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Kirche entwidmetDie Glocken am Heimbacher Schönblick läuten nicht mehr

Lesezeit 4 Minuten
Die Presbyter tragen Gottesdienstutensilien wie Kerze oder Gefäße in die Sakristei. Vorne Gabriele Leufgen, dahinter Brigitte Weber und Roland Reddelien

Von den Presbytern wurden die Gottesdienstutensilien in die Sakristei getragen, wo sie aufbewahrt werden. Vorne geht Gabriele Leufgen, dahinter Brigitte Weber, Jutta Uhlmann und Roland Reddelien.

Nach Harperscheid 2020 ist auch die evangelische Kirche in Heimbach entwidmet. Neuer Hausherr ist die Stiftung evangelisches Altenheim Gemünd.

So allmählich wissen sie, wie es geht. Nach der Kirche in Harperscheid entwidmete die Evangelische Trinitatis-Kirchengemeinde Schleidener Tal nun auch die Kirche am Schönblick in Heimbach. Doch anders als in Harperscheid im Januar 2020 war im Gottesdienst zur Entwidmung die Stimmung heiter und gelöst. Denn eigentlich ändert sich am Status Quo des Hauses nichts.

Bereits zuvor haben in dem markanten Kirchengebäude auch Veranstaltungen aller Art stattgefunden, um den Mangel an geeigneten Veranstaltungsorten und Gruppenräumen in Heimbach zu kompensieren. Und auch nach der Entwidmung werden dort Gottesdienste stattfinden.

Daher wurden die sakralen Utensilien wie Altarkerze und Bibel oder auch das Taufbecken nicht aus der ehemaligen Kirche getragen, sondern von den Presbytern Gabriele Leufgen, Brigitte Weber Jutta Uhlmann und Roland Reddelien in die Sakristei zurückgetragen.

Die EvA-Stiftung aus Gemünd ist neuer Hausherr in Heimbach

Der Grund für die Entwidmung sei ein kirchenrechtlicher, erläuterte Pfarrer Erik Schumacher. Das Gebäude ist – bereits vor Corona – in den Besitz der Stiftung Evangelisches Altenheim (EvA) Gemünd übergegangen. „Dort liegt nun die Verantwortung für die wirtschaftliche Nutzung“, sagte Schumacher.

Malte Duisberg steht am Alter der entwidmeten Kirche und begrüßt an einer lilafarbenen Diakonie-Fahne die Anwesenden als neuer Hausherr.

Neuer Hausherr ist Malte Duisberg, Geschäftsführer der EvA-Stiftung.

Durch den Besitzerwechsel sind die Kirche und die damit verbundenen, beträchtlichen Unterhaltungskosten aus dem Bauetat der Gemeinde verschwunden. Und: Auch in einer geweihten Kirche dürfen Veranstaltungen durchgeführt werden, kirchliche Handlungen müssen aber überwiegen. Um der Stiftung Handlungsfreiheit zu geben, habe das Presbyterium 2019 die Entwidmung beschlossen.

Für 4500 evangelische Christen können wir keine sechs Kirchen vorhalten.
Hans-Peter Bruckhoff, Superintendent

„Für 4500 evangelische Christen können wir keine sechs Kirchen vorhalten“, begründete Superintendent Hans-Peter Bruckhoff den Schritt. Neben der bereits entwidmeten Kirche in Harperscheid sowie denen in Kall und Hellenthal sind die schwer von der Flut getroffenen Gotteshäuser in Gemünd und Schleiden noch nicht wieder in Betrieb. Es sei ehrlich, wenn die Kirche sage, dass sie sich verkleinern müsse. „Wir sind froh, dass hier evangelisches Leben weitergeht“, sagte er mit Blick auf das Engagement der Stiftung in Heimbach.

Superintendent Hans-Peter Bruckhoff steht an einem Rednerpult in Heimbach, wo er früher als Pfarrer tätig war.

