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Zülpicher Jäger erklärtDas ist der Unterschied zwischen Wild und Fleisch aus Nutztierhaltung

Lesezeit 5 Minuten
Ein Hirsch im Hochwildpark Rheinland in Mechernich-Kommern

Etwa ein Kilo Wildfleisch pro Person und Jahr wird laut Bodo Weranek im Kreis Euskirchen geschossen

Fleisch essen ohne schlechtes Gewissen? Der Vorsitzende der Kreisjägerschaft Euskirchen Bodo Weranek erklärt, was Wildfleisch nachhaltig macht.

Wer sich nachhaltiger und klimafreundlicher ernähren möchte, lernt schnell: Fleisch gehört nur noch selten oder gar nicht mehr auf den Speiseplan. Flächenverbrauch durch Futteranbau, mangelhafte Tierhaltung in Mastbetrieben, Ausstoß von klimaschädlichen Gasen durch die Tiere selbst – das alles hat wenig mit Nachhaltigkeit zu tun.

„Ökologisch nachhaltig zu essen bedeutet, sich mit Mahlzeiten aus überwiegend pflanzlichen Lebensmitteln zu ernähren“, schreibt auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Eine Sparte Fleisch scheint davon im Allgemeinen aber ausgenommen: heimisches Wild. Es soll besser für Klima, Tier und Mensch sein.

Bodo Weranek ist seit 20 Jahren Jäger

Einer, der sich mit Wild und dessen Verarbeitung auskennt, ist Bodo Weranek. 71 Jahre, Jäger und Vorsitzender der Kreisjägerschaft Euskirchen. Weranek sitzt an seinem Esstisch und trinkt eine Tasse Tee.

Hinter ihm an der Wand hängen Fotos. Geweihe oder ausgestopfte Tiere sucht man in seinem Wohnzimmer vergeblich. Er mache sich nichts aus Trophäen, sagt Weranek dazu.

Seit 20 Jahren geht der Zülpicher auf die Jagd. Was in jedem Fall stimme: Wildfleisch habe eine hervorragende Qualität. Weranek nennt dafür mehrere Gründe.

Rehe – die Feinschmecker unter den Wildtieren

Erstens: Die Nahrung. „Man ist, was man isst. Das gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für das Tier.“ Rehe beispielsweise seien richtige Feinschmecker. „Ein Reh nimmt sich eigentlich von allem das beste“, sagt Weranek. Dementsprechend sei auch die Qualität des Fleisches.

Hinzu komme, dass Wildtiere nicht gefüttert werden dürfen. Das gehe nur unter gewissen Voraussetzungen in absoluten Notlagen, erklärt Weranek. Beispielsweise, wenn in der Eifel über Tage zwei Meter hoch Schnee liege und die Tiere nichts mehr zu fressen haben. Ebenso bekommen Wildtiere keine Medikamente, die über das Fleisch dann auch beim Menschen landen könnten.

Zweitens: die Haltung. Anders als bei Nutztieren werde Wildfleisch viel langsamer produziert, sagt Weranek. Ein Hähnchen, das für den Verzehr gezüchtet und gemästet werde, sei innerhalb von 30 Tagen schlachtreif. „Das kriegen wir mit Wild gar nicht hin“, so der Jäger: „Wenn im Frühjahr ein Fasan aus dem Ei schlüpft, ist der nach 30 Tagen noch ein Küken.“ Zwangsweise komme man da auf eine ganz andere Qualitätsstufe.

Stressärmere Tötung als auf dem Schlachthof

Drittens: die Tötung. Wild werde meistens in einem sehr entspannten Zustand erlegt, sagt Weranek. Beim Fressen. Bei der Ansitzjagd schieße der Jäger aus der Entfernung und von den Tieren unentdeckt. Diese seien meistens gerade dabei zu grasen. Von Stress und Adrenalin keine Spur. Um ein Stück, wie es im Fachjargon heißt, zu erlegen, sei ein sogenannter Kammerschuss zwingend vorgeschrieben, betont Weranek. Ein Kammerschuss trifft das Tier seitlich in den Brustkorb.

Zum einen habe man dort eine hohe Wahrscheinlichkeit zu treffen, zum anderen entblute das Tier durch einen Schuss in den Brustkorb schnell, erklärt der Jäger. Das wiederum sei für die Verwendung des Fleisches sehr wichtig.

Laut Hygieneverordnung müssen dem toten Tier dann innerhalb von 30 Minuten die Organe entnommen werden, berichtet Weranek weiter. Danach werde das Stück drei bis vier Tage bei sechs bis sieben Grad gelagert. „Dann stellt sich die sogenannte Fleischreife ein“, erläutert Weranek. Danach könne das Tier zerlegt und verarbeitet werden.

Abschussplanung reguliert die Jagd – Jäger müssen Verantwortung zeigen

„Wenn ich Wild in der Form behandele, dann hab ich ein Produkt erschaffen, was eine höchste Qualität hat“, sagt der Jäger. Und es gibt noch weitere Aspekte, die Wild nachhaltig machen. Wildtiere sind keine Zuchttiere. Sie leben frei in den Wäldern im Kreis Euskirchen und vermehren sich von selbst. „Das besonders kapitale Stück zu paaren, ist nicht möglich“, beschreibt Weranek einen Unterschied zur klassischer Nutztierhaltung.

Zudem diene die Jagd nicht der Fleischproduktion, sondern der Hege und Pflege. Als Jäger habe man die Verantwortung für die Wildpopulation. Lebend gehörten die Wildtiere niemandem, sie seien Allgemeingut, mit dem es pfleglich umzugehen gelte. „Hege und Pflege heißt zum Beispiel, dass man kranke Stücke entnimmt“, erklärt er weiter. Die Jagd habe auch einen regulativen Zweck, es gehe darum, Überpopulationen zu vermeiden.

Viele Wildtiere unterliegen einer Abschussplanung, die vom jeweiligen Bundesland vorgegeben wird. Darin ist geregelt, wie viele Tiere geschossen werden dürfen. Und genau hier liegt ein weiterer Punkt, der Wildfleisch nachhaltig macht: die Masse. Es gibt schlicht viel weniger Wild als Nutztiere.

Wer nur heimisches Wild isst, wird automatisch zum Teilzeitvegetarier

Wie viele Wildtiere genau in den Wäldern im Kreis Euskirchen leben, dass könne man so genau gar nicht sagen, berichtet Weranek. Aber er weiß, wie viel Wild im Durchschnitt pro Jahr im Kreis geschossen wird: zwischen 3500 und 4000 Wildschweine, etwa 3000 bis 3500 Stücke Rehwild und circa 2200 bis 2600 Stücke Rotwild. Das seien die Hauptgruppen.

Um das noch verständlicher zu machen, macht Weranek eine Beispielrechnung auf. Nehme man an, es werden 3500 Wildschweine geschossen, die im Durchschnitt 45 Kilo wiegen, dann könne man daraus rund 78.500 Kilo Nutzfleisch gewinnen. Würde man diese Menge auf die rund 190.000 Einwohner im Kreis verteilen, würde jeder etwa 400 Gramm Fleisch erhalten. Pro Jahr. Rechne man dazu noch Reh- und Rotwild, komme man auf etwa ein Kilo Fleisch pro Person, rechnet Weranek weiter.

Würden also alle Menschen im Kreis nur noch Wildfleisch aus den Wäldern der Region und keine Nutztiere mehr essen, „dann würden wahrscheinlich 90 Prozent der Bürger Veganer werden“, so Weranek.