Grüne Klassenzimmer statt grauem Asphalt: Ein Umdenken bei der Gestaltung der Schulhöfe ist in vollem Gang, doch es gibt auch Grenzen.
Wohlfühlort oder Problemzone?Schulhöfe im Kreis Euskirchen müssen neu gedacht werden
Dunkel, fad und grau – viele Schulhöfe im Kreis Euskirchen kommen eher trist daher. Doch es hat längst ein Umdenken stattgefunden. Nicht umsonst wünschen sich die Berufsschüler in Kall im Zuge des Wiederaufbaus des Berufskollegs Eifel ein grünes Klassenzimmer. In Kall haben Lehrer, Schüler und Betriebe gemeinsam am Konzept Schule 2030 gearbeitet – in verschiedenen Workshops auf Vogelsang.
Und was steht bei Schülerinnen und Schülern ganz oben auf der Wunschliste, wenn sie sich eine Schule konzipieren dürfen? „Ein grünes Klassenzimmer“, sagt Schulleiter Holger Mohr. Der Wunsch nach einem Lernort an der frischen Luft, direkt auf dem Schulgelände, sei in den Workshops immer wieder genannt worden. Aber auch Aufenthaltsgelegenheiten in der Schule würden von der Schülerschaft gewünscht.
Eva Balduin, Leiterin der Gesamtschule Eifel mit ihren Standorten in Blankenheim und Nettersheim, berichtet: „Wir hatten teilweise Probleme, unsere Schüler für Pausen im Freien begeistern zu können.“ Das sei vor allem eine Folge der Corona-Pandemie gewesen, aber auch die recht triste Gestaltung des Schulhofes habe dazu beigetragen.
DIN-Normen, Baurecht und Parkplätze verhindern die grüne Revolution auf den Schulhöfen
Doch es ist gar nicht so einfach, einen bunten und grünen Schulhof zu bekommen. Nicht selten wird das zarte Pflänzchen – und wenn es nur ein Löwenzahn ist, der sich aus dem Asphalt quält – durch DIN-Normen plattgetreten. Bis 1981 forderte eine solche Norm bundesweit befestigte Flächen auf dem Schulhof, worauf fleißig asphaltiert und gepflastert wurde.
Doch die Pflaster werden mittlerweile an vielen Stellen aufgebrochen: Stichwort Entsiegelung. Die wiederum ist nicht überall möglich. Beispielsweise an der Grundschule in Gemünd. „Der Schulhof wird auch als Parkplatz für die Fußballer genutzt“, erklärt Marcel Wolter, Beigeordneter der Stadt Schleiden.
In Blankenheim steht auf dem unteren Schulhof – in unmittelbarer Nähe zum offenen Klassenzimmer – der Hydrant fürs Löschwasser der Feuerwehr. „Natürlich ist ein bunter Schulhof mit vielen Spielgeräten schön und wünschenswert, aber alles muss nach Baurecht abgesichert sein“, erklärt Kreisbrandmeister Peter Jonas. Daher könne nicht einfach jeder der Schulhöfe umgestaltet werden. So müssten beispielsweise Stellflächen für Feuerwehrfahrzeuge vorgehalten werden. Auch die seien im Baurecht verankert.
Spielgeräte sollen Bewegungsmangel bei Kindern vorbeugen
Am Gymnasium am Turmhof (GAT) in Mechernich dominiert zwar das Grau, dennoch habe die Schülerschaft in Rücksprache mit den Lehrern einiges verändert, berichtet Schulleiter Micha Kreitz. So seien einige Paletten-Möbel gezimmert worden, um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen. Am GAT findet man sogar auf dem unteren Schulhof in Richtung Oktagon einige Fitnessgeräte. „Die werden aber kaum genutzt“, erklärt Lehrer Andreas Maikranz. Eine Art grünes Klassenzimmer ist am GAT in Arbeit.
Claudia Arens ist Lehrerin an der Gesamtschule in Weilerswist. Die Keldenicherin ist kein großer Fan vom grünen Klassenzimmern. Die Ablenkung sei für die Schüler zu groß. „Da reicht doch ein piepender Vogel“, sagt sie schmunzelnd.
Auffällig ist an den Schulen im Kreis Euskirchen, dass an den Grundschulen deutlich mehr Spielgeräte vorhanden sind – aber es könnten noch mehr sein. „Bewegungsmangel bei Kindern und Jugendlichen ist heutzutage ein ernstes Problem“, erklärt eine Grundschullehrerin.
Tablets und Elterntaxis fördern Bewegungsmangel bei Kindern und Jugendlichen
Einen Großteil ihrer Zeit verbringen die Schülerinnen und Schüler der Pädagogin zufolge mehr denn je sitzend in Klassenräumen. Doch auch außerschulische Veränderungen wie die Digitalisierung verschlimmern die Problematik.
