Im Kreis Euskirchen fällt die Getreideernte unterdurchschnittlich aus. Die Bauern hadern nicht nur mit dem Wetter, sondern auch mit der Politik.
Bauern ziehen BilanzIm Kreis Euskirchen wurde weniger Getreide geerntet
Es war zu nass. Viel zu nass. Den Landwirten im Kreis hat es die Bilanz verregnet, zumindest was das Getreide angeht. Von einer Achterbahnfahrt sprach Kreisbauernvorsitzender Helmut Dahmen, als er mit einigen Kollegen die Erntebilanz vorlegte. Schon bei der Aussaat des Wintergetreides sei es viel zu nass gewesen. Wintergerste sei zum Teil gar nicht erst gesät worden, die Rüben zu spät. Und das, obwohl der Kreis Euskirchen im Regenschatten der Eifel liegt und es hier immer noch trockener ist als in anderen Regionen.
Nicht nur der Ertrag sei weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben, sondern auch die Qualität. Bei der Wintergerste betrage der Rückgang mehr als 20 Prozent, beim Weizen sehe es kaum besser aus. Der sei außerdem als Brotgetreide nicht zu gebrauchen. Landwirt Martin Böhling aus Zülpich führt den Rückgang der Erträge – übrigens bei sinkenden Preisen – aber auch auf die geringere Düngung zurück.
Immer weniger Landwirte im Kreis Euskirchen halten Milchkühe
In Gebieten, die stark mit Nitrat belastet sind, ist das Düngen strikt reglementiert. „Vorsätzlich unterernähren“ nennt Böhling das, Dahmen sagt: „Die Böden mergeln aus.“ So sei mit weiterem Rückgang an Qualität und Menge zu rechnen. Dahmen spricht gar vom „schwierigsten aller Jahre“. Schon die Heuernte sei problematisch gewesen. Allerdings sei die Menge ausreichend.
Vom Mais erhofft er sich eine mindestens durchschnittliche Ernte, auch für die Rüben sehe es ganz gut aus. Auch die Viehhalter sehen sich aktuell vor neue Probleme gestellt. Immer mehr geben auf, berichtet Dr. Heinrich Weidenfeld aus Kommern: „In den vergangenen Jahren haben wir rund 35 Milchhöfe verloren.“
Jetzt grassiert auch noch die Blauzungenkrankheit. Mehr als die Hälfte der Kühe, Schafe und Ziegen im Kreis seien geimpft, schätzt Dahmen. Dennoch seien viele Tiere erkrankt, die Milchlieferung deutlich zurückgegangen. Er hofft, dass bis zum Winter die Bestände „durchseucht“ sind und dann keine neuen Fälle mehr auftreten. Mit Bangen sehen die Bauern einem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest entgegen.
In der Politik fehle Verlässlichkeit, kritisieren die Bauern
Breche die Tierseuche, die in Rheinland-Pfalz bereits aufgetreten ist, in einem Betrieb aus, müsste der gesamte Bestand getötet werden. Weidenfeld sieht ein Problem vor allem bei Hobby-Schweinehaltern, deren Tiere nicht beim Veterinäramt gemeldet sind. Mehr als Tierseuchen und Klimawandel macht den Landwirten aber die Politik zu schaffen, wie Helmut Dahmen, Heinrich Weidenfeld, Martin Böhling und Stefan Hermeling einhellig beklagten.
Es fehle die Verlässlichkeit, die Bedingungen würden zu schnell geändert, als dass die Bauern darauf reagieren könnten. Wer einen neuen Schweinestall baue, müsse sich darauf verlassen können, dass der auch in 20 Jahren noch den gesetzlichen Bestimmungen genüge, sagt Weidenfeld. Sonst finde er auch keine Bank, die ihm einen Kredit dafür gebe.
Restriktive Regeln für die Düngung, immer kleinere Zeitfenster für die Bearbeitung der Felder, neue Vorgaben für Viehställe, die Ablehnung von genetisch verändertem Saatgut: „Wir laufen den Entwicklungen hinterher“, beschreibt es Böhlingen. Dabei seien Landwirte es gewohnt, dass sich ihre Arbeitsbedingungen immer wieder ändern, betont Dahmen: „Veränderungen können wir annehmen. Man muss uns nur lassen.“