Superintendent Hans-Peter Bruckhoff war früher Pfarrer in Heimbach.

Außer einem Wechsel der Besitzverhältnisse habe sich nichts geändert, betonte Pfarrer Oliver Joswig. Das Haus werde weiter bespielt. Und Gottesdienst könne überall gefeiert werden: „Es kommt nicht auf das Gebäude an, das ist nur die Hülle.“ Es gebe viele Arten, Gottesdienst zu feiern. „Das geht auch in der Olef“, sagte er mit Bezug auf die Tauffeier in Hellenthal.

In dem Gebäude in Heimbach werden weiterhin Gottesdienste gefeiert

An die Vergangenheit der Kirche erinnerte Bruckhoff. Als junger Pfarrer sei er 1985 zur Einweihungsfeier gekommen. Anschließend habe er die Campingseelsorge unterstützt. „Entschlossene Camper verlassen aber den Campingplatz nicht.“ Deshalb sei ein VW-Bus angeschafft worden, mit dem auf den Campingplätzen Gottesdienst gefeiert wurde. Heimbach sei seine erste Pfarrstelle gewesen. „Hier habe ich meine erste Trauung gefeiert“, sagte er. Organist Werner Harzheim sei damals bereits im Dienst gewesen.

Auch wenn am Schönblick weiter Gottesdienste gefeiert werden, eines wird wirklich anders sein: Die Glocke im offenen Glockenturm wird nicht mehr läuten. Sie erklang bei der Entwidmungsfeier zum letzten Mal. Der Grund dafür ist, dass die Genehmigung zum Glockengeläut an die Kirche gebunden sei, die auch eine Läuteordnung habe, erklärte Joswig. Was mit der Heimbacher Glocke geschehen soll, sei noch nicht sicher: „Doch es scheint sich eine Lösung abzuzeichnen.“

Das Gebäude, erläuterte EvA-Geschäftsführer Malte Duisberg, habe die Kirche der Stiftung geschenkt. Jedoch: „Manche Geschenke sind auch Bürden.“ Fest steht, dass das Haus auch weiterhin für kirchliche Veranstaltungen genutzt wird. Zudem finden bereits zahlreiche Gruppenangebote darin statt. Denkbar sei zudem, dass es den Heimbachern als Veranstaltungsstätte dienen wird. Gemeinsam wollen Kirche und Stiftung sich dazu Gedanken machen. Eines stellte Duisberg zur Freude der rund 60 Gottesdienstbesucher klipp und klar fest: „Das Haus lebt.“


Das Gebäude wurde ab 1984 gebaut

Am Schönblick wurde die evangelische Kirche ab Mai 1984 auf einem Grundstück gebaut, das die Kirchengemeinde 1981 von der Stadt Heimbach durch Tausch erworben hatte. Das ungewöhnliche Gebäude wurde im November 1985 in einer Feier mit Superintendent Friedhelm Lindner und Pfarrer Helmut Scheeler eingeweiht.

Das Bild zeigt das Gebäude in Heimbach von außen. Knapp 40 Jahre diente es als Kirche.

Die Kirche in Heimbach ist entwidmet. Auch wenn weiterhin Gottesdienste stattfinden, werden die Glocken nicht mehr läuten – das geht nur in Verbindung mit einer Kirche.

Die Kirche war vor allem im Hinblick auf Campingseelsorge gebaut worden, so Superintendent Hans-Peter Bruckhoff. Der These, deshalb erinnere das Gebäude an ein Zelt, widersprach er. „Das zeltartige ist mehr ein Bezug auf die Kirche als wanderndes Gottesvolk.“

Entworfen wurde das Gebäude vom Architekten Franz Daheim. Von ihm gebe mehrere Gebäude in Heimbach, erläuterte Ex-Bürgermeister Peter Cremer, etwa das Haus des Gastes oder der Rathausneubau: „Bei den anderen Bauten hat Daheim oft Sichtbeton verwendet, damit war er hier schon zurückhaltend.“ (sev)