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Kurioser „Schlafwagen“Polizei gibt in Euskirchen Tipps für den Urlaub mit dem Wohnmobil

Lesezeit 6 Minuten
Das Bild zeigt den hinteren Bereich eines Renault Kangoo. Mit Holzaufbauten ist eine Schlaffläche samt Stauraum entstanden. Darauf liegt eine Matratze.

Bei der Wiegeaktion in Euskirchen vor dem Start in den Urlaub fiel den Beamten auch dieser umgebaute Kangoo auf. 

81 Fahrzeuge kamen zur Wiegeaktion der Polizei nach Euskirchen. Auch für Camping-Profis gab es einiges zu lernen – etwa bei den Reifen.

Der Andrang war groß. So groß sogar, dass die Polizeibeamten einfach eine halbe Stunde früher mit der kostenlosen Wiegeaktion für Wohnmobile, Wohnwagen, Vans, Autos und Anhänger starteten. Am Ende waren es nach Angaben der Pressestelle der Euskirchener Polizei 81 Fahrzeuge, die innerhalb von gut drei Stunden über die Waage rollten.

Für Menschen, die regelmäßig mit dem Wohnmobil oder Wohnwagen in den Urlaub fahren, sind die Vorbereitungen mehr oder weniger Routine. Für andere wiederum komplettes Neuland. So beispielsweise für Britta Friedrich (Name geändert), die sich vor kurzem einen gebrauchten Renault Kangoo gekauft hat und damit künftig Europa entdecken möchte.

Mithilfe einfacher Winkel den Kangoo in einen Schlafwagen verwandelt

In dem Auto befinden sich eine Schlaffläche aus Holz und weitere hölzerne Einbauten – teilweise mit Spanngurten gesichert, teilweise mit handelsüblichen Winkeln, mit denen man eher ein Regal an der Wand befestigt als ein Auto in einen „Schlafwagen“ verwandelt.

Diese Hybridlösung Marke Eigenbau dürfte so wohl nicht zugelassen sein – da waren sich die Polizisten mehr oder weniger einig. „Wenn man die Aufbauten allesamt mit Spanngurten sichert, dann handelt es sich um Ladung. Sind sie fest verbaut, fließt es in den Fahrzeugaufbau ein. Dann muss es vom TÜV abgenommen werden“, sagt einer der Beamten.

Mit dem Ford Ranger schon bis nach Marokko gefahren

Er gab Britta Friedrich den Tipp, diesen Weg auf sich zunehmen, da im Fahrzeugschein keinerlei Vermerke über die Umbauten zu finden waren. Diesem Hinweis will Friedrich „selbstverständlich nachkommen. Genau deswegen bin ich ja hier hingekommen.“ Folgen haben die kritischen Blicke der Polizeibeamten für die Neu-Camperin nicht. Die Euskirchener Polizei hatte im Vorfeld angekündigt, dass mögliche Verstöße, beispielsweise eine Überladung, im Rahmen dieser Aktion nicht geahndet werden.

Leo Schmidt aus Euenheim fuhr mit seinem Ford Ranger inklusive fest verbauter Wohnkabine auf das Gelände des THW, wo die kostenlose Wiegeaktion der Polizei stattfand. Mit dem Ranger sei er jüngst bis nach Marokko gefahren, berichtete Schmidt. Obwohl er fast schon eine Art „Camping-Profi“ sei, habe er das Angebot der Polizei gerne angenommen.

Das Bild zeigt eine Polizeibeamtin, die zwei Mädchen etwas Lesematerial für die Fahrt in Urlaub überreicht.

Für den Nachwuchs gab es Lesematerial für die Urlaubsfahrt.

Das Bild zeigt eine Schlange von Wohnmobilen und Wohnwagen in Euskirchen bei der Wiegeaktion.

Der Andrang an der kostenfreien Wiegeaktion der Euskirchener Polizei am Dienstagnachmittag war groß.

