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VerfahrenslotseDer Kreis Euskirchen hat nun einen Mann für den Paragrafendschungel

Lesezeit 4 Minuten
Das Bild zeigt Timo Laas, wie er am Schreibtisch sitzt. In der Hand hält er einen Flyer.

Ist der neue Verfahrenslotse beim Kreis Euskirchen: der 33-jährige Timo Laas.

Timo Laas soll jungen Menschen helfen, die eine Behinderung haben. Dabei könnte es zu Knatsch in der Kreisverwaltung kommen.

Der Kreis Euskirchen hat einen Verfahrenslotsen. Timo Laas unterstützt seit dem 1. April junge Menschen bis 26 Jahre mit einer Behinderung oder einer drohenden Behinderung bei der Verwirklichung von Leistungen aus der Eingliederungshilfe.

Der 33-jährige Kerpener soll zwischen den Betroffenen und den für sie zuständigen Stellen vermitteln. Sein Job als Verfahrenslotse: beraten, erklären, Ansprüche ermitteln, auf Rechte hinwirken, auf Wunsch auch zu Gesprächsterminen bei Behörden und anderen Institutionen begleiten. Zuständig ist er für die Belange von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Kreis Euskirchen: Verfahrenslotse unterstützt unabhängig von Leistungsträgern

„Verfahrenslotsen helfen dabei, sich in dem komplizierten Leistungssystem der Eingliederungshilfe zurechtzufinden, und unterstützen dabei, Rechte und Pflichten gegenüber den Leistungsträgern einzufordern“, erklärt Laas.

Als Verfahrenslotse unterstütze er die hilfesuchende Person unabhängig von den Leistungsträgern – beispielsweise Jugendamt, Sozialamt oder dem Landschaftsverband Rheinland (LVR). Die Zuständigkeiten können Betroffene nämlich schnell überfordern, weil sie komplex und langatmig sein können.

Zuständigkeiten oft nur schwer zu durchblicken

So ist im Kreis Euskirchen für Kinder mit allen Arten von Behinderungen bis zur Einschulung der Landschaftsverband Rheinland (LVR) der Ansprechpartner für Unterstützung. Ab dem sechsten Lebensjahr ist dann für Kinder mit geistigen und körperlichen Einschränkungen das Sozialamt des Wohnortes zuständig, bei Kindern mit seelischen Behinderungen dagegen das Jugendamt.

Laas kennt sich aus in seinem Bereich. Der 33-Jährige hat zuletzt in einem Jugendamt gearbeitet, kennt also Verwaltungsstrukturen. Nach seinem Abitur war er als Schulbegleiter im Einsatz – kennt also auch die andere Seite der Medaille.

Soziale Arbeit und Sonderpädagogik studiert

Studiert hat der Kerpener Soziale Arbeit, zuvor Sonderpädagogik. Die Stelle beim Kreis Euskirchen sei eine unabhängige, er sei also nicht weisungsgebunden und könne Betroffenen durchaus nahelegen, gegen Entscheidungen, die in der Kreisverwaltung getroffen werden, Einspruch einzulegen. „Das ist schon eine herausfordernde Aufgabe, weil es eben auch zu Konflikten innerhalb der Verwaltung kommen kann“, sagt Benedikt Hörter, Leiter des Kreisjugendamts Euskirchen.

In den ersten beiden Monaten als Verfahrenslotse sei das aber noch nicht der Fall gewesen, sagt Laas, der bisher viel Netzwerkarbeit betrieben habe. Aber auch durchaus schon mit Verfahren konfrontiert worden sei, wo er als Lotse habe tätig werden müssen.

Wie viel Arbeit letztlich in den einzelnen Bereichen auf ihn zukommen werde, bleibe abzuwarten. „Wir haben ja gar keine Erfahrungswerte“, so Hörter.

Ab 2028 sollen die Verfahren etwas einfacher werden

Seit dem 1. Januar seien Verfahrenslotsen nach dem Bundesgesetz verpflichtend, sagt der Leiter des Kreisjugendamts. Dass man mit Laas jemand gefunden habe, versetze den Kreis im Vergleich zu anderen Verwaltungen in eine komfortable Situation.

Der Gesetzgeber hat eingesehen, dass die Regelungen zu kompliziert sind, dass es eines Verfahrenslotsens bedarf.
Benedikt Hörter, Leiter des Jugendamts im Kreis Euskirchen

Abgesehen davon, dass der Kreis nun seine Pflicht erfüllt habe, sei der Verfahrenslotse vor allem für die Menschen mit einer Behinderung oder drohenden Behinderung ein „echter Glücksfall“. „Der Gesetzgeber hat eingesehen, dass die Regelungen zu kompliziert sind, dass es eines Verfahrenslotsens bedarf“, so Hörter.

Ein bisschen einfacher soll es ab dem 1. Januar 2028 werden. Bis dahin soll das Jugendamt für alle Leistungen rund um Kinder und Jugendliche zuständig sein. Bei diesem Prozess, der Fusion von unterschiedlichen Ämtern und Leistungsgebern, soll auch der Verfahrenslotse begleitend unterstützen.

Kreis Euskirchen ist Vorbild für ganz Deutschland

Und der Kreis Euskirchen ist dabei sogar Vorbild für ganz Deutschland. Zumindest im Bereich der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Bisher ist das Jugendamt des Kreises nur zuständig für Kinder sowie Jugendliche und junge Volljährige mit einer bereits vorhandenen seelischen Behinderung oder einer drohenden seelischen Behinderung – beispielsweise mit dem Asperger-Syndrom.

Ab 2028 wird das Jugendamt des Kreises auch für Kinder und Jugendliche mit körperlicher und geistiger Behinderung zuständig sein. Diese Zuständigkeit liegt aktuell beim Land NRW. Die Umstrukturierung wäre zum 1. Januar 2028 ohnehin fällig gewesen. Da der Kreis aber als Modellkommune ausgewählt worden ist, startet der Prozess schon jetzt.

Begleitet werden der Kreis und die vier weiteren Modellkommunen vom Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung (FÖV). Die Experten werden die notwendigen Umstrukturierungsmaßnahmen mit erarbeiten. Die gemachten Erfahrungen – sowohl positive als auch negative – sollen dann allen Kommunen in Deutschland in Form von sogenannten Roadmaps und Handreichungen zur Verfügung gestellt werden. Dass der Kreis für alle elf Kommunen als Jugendamt fungiere, habe wohl zur Wahl als Modellregion beigetragen, ist sich Hörter sicher.


Der Verfahrenslotse Timo Laas beim Kreis Euskirchen ist telefonisch unter 02251/15 88 69 oder per E-Mail unter timo.laas@kreis-euskirchen.de zu erreichen.