250 Einsatzkräfte und Verletztendarsteller nahmen an Katastrophenschutzübung des Kreises Euskirchen teil. Simuliert wurde eine Explosion.
Großübung des KreisesViele „Verletzte“ nach Explosion in Bildungsstätte Steinbachtalsperre
Dichter Nebel waberte durch die Räume und Flure der Katholischen Bildungsstätte Steinbachtalsperre, die Hand war kaum vor den Augen zu erkennen. Hilferufe, Schmerzensschreie und panisches Klopfen an verschlossene Türen war dagegen das, was die Einsatzkräfte hörten.
Passiert war glücklicherweise gar nichts: Bei den Verletzten handelte es sich um Mitglieder der Jugendfeuerwehren, die ihre Rollen hervorragend spielten, und der Rauch kam aus Nebelmaschinen. Im Rahmen einer Großübung des Kreises Euskirchen wurde das Zusammenspiel der verschiedenen Organisationen trainiert: Feuerwehren, Deutsches Rotes Kreuz, Malteser, Technisches Hilfswerk und die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) übten gemeinsam.
Darsteller simulierten die Opfer einer schweren Explosion
Die Jugendfeuerwehrleute und andere Darsteller hockten und lagen überall im Gebäude verteilt. Sie simulierten die Opfer einer schweren Explosion im Obergeschoss der Einrichtung. Damit die Darstellung so realistisch wie möglich war, kam im Vorfeld reichlich Schminke zum Einsatz. Wunden und Verbrennungen waren aufgemalt, Metallstangen so geschickt fixiert, dass es aussah, als ragten sie aus dem Brustkorb.
Doch nicht alle hatte es so heftig erwischt. „Wir alle drei sind heute nur leicht verletzt und haben darum diese grünen Karten bekommen“, berichtete der 15-jährige Thorben. Er hatte mit seinen Freunden Lennard und Ben an der Übung als Statisten mitgewirkt: „Trotzdem ist das alles sehr spannend und aufregend. Ich glaube aber auch, dass so etwas helfen kann, wenn man später mal wirklich in so einen Einsatz kommt. Dann weiß man schon, was man machen und wie man reagieren muss.“
Genau dieser Gewinn an Einsatzerfahrung sei der Grund, eine solche Übung zweimal jährlich durchzuführen, wie Martin Fehrmann, Abteilungsleiter für Gefahrenabwehr beim Kreis, berichtete: „Von der Anfahrt zum Einsatzort, der Einteilung der Einsatzkräfte bis zur Sicherung von betroffenen Personen und der Brandbekämpfung wird jeder einzelne Schritt geübt. Dabei sammeln alle Beteiligten wichtige Erfahrungen, die ihnen im Ernstfall helfen können, Leben zu retten.“
Daher lege man großen Wert auf eine realitätsnahe Darstellung der Situation: „Selbst bei einer solchen Übung brechen immer wieder Emotionen durch. Auch das ist wichtig, um im Ernstfall besser damit umgehen zu können.“
An der Steinbachtalsperre kam auch die Drehleiter zum Einsatz
Rund 250 Personen waren an der Katastrophenschutzübung als Einsatzkräfte oder Darsteller beteiligt. Obwohl es weder ein echter Massenanfall an Verletzten noch ein echter Brand war, kamen wie bei einem wahren Notfall auch Drehleiter und Atemschutzgeräte zum Einsatz.
Nach einer kurzen Einweisung vor Ort drangen ersten Trupps in das Gebäude vor, um sich um die Menschenrettung zu kümmern, während der simulierte Brand im Obergeschoss von innen und außen in Angriff genommen wurde. Die Verletzten wurden – je nach Zustand – zu Fuß oder auf einer Trage aus dem Gebäude gebracht.
Verletzte wurden mit Karten in verschiedenen Farben eingeteilt
Draußen übernahmen Notärzte und Rettungsdienst-Mitarbeiter. „Hier werden die Verwundeten der sogenannten Triage unterzogen“, erklärte Fehrmann: „Die Rettungskräfte verteilen dann grüne Hinweiskarten für Leichtverletzte, gelbe für Mittelschwer- und rote für Schwerverletzte. Weiße Karten gibt es für Betroffene, die keine körperlichen Wunden davongetragen haben.“ Im Ernstfall wird anhand dieser ersten Sichtungen eingeteilt, wer an welcher Stelle Hilfe am dringendsten benötigt.
Auch für Tobias Kirschner, den Hausleiter der Bildungsstätte Steinbachtalsperre, stellte der Übungseinsatz ein ganz besonderes Ereignis dar. „Man hofft natürlich, niemals wirklich in so eine Situation zu geraten. Einen solchen Einsatz mit all seinen Schwierigkeiten zu üben, kann aber nur gut sein.“ Schon zum zweiten Mal habe er das Gelände daher für eine Katastrophenschutzübung des Kreises zur Verfügung gestellt, sei aber dennoch vom Ablauf erneut fasziniert: „Man macht sich normalerweise gar keine Vorstellungen davon, wie aufwendig ein solcher Einsatz ist. Auch die Dauer, bis auch wirklich die letzte Person aus dem Gebäude gerettet ist, erschreckt mich ein wenig, ist aber sicher im Ernstfall nicht anders zu bewältigen.“
Einsatzkräfte konnten sich nur auf allen Vieren fortbewegen
Durch den dichten Rauch in den Fluren, der am Samstag durch Nebelmaschinen simuliert wurde, konnten sich die Einsatzkräfte nur auf allen Vieren fortbewegen und auf ihre Sicherungen achten, um den Rückweg zum Ausgang finden zu können. „Das alles führt einem vor Augen, wie furchtbar ein solcher Katastrophenfall ist. Ich möchte jedenfalls nie ängstliche Kinder an den Fenstern stehen sehen, die um Hilfe rufen müssen, weil sie ihre Zimmer nicht mehr verlassen können“, sagte Kirschner: „Umso glücklicher bin ich, dass solche Übungen helfen können, so eine Situation schnell zu einem guten Ende zu bringen.“
Obwohl noch nicht alle Handgriffe perfekt saßen, zeigte sich Martin Fehrmann mit dem Ablauf zufrieden. Vom Arbeiten der Einsatzkräfte bis zu der Koordinierung im Einsatzleitwagen habe man wertvolle Erfahrungen sammeln können. „Wichtig in einem solchen Krisenfall ist auch, dass man sein Gegenüber, mit dem man im Einsatz ist, kennt. Man muss sich aufeinander verlassen können. Dafür ist ein solcher Tag enorm wichtig.“
Da es eine gewisse Zeit benötige, Systeme und Abläufe zu etablieren, gebe es auch nach derartigen Übungen immer ein paar Stellschrauben, an denen man noch drehen könne. Wichtig war Fehrmann zu betonen, dass es sich bei fast allen Beteiligten um ehrenamtliche Kräfte handelt, denen man zweimal im Jahr einen geeigneten Rahmen bieten wolle, „sich auf einen solchen, hoffentlich niemals eintreffenden Notfall vorzubereiten“.