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Haushalt verabschiedetEtat 2024 für den Kreis Euskirchen umfasst mehr als 470 Millionen Euro

Lesezeit 6 Minuten
In einer Glaskugel spiegelt sich die Euskirchener Kreisverwaltung.

Der Kreishaushalt, immerhin mehr als 470 Millionen Euro schwer, ist verabschiedet worden. Welche Herausforderungen auf die Kreisverwaltung zukommen, ist teilweise auch mit einem Blick in die Glaskugel gleichzusetzen.

In den Haushaltsreden übten die Fraktionen des Kreises Euskirchen harsche Kritik an Bund, Land und an rechtsextremen Strömungen.

Gut 470 Millionen Euro umfasst der Kreishaushalt für das Jahr 2024. In der jüngsten Kreistagssitzung wurde das Zahlenwerk mehrheitlich abgesegnet. Lediglich die AfD stimmte gegen den Haushalt. Mehr Geld ausgeben will der Kreis nach eigenen Angaben für Kinder- und Jugendbetreuung sowie Bus und Bahn. Bei der Jugendamtsumlage zeige sich, dass der bundes- und landesweite Trend auch vor dem Kreis nicht Halt mache – es muss mehr Geld an den Landschaftsverband überwiesen werden.

Für die Städte und Gemeinden im Kreis Euskirchen heißt das: Auch sie müssen mehr an den Kreis Euskirchen zahlen als 2023. Auf die Kommunen kommen Landrat Markus Ramers zufolge höhere Kosten zu, da der Kreis als „Umlageverband“ keine eigenen Steuereinnahmequellen hat, für die Städte und Gemeinden aber zahlreiche Aufgaben bündelt und übernimmt – und insbesondere Sozialleistungen trägt.

Die Kämmerer fordern bessere Planung der Kreisumlage

Die Höhe der Kreisumlage ist für die Städte und Gemeinden ein wichtiger Faktor bei der Aufstellung der eigenen Haushalte. Die Kämmerer hatten deshalb im Vorfeld in einem Brandbrief den Kreis aufgefordert, schneller die Jahresabschlüsse zu bearbeiten, damit die Kommunen zeitnah belastbare Zahlen haben, um die künftigen Haushaltsplanungen valider durchzuführen.

Zudem kritisierten sie, dass der Kreis zunächst viel Geld über die Kreisumlage einfordere, dann aber wieder einen Teil zurückzahle, wenn er doch nicht so viel Geld benötigt habe. Die Forderung der Kämmerer: bessere Planung.

Die Fraktionsvorsitzenden gingen in ihren Haushaltsreden auch auf das Zahlenwerk ein, nutzten ihre zehnminütige Redezeit aber vor allem, um Kritik an Landes- und Bundesregierung zu üben und sich gemeinsam gegen die rechtsextremen Strömungen in der Gesellschaft und die AfD zu positionieren.

Ute Stolz (CDU): „Schlüsselzuweisungen anpassen und dafür Förderprogramme reduzieren.“

„Die Aufgaben werden auf allen Ebenen größer, die zu verteilenden Mittel geringer. So fällt es uns als CDU-Kreistagsfraktion auch nicht leicht, einem Haushalt zuzustimmen, der die Kommunen wieder einmal mehr belastet. Sie stehen bereits mit dem Rücken an der Wand“, sagte CDU-Fraktionschefin Ute Stolz. Sie schoss in Richtung Düsseldorf und Berlin. „Wir haben Konsens mit dem Landrat. Auch wir fordern, die Schlüsselzuweisungen anzupassen und dafür die Förderprogramme zu reduzieren. Unsere Kolleginnen und Kollegen vor Ort können rechnen und wissen, wie man verantwortlich mit Geld umgeht, dazu brauchen wir keine Kindermädchen, die uns erklären, was gut für uns ist.“

In der Fraktion der Christdemokraten sitzen der Fraktionsvorsitzenden zufolge 21 Mandatsträger mit insgesamt 203 Jahren Erfahrung und Engagement im Kreistag. Das sei die Antwort der CDU auf „Nie wieder ist jetzt“.

CDU holte zum Rundumschlag gegen AfD aus

Und dann holte Stolz zum Rundumschlag gegen die AfD-Fraktion aus. „Wer es nicht schafft, außer hin und wieder einen Antrag auf Umsetzung der Gremien zu stellen, sich inhaltlich zu profilieren, wer sich der politischen Debatte verweigert, weil er einfach nur dagegen stimmt, ohne einen Grund zu nennen, und wer bei Veranstaltungen des Kreises durch Abwesenheit glänzt, hat das Prinzip der Demokratie, hat kommunale Selbstverwaltung und politisches Mandat nicht verstanden.“

Und weiter: „Sich damit durchzuschmarotzen, dass man Verwaltung und die anderen Fraktionen im Kreistag arbeiten lässt, aber ohne schlechtes Gewissen Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder einstreichen und sogar noch höhere hauptberufliche Unterstützung der eigenen Arbeit fordern als alle anderen Fraktionen – das kann doch nicht im Interesse des Wählers sein. Dafür sind unsere Haushaltsmittel nicht gedacht.“

Thilo Waasem (SPD): „Es fehlen Fach- und Kinderärzte“

Thilo Waasem, Fraktionsvorsitzender der SPD, sagte: „Wir sind bei manchen Themen anderer Meinung. Manchmal leisten wir uns auch Scharmützel. Aber in Kernthemen, wenn es darum geht, die Demokratie zu schützen, sind wir uns einig. Das ist ein starkes Zeichen.“

Dieses aus Waasems Sicht „starke Zeichen“ setzten die Fraktionen, indem sie vor ihren Haushaltsreden der Trierer Erklärung zustimmten – bei Gegenstimmen der AfD. Waasem sagte, dass man im Bereich der Kinderbetreuung noch besser werden müsse. „Wir mussten zu vielen Eltern ihren Wunschplatz absagen“, so der Sozialdemokrat: „Auch bei der medizinischen Versorgung, und damit meine ich nicht nur die Krankenhauslandschaft, liegen große Aufgaben vor uns. Es fehlen Fach- und Kinderärzte.“

Bemerkenswert sei, dass man sich dazu durchgerungen habe, den Zuschlag für den Taxibus, der nun unter MiKE firmiert, abgeschafft zu haben und den Masterplan Radverkehr voranzutreiben.

