Die Finanzierung des Kreiskrankenhauses dürfte Kreistag und Stadtrat Zülpich verstärkt beschäftigen. Landrat Markus Ramers nennt die Probleme.
FinanzierungKreis Euskirchen stellt für Kreiskrankenhaus Mechernich Millionen-Betrag bereit
Eins ist sicher: Die Zukunft des Kreiskrankenhauses Mechernich (KKH) mit seinen Häusern in Mechernich und Schleiden wird die Politikerinnen und Politiker im Kreistag in Zukunft vermehrt beschäftigen. In der jüngsten Sitzung setzten sie im nicht-öffentlichen Teil auch ein klares Zeichen:
Wie diese Zeitung erfuhr, haben die Mandatsträger der Kreiskrankenhaus GmbH ein Ausfalldarlehen in Höhe von 10 Millionen Euro zugesichert, sofern das nötig sein sollte.
Ob und, wenn ja, wann die GmbH davon Gebrauch macht oder gar machen muss, ist offen. Doch der Geschäftsführung, so hieß es aus politischen Kreisen, solle damit die notwendige wirtschaftliche Beinfreiheit gegeben werden, die sie in diesen unsicheren Zeiten brauche.
Die Listengemeinschaft aus CDU, FDP und UWV will die Lage des Kreiskrankenhauses zum regelmäßigen Thema in den Sitzungen etablieren. Bei Landrat Markus Ramers (SPD) scheinen sie damit offene Türen einzurennen.
Er bat zwar um Verständnis dafür, dass er aus nicht öffentlicher Sitzung nicht berichten dürfe, doch im Gespräch mit dieser Zeitung machte Ramers deutlich, dass die künftige Gesundheitsversorgung im Kreis Euskirchen „enorm schwierig und herausfordernd“ sein werde.
Was das Kreiskrankenhaus betrifft, so sei die Lage nicht dramatisch, will Ramers keine unnötige Panik aufkommen lassen. Im Gegenteil: Der GmbH gehe es gut. „Aber die Situation der Krankenhäuser in Deutschland ist alarmierend“, so Ramers. Fast im Wochentakt machten Kliniken in Deutschland dicht, viele andere hingen wirtschaftlich derart am Tropf, dass ihr baldiges Ende drohe.
Ramers sieht Kliniken in Mechernich und Schleiden gut aufgestellt
Auch in der Nachbarschaft des Kreises, etwa in Rheinland-Pfalz, hätten Häuser bereits geschlossen. In Köln seien Millionen-Euro-Spritzen der öffentlichen Hand nötig, um Krankenhäuser am Leben zu halten. „Kreis und Stadt Düren“, so berichtet Ramers, „haben ihr Krankenhaus an eine private Gesellschaft verkauft.“
Soweit soll es im Kreis Euskirchen nicht kommen, stellt Ramers klar. Und legt ein Bekenntnis ab: „Solange ich Landrat bin, werde ich alles dafür tun, dass wir unser kommunales Krankenhaus im Kreis Euskirchen erhalten.“
Das heiße dann aber auch, dass die Eigentümer Verantwortung übernehmen müssten – und das sind der Kreis und die Stadt Zülpich (25 Prozent), innerhalb deren Stadtmauern das Geriatrische Zentrum des KKH liegt. Und was auf Politisch „Verantwortung tragen“ heißt, heißt auf Deutsch: Geld bereitstellen.
Denn es gehe darum, die gute Situation des KKH zu erhalten. „Wir können von Glück reden, dass wir ein so gut aufgestelltes Krankenhaus haben“, lobt Ramers die Arbeit der Geschäftsführungen der vergangenen Jahrzehnte.
Schon während der Amtszeit des 2015 gestorbenen Geschäftsführers Hans Rossels habe das bis dahin defizitäre Krankenhaus die Weichen neu gestellt. Bald schon seien ansehnliche Gewinne gemacht worden, die dann zu großen Teilen zu Sanierung, Modernisierung und Anbauten genutzt worden seien - eine Strategie, die von Rossels Nachfolgern bis heute fortgesetzt werde und dem Unternehmen in diesen schwierigen Zeiten zugutekomme.
Kein Sanierungsstau wie in vielen anderen Kliniken in NRW
„Wir haben anders als viele Häuser in NRW keinen Sanierungsstau“, stellt Ramers erleichtert fest. Die Gebäude in Mechernich und Schleiden seien in einem guten Zustand, während NRW-weit alleine 2021 notwendige Investitionen im Wert von rund 1,8 Milliarden mangels Geld nicht hätten getätigt werden können.
Zudem seien Belegschaft und Geschäftsführung des KKH hoch motiviert. Mit den beiden Kliniken der GmbH und dem von einer Stiftung getragenen Marien-Hospital sei der Kreis im Krankenhausbereich in einer guten Lage.
Allerdings habe Corona vieles verändert, gibt der Landrat zu bedenken: „Es gibt weniger Menschen, die in die Krankenhäuser gehen.“ Nach der Pandemie seien die Belegungszahlen zwar wieder gestiegen, aber seien längst noch nicht auf dem Stand von 2019.
