Die Liberalen im Kreis Euskirchen sehen sich für Kommunalwahl gut aufgestellt. Die verlorene Bundestagswahl war beim Kreisparteitag kein Thema.
Parteitag der LiberalenFDP im Kreis Euskirchen bleibt für Kommunalwahl optimistisch

Knapp 50 Mitglieder und Gäste waren in das Holzkompetenzzentrum in Nettersheim zur Kreiswahlversammlung gekommen.
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War da was? Fast interessanter als das, was bei der Kreiswahlversammlung der FDP in Nettersheim gesagt wurde, war das, was nicht gesagt wurde. Eine Vielzahl von Zahlen war da zu hören, aber eine nicht: 4,3 Prozent, das Ergebnis der FDP bei der Bundestagswahl vor wenigen Wochen, das das Ausscheiden der Liberalen aus dem Parlament bedeutete. Nur angedeutet und verklausuliert wurde an die Wahlniederlage erinnert, die zum Rückzug der bisherigen Spitze der Bundespartei führte.
Die Bundestagswahl habe geendet, wie sie eben geendet habe, nannte es der Kreisvorsitzende Frederik Schorn. Eine interne Aufarbeitung habe eine Woche vor der Versammlung stattgefunden, erwähnte er, ohne auf Erkenntnisse daraus einzugehen. „Das Abschneiden in den Räten und im Kreis ist ein unschätzbar wichtiger Punkt für die FDP“, richtete er dagegen den Blick auf die Bedeutung der kommunalen Ebene.
Die CDU hat aus Machtwillen dafür gesorgt, dass das kurzfristige Denken über die Vernunft gesiegt hat.
Gleich drei Versammlungen an einem Termin hatte sich die Kreis-FDP vorgenommen: die Kreiswahlversammlung als außerordentlicher Kreisparteitag, eine ordentliche Mitgliederversammlung zur Verabschiedung des Wahlprogramms und letztlich eine weitere Wahlversammlung für die Delegierten zur Landschaftsversammlung Rheinland. Da ist es schon einmal möglich, durcheinanderzukommen.
Gleich im ersten Wahlgang für die Kreis-Reserveliste gab es eine Panne
Bereits der erste Wahlgang, mit dem Schorn auf den ersten Platz der Reserveliste gewählt werden sollte, musste wiederholt werden, da eines der Mitglieder mitgewählt hatte, das eigentlich für diese Wahl nicht berechtigt war. „Aus dem frühen Nachmittag wird nichts“, befürchtete denn auch der Noch-Bundestagsabgeordnete Markus Herbrand, der mit Hans Reiff die Versammlungsleitung übernommen hatte. Doch bei diesem einmaligen Lapsus sollte es bleiben. Versammlungserprobt zogen die beiden unerbittlich und ohne Pause sämtliche Wahlgänge im Schnelldurchgang durch.

Die Kandidaten der FDP auf den ersten zehn Plätzen für die Reserveliste bei der Kreistagswahl.
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So unterblieben auch jegliche Grußworte und Ansprachen, die das Geschehen in die Länge hätten ziehen können. Lediglich die Kandidaten für die ersten Plätze der Reserveliste zur Kreistagswahl stellten sich vor, allen voran Schorn, der für den Listenplatz 1 auserkoren war. Die Verabschiedung des Sondervermögens von 500 Milliarden Euro durch den Bundestag bezeichnete er als den „größten Wahlbetrug in der Geschichte der Bundesrepublik“.
FDP im Kreis Euskirchen kritisiert „Schuldenwahnsinn“ im Bund
Vier Jahre habe die Union der FDP wegen der Einhaltung der Schuldenbremse im Nacken gesessen. Jetzt würden Schulden gemacht und es werde Geld mit der Gießkanne über das Land verteilt. „Wenn die FDP kein politischer Faktor mehr ist, dann brechen alle Dämme“, zog er den Schluss. Die kommunale Ebene brauche vieles, aber keine Einmaleffekte auf Pump. Der „Schuldenwahnsinn“ werde die kommunalen Haushalte langfristig belasten, da die Zinsen für Kassenkredite steigen würden. „Die CDU hat aus Machtwillen dafür gesorgt, dass das kurzfristige Denken über die Vernunft gesiegt hat“, monierte er.
Als Mitglied des Mehrheitsbündnisses im Kreistag sei die FDP ein Aktivposten. Vieles sei in den vergangenen Jahren erreicht worden. Doch unter Landrat Markus Ramers sei die Kreisverwaltung so aktivistisch aufgestellt wie noch nie zuvor.