Jörg Grutke (Grüne): „Größer denken und Lösungen in Kooperationen angehen“

Jörg Grutke von den Grünen berichtete in seiner Rede, dass man im Kreis auch bei den alljährlichen Haushaltsdebatten die Auswirkung des globalisierten Weltgeschehens spüre. „Wir kümmern uns um Schutzsuchende, nehmen uns in ganz besonderer Form der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge an, versuchen, lokale Konzeptionen zu entwickeln, die dem beginnenden eklatanten Fachkräftemangel entgegenwirken und versuchen, uns resilienter gegenüber Cyberangriffen und Naturereignissen aufzustellen“, sagte er.

Es sei notwendig, dass aufgrund großer Schnittmengen der Anforderungen an Kreis und Kommunen ein neues Denkmuster greife. „Wir müssen größer denken und Lösungen in Kooperationen angehen. Erfreulicherweise erkennen wir diesen neuen Denkansatz bei vielen Anlässen wie der Energiemangellage und im Katastrophenschutz“, so Grutke.

Demokraten hätten sich, so der Grünen-Chef, abzugrenzen, „wenn politische Veranstaltungen durch Gepöbel und Gewalt verhindert werden, wenn Polizisten angegriffen, Steine geworfen, Brände gelegt werden und Einsatzkräfte attackiert werden“. Grutke weiter: „Parteien, die solche Übergriffe mit Begeisterung jubelnd zur Kenntnis nehmen, disqualifizieren sich selbst in einem demokratischen Umfeld.“

Frederik Schorn (FDP): „Landesregierung verschärft Probleme durch mangelnde Unterstützung“

Frederik Schorn, Fraktionsvorsitzender der FDP, forderte in seiner Rede die Verwaltung auf, stärker auf die Chance „Wasserstoff“ zu setzen – und vor allem den Anschluss nicht zu verpassen. Auch die aus seiner Sicht nur schleppend vorankommende Digitalisierung ist Schorn ein Dorn im Auge. „Die Digitalisierung ist die Chance auf eine effizientere, schnellere und bürgerfreundlichere Verwaltung. Es stellt uns nicht zufrieden, dass man jeden Friseurtermin online buchen und bezahlen kann, auf dem Amt aber zieht man Wartenummern und geht an den Bezahlautomaten“, sagte er. Die Kreisverwaltung sei alles andere als ein leuchtendes Beispiel für Digitalisierung.

Und dann übte der Kreis-FDP-Chef ebenfalls Kritik an den höher gelegenen Ebenen: „Die Landesregierung ist nicht nur untätig, was die grundsätzliche Unterfinanzierung der Kommunen betrifft, nein, sie verschärft bestehende Probleme durch mangelnde Unterstützung bei der Finanzierung von Integration und Unterbringung Geflüchteter, beim schulischen Ganztag oder im überlasteten Kita-System.“

Franz Troschke (UWV): „Nicht jedem Fördertopf hinterherlaufen“

Franz Troschke, Fraktionsvorsitzender der UWV, richtete seinen Blick nach Berlin. „Die Hilflosigkeit der in Berlin regierenden, maßgebenden Akteure beschert den Kommunen und damit den Einwohnern ein Leben am Limit, dessen Grenzen bereits längst überschritten sind“, sagte er. Man habe den Eindruck, dass demnächst ein Großteil der Gesellschaft dazu da ist, die arbeitende Bevölkerung auf Einhaltung der Vorschriften und Regularien zu überwachen. Das funktioniert so nicht.

Troschke ging auch kurz auf die Kritik der Kämmerer ein. „Tatsache ist, dass den Kommunen nichts weggenommen, sondern in der Folge, durch Entnahme aus der Ausgleichsrücklage, wieder zugeführt wird“, sagte der UWV-Chef: „Nicht zu vergessen ist dabei, dass auch Kommunen grundsätzlich in ihrer Haushaltsplanung so verfahren, um dann hinterher zu dem – in der Regel nicht kritisierten – Ergebnis zu kommen, dass man doch besser gewirtschaftet habe als geplant.“

Er forderte die hiesige Politik auf, nicht jedem Fördertopf hinterherzulaufen. „Wir sollten sehr sorgfältig darauf bedacht sein, was mit den strategischen Zielen unseres Kreises im Einklang steht – und was zwar schön ist zu besitzen, aber nicht lebensnotwendig ist“, so der UWV-Chef.

Bernd Lübke (AfD): „Einige Beteiligungen auf den Prüfstand stellen“

Bernd Lübke, Fraktionsvorsitzender der AfD, forderte von der Verwaltung, einige Beteiligungen „mindestens auf den Prüfstand zu stellen“. Dazu gehören laut Lübke beispielsweise der Bürgerwindpark Schleiden und der Zweckverband Region Aachen.

Dass ein Gesundheitsstandort wie das Krankenhaus Schleiden mehr oder weniger geschlossen werde, sei eine Folge der Politik von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), so Lübke: „Es geht nur noch ums Geld und nicht mehr um die Gesundheitsversorgung.“