Und obwohl der jüngste Road-Trip gerade erst beendet ist, kam Schmidt mit vollem Tank und gefüllten Wasserkanistern – also fast Realbedingungen. Nur die Frau des Euenheimers war bei der Wiegeaktion nicht dabei. Entsprechend lag das Gesamtgewicht der Combo Schmidt/Ford Ranger/Urlaubsfertig lag 200 Kilo unter den zulässigen 3,5 Tonnen – reichlich Luft also.

Gemessen wurde das Gewicht mit einer mobilen Waage. Die besteht aus zwei Metallplatten. Mit diesen Metallplatten werden die Fahrzeuge pro Achse gewogen. Die Gewichte der einzelnen Achsen werden dann zusammengerechnet und ergeben das Gesamtgewicht. Die grau-roten Streifen vor und hinter den Metallplatten sind Ausgleichsmatten, damit die Fahrzeuge auf einer Höhe stehen und das Gewicht nicht verfälscht wird.

Auflasten des Wohnmobils kann weitreichende Folgen haben

Doch was ist, wenn das Wohnmobil, das ohnehin schon ein hohes Grundgewicht hat, mit Grau- und Trinkwasser, Camping-Gasflasche, E-Bikes für den Tagesausflug und Kleidung plötzlich über den maximal 3,5 Tonnen liegt? Die Lösung: Mit einer Auflastung des Wohnmobils kann die Hinterachslast angehoben oder das zulässige Gesamtgewicht heraufgesetzt werden. Das hat aber Folgen, wie Polizeibeamtin Anke Weber erklärt: „Dann ist ein Wohnmobil offiziell ein Lkw, und man benötigt einen Lkw-Führerschein, um das Gefährt fahren zu dürfen.“ Oder man verfügt über einen Führerschein der früheren Klasse 3 und darf ohnehin Gefährte bis 7,5 Tonnen bewegen.

Die Führerscheinklasse sei aber nicht das Einzige, was sich bei Wohnmobilen mit einem Gewicht zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen ändere. Nach der Auflastung seien auf Autobahnen nur noch maximal 100 km/h erlaubt, erklärt Weber. Eventuell gebe es zudem auf bestimmten Straßen Fahrverbote für Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen. Des Weiteren müssen sich Fahrer von aufgelasteten Wohnmobilen an Überholregeln für Lkw halten.

Damit darf nicht mehr schneller als 100 km/h gefahren werden.
Polizeibeamter über die mehr als sechs Jahre alten Reifen eines Wohnmobils

Einen wichtigen Hinweis gab es während der Wiegeaktion für eine Familie, die mit ihrem Wohnmobil in wenigen Tagen nach Holland aufbrechen möchte. Die Reifen des Fahrzeugs waren älter als sechs Jahre, wie die Beamten des Verkehrssicherheitsdienstes der Polizei feststellten. Das hat Folgen: „Damit darf nicht mehr schneller als 100 km/h gefahren werden“, erklärte ein Beamter.

Eine Schleidenerin hatte indes eine Frage an die Beamten. Sie wollte wissen, ob sie auf ihr drei Meter hohes Wohnmobil ein Kinderfahrrad legen dürfe – natürlich ordnungsgemäß gesichert und verstaut. Dafür gab es von den Beamten grünes Licht. „Aber nur, wenn die Tragfähigkeit der Dachkonstruktion des Wohnmobils das erlaubt“, so ein Beamter. Zu finden sei die Angabe im Handbuch des Wohnmobils.

Weber und ihre Kollegen verteilten an die Camper Aufkleber, die auf den toten Winkel aufmerksam machen sollen sowie Lese- und Beschäftigungsmaterial für den Nachwuchs, der mit in den Urlaub fährt. Zudem gab es noch einige Tipps, wie man Gewicht am und vor allem im Wohnmobil einsparen kann.


