Das 2019 gestartete Projekt „Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“ sollte auch im Kreis Euskirchen die Integration Geflüchteter erleichtern.
Integration218 Geflüchtete starteten im Kreis Euskirchen durch Richtung Beruf und Arbeit
Viele zufriedene Gesichter sind am Freitagabend im Kreishaus Euskirchen zu sehen gewesen. Denn das Projekt „Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“ fand nach vier Jahren seinen Abschluss. Rund 100 Beteiligte waren zu der Abschlussveranstaltung gekommen, um zu feiern und Bilanz zu ziehen.
Das Projekt wurde vom Landesministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI) sowie dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) initiiert. Es richtete sich gezielt an geduldete und gestattete Flüchtlinge zwischen 18 und 27 Jahren.
Beim Start kam dem Projekt die Corona-Pandemie in die Quere
Bei der Aufenthaltsgestattung wird den Asylsuchenden lediglich für die Dauer des Asylverfahrens ein Aufenthaltsrecht gewährt. Ein geduldeter Aufenthalt hingegen ist nicht rechtmäßig, aber auch nicht strafbar. Gemein ist diesen beiden Formen des Aufenthalts, dass die Geflüchteten in beiden Fällen eigentlich nicht an Sprach- und Integrationskursen teilnehmen dürfen. Außer im Rahmen des Projektes.
„Durchstarten bedeutet, einfach zu beginnen und etwas anzufangen“, skizzierte Hannah Monninger die Idee des Projektes. Sie leitet die Aktion gemeinsam mit Vera Seker. An den Start ging das Projekt 2019 – allerdings mit erheblichen Anlaufschwierigkeiten. Denn nachdem die Leiterinnen alles vorbereitet hatten und sich auf den Kursbeginn freuten, begann die Corona-Pandemie.
Kurse begannen in der ersten Woche des Lockdowns
Der Beginn der Kurse fiel genau auf die erste Lockdown-Woche. Deshalb mussten die Treffen zunächst online stattfinden – wie so vieles zu dieser Zeit. Doch die digitale Notlösung hinderte die Teilnehmer nicht daran, an den Treffen teilzunehmen.
Im Jahr 2022 wurde das Sprach- und Integrationsangebot ausgeweitet. Auch Menschen in Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) konnten fortan an diesen Kursen teilnehmen. Etwas Besonderes, denn normalerweise sind die Bewohner dieser Einrichtungen auch von Kursen dieser Art ausgeschlossen.
Wie gut das Projekt im ganzen Land schließlich angenommen wurde, berichtet die zuständige Referatsleiterin Kristin Degener aus dem MAGS: „Das Programm hat holprig begonnen und hat sich gut eingelaufen“, sagte sie. 51 von 52 Kreisen und kreisfreien Städten im Land hätten teilgenommen.
So habe es über 10 000 Teilnehmende gegeben, die individuelle Förderangebote bekommen hätten. Zudem entspreche der Frauenanteil von 27 Prozent in etwa dem Anteil in der gesamten Zielgruppe. Der Erfolg könne sich sehen lassen, führte sie aus.
950 Geflüchtete hätten im Zuge des Programms ein Praktikum ergattert, weitere 850 hätten das Programm mittlerweile verlassen und befänden sich nun in einer Ausbildung. „Sie brauchen jetzt keine Unterstützung mehr von uns“, sagte Degener.
Im Kreis Euskirchen nahmen insgesamt 218 Geflüchtete an dem Programm teil, berichtete Monninger. 146 davon besuchten einen Sprachkurs. Zehn Teilnehmende hätten inzwischen eine Beschäftigung aufgenommen. „Die eingesetzten Mittel sind also bei der Zielgruppe angekommen“, so Monninger.
Im Großen und Ganzen habe das Programm die schwierigen Rahmenbedingungen der Betroffenen verbessert, erklärt sie. Statt der Duldung von nur drei Monaten, hätten die Teilnehmenden im Programm 18 Monate Zeit gehabt, um Kurse zu besuchen und eventuell eine Ausbildung zu beginnen.
Dass dieses erfolgreiche Programm aber nicht weitergeführt werde, hat Degener in der vergangenen Woche erfahren. „Das hat mich in eine Schockstarre versetzt“, bekannte sie.
Doch gebe es mittlerweile verschiedene Gesetzesänderungen, die die Gesamtsituation verändert hätten: „Wir haben mittlerweile leichtere Bedingungen, Leute in Regelangebote zu bringen“, sagte sie. Weil es diese Gesetze aber nun gebe, würden keine Landesmittel mehr für den gleichen Zweck zur Verfügung gestellt.
Degener: „Ich hoffe aber, die entstandenen Strukturen sind belastbar.“ Es gebe lange Wartezeiten für Kurse. Da seien jetzt Jobcenter und Arbeitsagentur gefordert.
NRW in einer Vorreiterrolle bei Integration Geflüchteter
Mit diesem und ähnlichen Programmen sei das Land NRW Vorreiter in der Integration von Geflüchteten, betonte sie. Sie persönlich habe sogar den Eindruck, der Bund habe bei Programmen wie „Win-Win“ oder „My Turn“ nach NRW geschielt. „So eine Landesinitiative wie ‚Durchstarten‘ ist bundesweit einmalig gewesen“, betonte die Referatsleiterin. Doch immer noch gebe es Probleme. Zum Beispiel habe die Gruppe der Geduldeten aus sicheren Herkunftsländern keinen Zugang zum Arbeitsmarkt. „Da müssen wir rangehen“, fordert sie.
Eine Wahrnehmung, die Boris Brandhoff von der Integrationsagentur des DRK-Kreisverbandes Euskirchen teilt. Er sagt, NRW habe auf dem Gebiet der Integration eine Vorreiterrolle. Es gebe im Land viele Angebote, die in anderen Bundesländern fehlten.
„Die landesweite Struktur der Geflüchtetenberatung gibt es hier zum Beispiel seit vielen Jahren.“ Dass das Thema hierzulande groß auf der Agenda stehe, habe damit zu tun, dass es Regionen wie den Ruhrpott gebe, wo das Thema besonders präsent sei.
Ibrahim Diaho aus Blankenheim war einer der Ersten im Projekt
Einer der Profiteure des Programms ist Ibrahim Diaho. Er ist einer der ersten gewesen, der sich zu den Kursen angemeldet hatte. Er ist aus Guinea nach Deutschland gekommen und lebt derzeit in Blankenheim.
„Ich fand das Programm einfach gut“, sagt er. Durch die Hilfsmaßnahme habe er einen Teil seiner Ziele erreichen können: Er fängt im August eine Ausbildung als Restaurantfachmann an. Andere Ziele hat er noch nicht erreicht: „Es ist schwer, eine eigene Wohnung zu finden.“ Dabei würde dies seine Ausbildung erleichtern. „Die Berufsschule ist in Düren und die Arbeitsstelle in Bad Münstereifel, und der öffentliche Verkehr ist einfach schlecht.“