Von Frederik Schorn (v.r.) wurden Björn Genz für 25 Jahre, Rüdiger Forsbeck für 60 Jahre und Markus Herbrand für seine Arbeit im Bundestag geehrt.
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Während der Bereich Klimaschutz massiv ausgebaut worden sei, mangele es aber an der Digitalisierung. „Nicht ein Verwaltungsprozess fällt mir ein, der heute digitaler als noch vor fünf Jahren abgewickelt wird“, kritisierte er. Vorschläge der FDP seien nicht umgesetzt worden, wie auch im Bereich Photovoltaik, wo nichts passiert sei. „Im Kreishaus regiert die Ambitionslosigkeit“, sagte er.
Kritik der FDP am Kreis-Haushalt von Landrat Markus Ramers
Auch das Anwachsen der Kreisumlage um 34 Millionen Euro nahm Schorn sich vor. Immer wieder sei die Presse vor den Fraktionen informiert worden. „So chaotisch und so unprofessionell war ein Haushaltsplanverfahren im Kreis Euskirchen noch nie“, so Schorn. Dabei forderte er, Ausgaben und Angebote zurückzufahren, um den Städten und Gemeinden im Kreis die Möglichkeit zu geben, diese in Eigenverantwortung den Bürgern zur Verfügung zu stellen, da die FDP im Kreistag für das Prinzip der Subsidiarität stehe.
Doch auch am Selbstbewusstsein der krisengeschüttelten Partei arbeitete Schorn. „Jedem Liberalen wohnt immer auch der leise Zweifel inne, den wir mit Bescheidenheit und Offenheit für neue Ideen beantworten“, entwarf er sein politisches Selbstverständnis. Und gab gleich den Erfolg vor: „Diese Wahl gewinnen wir gemeinsam.“
Neues Programm für Kommunalwahl verabschiedet
So wurde auch schon im Vorfeld der Wahlen auf mögliche Koalitionsverhandlungen geschielt. Nach der letzten Wahl sei das Programm aber als unkonkret bezeichnet worden, und so stellte der Kreisvorstand den Mitgliedern ein neues Wahlprogramm zur Abstimmung. Vor allem im Bereich der Digitalisierung versuchen sich darin die Liberalen im Kreis ein prägnantes Profil zu geben.
„Die Kreisverwaltung soll zur digitalsten Verwaltung Deutschlands werden“, ist da zu lesen. Aber auch eine niedrige Kreisumlage wird als Ziel ausgegeben. Die Kreisverwaltung solle sich in den Aufgaben, die per Gesetz keine Pflicht seien, auf ein Mindestmaß beschränken. Die Annahme von Drittmitteln und Förderprogrammen mit Eigenanteil sollte zwei Jahre ausgesetzt werden.
Nach der Diskussion von Änderungen wurde das Wahlprogramm einstimmig verabschiedet, genauso wie auch die Wahl der Direktkandidaten und der Kandidaten auf der Reserveliste ohne Gegenstimmen erfolgte.
Die Direktkandidaten der FDP für die Euskirchener Kreiswahlbezirke
1 Weilerswist: Frank Dederich; 2 Weilerswist: Frederik Schorn; 3 Euskirchen: Hans-Joachim Schäfer; 4 Euskirchen: Heinz-Ulrich Kahlenborn; 5 Euskirchen: Annegret Milbert; 6 Euskirchen: Dr. Ingo Wolf; 7 Euskirchen: Karl-Heinz Daniel; 8 Euskirchen: Burkhard Kahl; 9 Euskirchen: Arne Spitz; 10 Zülpich: Yvonne Jähme; 11 Zülpich: René Bohsem; 12 Bad Münstereifel: Günter Kirchner; 13 Bad Münstereifel: Christof Milischewski; 14 Mechernich: Lukas Krüger; 15 Mechernich: Manuela Bornkessel; 16 Mechernich: Oliver Totter; 17 Kall: Thomas Müller; 18 Schleiden/Mechernich: Markus Herbrand; 19 Schleiden: Jan Griskewitz; 20 Nettersheim: Natalie Ott; 21 Blankenheim: Rudolf Huth; 22 Dahlem/Hellenthal: Peter Rauw, 23 Hellenthal/Kall: Jörg Döhler.
Kandidaten auf der Reserveliste
1 Frederik Schorn, Weilerswist; 2 Rudolf Huth, Blankenheim; 3 Hans-Joachim Schaefer, Euskirchen; 4 Thomas Müller, Kall; 5 Manuela Bornkessel, Mechernich; 6 Jan Griskewitz Schleiden; 7 Christof Milischewski, Bad Münstereifel; 8 Lukas Krüger, Mechernich; 9 Yvonne Jähme, Zülpich; 10 Daniela Osbahr, Weilerswist; 11 Katja Wolf, Euskirchen; 12 Peter Rauw, Hellenthal
Ehrungen
Im Zuge der Versammlung wurden langjährige Mitglieder der FDP geehrt. Neben Björn Genz, der seit 25 Jahren in der Partei ist, erhielt Rüdiger Forsbeck eine Ehrung für seine 60-jährige Mitgliedschaft. Auch dem scheidenden Bundestagsabgeordneten Markus Herbrand wurde für seine siebeneinhalbjährige Mitgliedschaft im Bundesparlament gedankt.