatte Angst, dass ich Fehler mache bei dem Text, den ich sprechen musste“, erzählt die gebürtige Ukrainerin. Und sie fragte sich, ob sie angemessen gekleidet sei: „Ich hatte gedacht, das wird schlichter.“

Die Sorge war unnötig, der Text saß, das Outfit ebenfalls. Jetzt kann Viktoriya Golovanyuk zufrieden sagen: „Ich bin stolz, dass ich das selbst geschafft habe.“ Denn die Einbürgerung ist für sie der Abschluss eines Lebensabschnitts, der nicht immer leicht war, und gleichzeitig der Start in etwas Neues.

Als 22-Jährige kam sie nach Köln – und verliebte sich in den Dom

22 Jahre war sie alt, als sie ihre Heimat verließ und nach Köln zog – aus Liebe. Ihr Mann, gebürtiger Moldawier, lebte schon sechs Jahre dort. „In die Stadt habe ich mich gleich verliebt, vor allem in den Dom“, erzählt die 45-Jährige. Auf der anderen Seite habe sie großes Heimweh gehabt. Sie habe vorher gar nicht gewusst, welch enges Verhältnis sie zu ihren Eltern gehabt habe.

Viktoriya Golovanyuk hatte in der Ukraine Betriebswirtschaftslehre studiert, in der neuen Heimat musste sie erst einmal die neue Sprache lernen. Doch den Abschluss auf B2-Niveau machte sie nicht, weil gerade da ihr Sohn zu Welt kam. Weil ihr BWL-Diplom nicht anerkannt wurde, machte sie sich in der Beauty-Branche selbstständig.

Viktoriya Golovanyuk arbeitet jetzt beim Kreis Euskirchen

Der Bruch kam mit Corona. Nach 14 Jahren zeigte die Selbstständigkeit ihre Schattenseiten. Dann kamen die Scheidung und der Wunsch nach wirtschaftlicher Sicherheit. „Da habe ich mich für den öffentlichen Dienst entschieden und in meinem hohen Alter eine Umschulung gemacht.“ Eine Entscheidung, die vor allem ihren Vater glücklich gemacht habe, der selbst im öffentlichen Dienst gewesen sei.

Für Viktoriya Golovanyuk hieß es nun erst einmal viel lernen: Deutsch vor allem, aber auch EDV und natürlich alles, was eine Verwaltungsfachangestellte wissen muss. Mittlerweile arbeitet sie in der Führerscheinstelle des Kreises.

Nach der Probezeit in Euskirchen stellte sie den Einbürgerungsantrag 

„Der deutsche Staat hat mir viel geholfen, dafür bin ich sehr dankbar“, sagt die 45-Jährige. Als die Probezeit in der Kreisverwaltung vorbei war, beantragte sie die deutsche Staatsbürgerschaft: „Das war für mich der logische Abschluss einer Lebensphase.“ Den Einbürgerungstest hatte sie schon ein paar Jahr zuvor an der Kölner Volkshochschule bestanden.

Jetzt werde alles einfacher, habe sie gedacht. Doch die erste Erfahrung mit der deutschen Bürokratie ließ nicht lange auf sich warten. Als sie ihren Personalausweis beantragte, trat ein unerwartetes Problem auf. In der Geburtsurkunde ihres Sohnes ist der Name Golovanyuk anders geschrieben: mit „iuc“ am Ende statt „yuk“. Ein Fehler, der vermutlich beim Übertragen der kyrillischen Buchstaben entstanden ist. Damit sie letztlich doch ihre Papiere in Empfang nehmen konnte, einigte man sich darauf, dass auch ihr Vatersname eingetragen wurde.

Viktoriya Golovanyuk hat die neue Gesetzeslage genutzt und auch die ukrainische Staatsbürgerschaft behalten. Ob sie Deutsche geworden wäre, wenn sie den ukrainischen Pass hätte abgeben müssen? Sie weiß es nicht. Aber es wäre ihr schwerer gefallen, da ist sie sicher. So sagt sie: „Ich habe eine Heimat und eine gewonnene Heimat.“


Allein 2024 wurden über 1000 neue Anträge gestellt

Die Nachricht verwunderte: Im Kreis Euskirchen soll die Zahl der Menschen, die eingebürgert wurden, im vergangenen Jahr um 26 Prozent gesunken sein. Das Statistische Landesamt (IT.NRW) hatte Vergleichszahlen für die Kreise und die kreisfreien Städte vorgelegt. Die höchste prozentuale Zunahme verzeichnete die Stadt Bochum mit 281,4 Prozent, im Kreis Höxter stieg die Zahl der Einbürgerungen im vergangenen Jahr um 128,9 Prozent.

Bei der Kreisverwaltung geht man aber davon aus, dass die Statistik nicht stimmt. Offenbar seien nach dem Hackerangriff im Oktober die Zahlen nicht mehr ordnungsgemäß erfasst worden, sagt Pressesprecher Wolfgang Andres. Denn die würden nur einen Trend kennen: aufwärts. Von 249 im Jahr 2020 auf 675 im Jahr 2022. Und für dieses Jahr lägen bereits rund 1000 bis 1200 Anträge auf Einbürgerung beim Kreis Euskirchen vor. 

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