Smartphone, Tablet und Computer fesseln Kinder und stehlen dadurch die Zeit für aktives Spielen. Abgesehen davon sei das Laufen von langen Strecken mittlerweile ein Relikt aus der Vergangenheit. „Stattdessen sind Bus, Zug und Mama oder Papa als Chauffeur die Norm. Folglich sind Schulkinder schwerer und unkoordinierter als noch ihre Eltern im selben Alter“, sagt die Sportlehrerin.
Ihrer Meinung nach müsse die Schulhofgestaltung Anstoß zur Bewegung geben. „Dabei geht es nicht nur um einen Ausgleich zum Sitzen, sondern um die Vermittlung eines aktiven Lebensstils, idealerweise über den Schulalltag hinaus“, sagt sie. Mit einer kreativen, einladenden Gestaltung und sinnvoll geplanten Spielanlagen solle bei Kindern die Lust auf Bewegung geweckt werden, sodass sie auch außerhalb der Schule mit Freude Bewegung suchen. Zudem werde die kognitive Entwicklung der Kinder gefördert.
Im Kreis gibt es auch Musterbeispiele für gelungene Schulhofgestaltung
Eine Art Musterbeispiel für einen guten und schönen Schulhof gibt es an der Grundschule in Kommern. Genauer gesagt sind es sogar drei. Auf einem – dem sogenannten oberen Schulhof – steht ein Klettergerät, das sich mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden hervortut. „Der gesamte Schulhof ist eine riesige Einladung zur Bewegung“, sagt Lehrerin Elena Wagener.
Rund um die Schulhofgestaltung erhält die Schulleitung um Tanja Feuser regelmäßig Unterstützung, sowohl vom Förderverein als auch vom Vereinskartell. Aktuell verschönert das Dorf laut Wagener die Schulhöfe, indem mit Farben Impulse und Spielideen für die Schüler aufgemalt werden. Zudem gibt es an der Grundschule einen kleinen Fußball-Court. Der sei so beliebt, dass es für alle Klassen einen Plan gebe, wer wann dort spielen dürfe.
Gleiches berichtet Brigitte Wilhelms von der katholischen Grundschule in Gemünd. Dort sei ebenfalls das DFB-Minispielfeld bei der Schülerschaft sehr beliebt. An der Marienschule in Euskirchen ist vor wenigen Wochen ein großer Naturgarten eröffnet worden – Lern- und Aufenthaltsort gleichermaßen. Am anderen Euskirchener Gymnasium sieht Schulleiter Dr. Michael Szczekalla Handlungsbedarf bei der Schulhofgestaltung. Der sei aktuell einer „der alten Schule“.
„Coole“ Schulhöfe
Durch den Schul- und den Naturcampus ist das Zülpicher Schulzentrum nicht nur nahezu komplett umgestaltet, sondern auch erheblich ökologisch aufgewertet worden. Einzig die Schulhöfe der Gemeinschaftshauptschule sowie der Chlodwig-Grundschule sind mit den akquirierten Fördermitteln bis dato noch nicht klimawandelangepasst umgebaut worden. Doch auch für diese Bereiche gibt es nach Angaben der Stadt Fördermittel.
Im Rahmen des NRW-Klimaschutzprogramms „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Klimawandelvorsorge in Kommunen“ sind sogenannte „coole“ Schulhöfe entstanden, die zur Abmilderung des Klimawandels beitragen sollen.
Mehr als 728.000 Euro will die Stadt nach eigenen Angaben investieren. Die Planungen sehen auf dem Pausenhof der Chlodwigschule die Entsiegelung einer rund 1208 Quadratmeter großen Asphaltfläche vor. Der bislang kaum beschattete und begrünte Schulhof soll zwei neu grüne Bereiche erhalten. Im zentralen Schulhofbereich ist ein „grünes Klassenzimmer“ als attraktiver Lern- und Verweilort vorgesehen. Die Asphaltfläche soll durch einen wassergebundenen Belag ersetzt werden.
Rund 1132 Quadratmeter Asphaltfläche sollen auf dem Schulhof der Gemeinschaftshauptschule entsiegelt werden. Die Vorplanungen sehen in der Mitte des Areals einen markanten, ovalen Lern- und Verweilort mit Naturstein-Sitzstufen und bepflanzten Baumbeeten vor. Auch dort wird die Asphaltfläche durch einen wassergebundenen Belag ersetzt. Die Naturstein-Sitzstufen sollen so angeordnet werden, dass eine Nutzung als Theater- oder Präsentationsfläche möglich ist. Zudem sind in den Randbereichen Pflanzflächen für Gräser, Stauden, Hecken und Bäume vorgesehen.