Euskirchener Polizei hat für Camper folgende Tipps:

  1. Kochgeschirr aus Alu, kein Edelstahl
  2. Wassertank leer lassen, Frischwasser vom Campingplatz nehmen
  3. Gasflasche aus Alu, nicht aus Stahl. Im Wohnmobil oder Wohnwagen ist laut Anke Weber von der Euskirchener Polizei zudem ein Gaskasten Pflicht, in dem die Gasflasche fest verzurrt ist. Dieser Gaskasten müsse im Innenraum luftdicht verschlossen sein
  4. Fahrräder am Zugfahrzeug transportieren, nicht am Anhänger
  5. Schwere Teile sollten bodennah und in Achsennähe verladen werden
  6. Lose Teile gehören laut Polizei in rutschfeste Boxen
  7. Der Verbandskasten sollte sich nicht unter allen Urlaubsutensilien befinden
  8. Sollte das Warndreieck aufgestellt werden müssen, gelten folgende Abstände: Stadt = 50 Meter, Landstraße = 100 Meter, Autobahn = 150 Meter.

Keine Mautpflicht für Wohnmobile in Deuschland

Wer mit dem Wohnmobil in den Urlaub fährt, muss in Deutschland nicht mit einer Mautpflicht rechnen. Nach Angaben des Bundesamts für Logistik und Mobilität (BALM) gilt für Fahrzeuge, die mit Wohneinrichtung (beispielsweise Toilette, Dusche, Betten, Kochgelegenheit, Wohnraum) dauerhaft und fest ausgestattet wurden und die ausschließlich der Personenbeförderung und nicht dem Transport von Gütern dienen, keine Mautpflicht. Dies gilt dem BALM zufolge auch für Lkw mit Kofferaufbau, die nachträglich dauerhaft zum Wohnmobil umgestaltet wurden.

Wer mit seinem Wohnmobil Frankreich ansteuert, muss einen Warnaufkleber bezüglich des toten Winkels am Fahrzeug anbringen. Vorgeschrieben ist die Anbringung an beiden Seiten, vertikal in einer Höhe von 0,9 bis 1,5 Meter, horizontal innerhalb des ersten Meters von der Fahrzeugfront ausgehend. Am Fahrzeugheck muss er auf der rechten Seite kleben, ebenfalls zwischen 0,9 und 1,5 Meter hoch.

Ein Polizeibeamter leuchtet mit einer Taschenlampe in Richtung der Vorderbremsen eines Autos.

Die Euskirchener Polizei schaute bei der Wiegeaktion zwar genau hin, mögliche Verstöße blieben aber ahndungsfrei.

Verglaste Flächen und Teile der Fahrzeugbeleuchtung dürfen nicht damit beklebt werden. Betroffen von der Vorschrift sind nach Angaben der Polizei auch nicht in Frankreich zugelassene Fahrzeuge über 3,5 Tonnen – also auch Wohnmobile dieser Gewichtsklasse. Wer die Aufkleber falsch anbringe oder ohne Schild unterwegs sei, müsse mit bis zu 135 Euro Bußgeld rechnen, heißt es vom ADAC.

Auch wenn der geräumige Camper dazu einlädt: Sobald er rollt, sind die Benutzung der Toilette, der Gang zum Kühlschrank oder ein Nickerchen auf dem breiten Bett hinten verboten. Denn während der Fahrt müssen alle Insassen gesichert sein. Für Kinder gelten dieselben Regeln wie im normalen Pkw – je nach Körpergröße ist ein Kindersitz entsprechend Pflicht. Zudem dürfen nur Sitzplätze, die explizit für die Fahrt ausgewiesen sind (und meist vorwärtsgerichtet sind), genutzt werden.

Auch Hunde und Katzen müssen während der Fahrt gesichert werden. Es gibt dafür spezielle Anschnallgurte und entsprechende Transportboxen. Bei der Wiegeaktion in Euskirchen trafen die Beamten auf einen Hund, der auf dem Beifahrersitz saß – ungesichert.