Das liege seiner Einschätzung nach daran, dass heute vieles ambulant gelöst werde, was früher mit einem Klinikaufenthalt verbunden war. Zudem versuchten noch mehr Menschen als vor der Pandemie, einen Krankenhausaufenthalt, wenn irgendwie möglich, zu vermeiden – und das wirke sich auf die wirtschaftliche Lage der Kliniken verheerend aus.
Denn da schlage das System der Krankenhausfinanzierung erbarmungslos zu. Er habe sich in den vergangenen Wochen intensiv damit befasst, erklärte Ramers. Sein Fazit: „Das ist völlig absurd.“
„Das ist absurd“ – Ramers kritisiert Finanzierung der Krankenhäuser
Daher sei es auch richtig, dass sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit dem Thema Vorhaltekosten befasse. „Wie eine Feuerwehr oder ein Rettungsdienst einfach da sein müssen, auch wenn es nicht brennt, müssen auch im Krankenhaus Pflegekräfte oder Ärzte da sein, auch wenn es gerade mal ruhiger ist.“
Aber die Finanzierung der Kliniken erfolge über Fallkosten, also nur bei Behandlungen. Die Tage des Aufenthalts würden durch den jeweiligen Behandlungsfall vorgegeben – und entsprechend von den Kassen bezahlt.
Das funktioniere dann auch nicht in allen Abteilungen wirtschaftlich, beschreibt Ramers die Mängel im System: „Wenn man ein Krankenhaus ausschließlich wirtschaftlich betreiben wollte, dann müsste man sich etwa von der Kinderstation und der Geburtshilfe verabschieden.“ Das aber, so Ramers (der im Übrigen selbst das Licht der Welt in Mechernich erblickte), komme nicht infrage.
„Das sind nämlich genau die Dinge, die wir hier brauchen“, stellt Ramers klar, der in diesem Zusammenhang gerne an die im Grundgesetz verankerten gleichwertigen Lebensverhältnisse erinnert: „Es darf nie so kommen, dass ein Bürger im Kreis Euskirchen gesundheitlich stärker gefährdet ist als einer, der in Köln, Düsseldorf oder Berlin wohnt.“
Bekenntnis zu Standorten Euskirchen, Mechernich und Schleiden
Die Großstädte seien vielleicht mit Krankenhäusern überversorgt, der Kreis Euskirchen mit seiner großen Fläche und dementsprechend weiten Wegen sei es sicherlich nicht. Die Einrichtungen in Mechernich, Euskirchen und Schleiden seien notwendig, so der Landrat. Für Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Geburten seien Einrichtungen vor Ort unverzichtbar. Dafür gebe es ja auch die vom Landesgesundheitsminister vorgegebenen Zeiten, in denen ein Krankenhaus in solchen Fällen erreichbar sein soll.
Anders sehe das bei komplizierten, terminierbaren Operationen aus. „Wenn eine OP ansteht, geht man ja lieber zu einem Arzt, der das mehr als dreimal im Jahr macht“, spitzt Ramers zu. Dafür nähmen Patienten und Angehörige auch gerne längere Wege in Kauf.
Dass die Krankenhäuser im Kreis im Rahmen der diskutierten Krankenhausreform einzelne Bereiche abgeben müssten, sei nicht zu erwarten. Da komme es auf die Zahlen der Behandlungen in den jeweiligen medizinischen Fachbereichen an – und die seien hoch genug, um bestehen zu können. Mehr noch: Die drei Häuser ergänzten sich da prima, so der Landrat.
Auch der Ärztemangel im Kreis Euskirchen bereitet Sorgen
„Ich glaube nicht, dass wir das, was wir an medizinischer Versorgung aktuell haben, in nächsten zehn Jahren noch so halten können“, sagt Landrat Markus Ramers. Das betreffe alle Bereiche. Im Kreis Euskirchen seien beispielsweise derzeit mehr als zehn Kassen-Hausarztsitze nicht besetzt, so der Landrat, der nach eigenem Bekunden einen „regelmäßigen guten Austausch“ mit der Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung pflege.
Lange Wartezeiten oder gar die Auskunft, dass die Praxis keine neuen Patienten aufnehme, seien die Folge. Sie sorgten für Frust bei den Bürgerinnen und Bürgern – und im schlechtesten Fall für einen Vertrauensverlust in das Funktionieren des Staates.
Wenn er mit Familien im Kreis spreche, höre er immer öfter, dass sie keinen Kinderarzt fänden. Ähnlich sehe es bei anderen Facharztbereichen aus. „Die Wartelisten sind voll“, so Ramers, der in der vergangenen Woche ein paar Stunden mit dem Rettungsdienst im Kreis unterwegs war.
Auch hier spüre man den Hausarztmangel im Kreis. „Der Rettungsdienst ist das letzte Glied in der Kette.“ Wenn es keinen Hausarzt gibt, wird der Rettungsdienst angerufen. Das habe zur Folge, dass Kräfte, Wagen und Geräte belegt sind und für wirkliche Notfälle, in denen es um Minute gehen kann, nicht zur Verfügung stehen. Und auch der Rettungsdienst kämpfe permanent gegen Personalknappheit. „Die Decke im Gesundheitswesen ist einfach zu kurz“, stellt Ramers fest.