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WärmeplanungKommunen im Kreis Euskirchen auf der Suche nach der Energie der Zukunft

Lesezeit 5 Minuten
Geschäftsführer Markus Böhm und Mitarbeiterin Miriam Stork vom Euskirchener Energieversorger e-regio vor einer Ansicht des digitalen Zwillings zur Erstellung der Kommunalen Wärmeplanung für die Stadt Mechernich.

Experten des Euskirchener Energieversorgungsunternehmens e-regio, hier Geschäftsführer Markus Böhm und Miriam Stork aus dem „Team Wärmewende“, unterstützen bereits einige Kommunen aus dem Kreis Euskirchen bei der Aufstellung einer kommunalen Wärmeplanung.

Der Kuchenheimer Energieversorger e-regio hat in Mechernich und Euskirchen mit der Arbeit an der kommunalen Wärmeplanung begonnen.

Die angestrebte Wärmewende hat bereits im vergangenen Jahr zu hitzigen Diskussionen unter vielen Hausbesitzern geführt – erst recht, als das Schlagwort vom „Heizungsverbot“ öffentlichkeitswirksam die Runde machte. Doch wenn Deutschland das gesteckte Ziel der Dekarbonisierung, also die Abkehr von den fossilen Energieträgern, erreichen will, ist der Wärmesektor ein wichtiger Bereich, denn die Wärmeversorgung macht in Deutschland mehr als 50 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs aus und verursacht damit einen Großteil des CO₂-Ausstoßes.

„Der Umbau unseres gesamten Energiesystems ist keine Aufgabe, die man von heute auf morgen erledigt“, sagt dann auch Markus Böhm, Geschäftsführer des Euskirchener Energieversorgungsunternehmen e-regio. Um bei der Abkehr von der fossilen Energie einen geordneten Übergang bis zum Jahr 2045 zu ermöglichen, sei eine strategische Planung unverzichtbar, so Böhm weiter, zumal man das Energiesystem als Ganzes denke: Wärme, Erneuerbare, Mobilität und Netze.

Strategische Planung ist auch für Euskirchener e-regio wichtig

Diese strategische Planung ist indessen auch für die e-regio wichtig, denn in absehbarer Zeit werden die Gasleitungen des Unternehmens nicht mehr für die Verteilung von Erdgas benötigt werden. „Die Netzinfrastruktur wird sich ändern, das steht fest“, bestätigt Böhm. Möglicherweise wird dann ein Teil des heutigen Erdgasverteilnetzes für den Transport von Wasserstoff oder „grünen“ Gasen genutzt.

Das Foto zeigt die Zündvorrichtung einer sich in Betrieb befindlichen Gastherme.

Fossile Energieträger, wie zum Beispiel das Erdgas in dieser Therme, sollen im Zuge der Dekarbonisierung bis 2045 auslaufen.

Das Gebäudeenergiegesetz verpflichtet zunächst jedoch die Kommunen zur Aufstellung einer Wärmeplanung – und inzwischen sind auch die Städte und Gemeinden aus dem Kreis Euskirchen auf diesem Sektor aktiv geworden. „Für die Bürger hat das den Vorteil, dass sie nicht sofort selbst aktiv werden müssen, sondern sich mit ihren Maßnahmen an der Wärmeplanung der Kommune orientieren können“, verdeutlicht Böhm.

Die e-regio unterstützt aktuell bereits die beiden einwohnerstärksten Gebietskörperschaften im Kreis, die Städte Euskirchen und Mechernich, bei ihrer regionalen Planung. Und nach erfolgter Ausschreibung wird die e-regio auch in Zülpich und Hellenthal die kommunale Wärmeplanung begleiten. „In den übrigen Kommunen des Kreises, unter anderem in den Südkreis-Kommunen Blankenheim, Kall und Nettersheim, laufen die Ausschreibungen noch“, so Böhm.

Expertenteam kümmert sich um Wärmeplanung in Euskirchen und Mechernich

Um die Städte und Gemeinden bei der Wärmewende bestmöglich zu unterstützen, hat e-regio ein Expertenteam aufgebaut, das gemeinsam mit den Projektgruppen der kommunalen Verwaltungen schrittweise vorgeht. „Zunächst ermitteln wir für das gesamte Stadt- oder Gemeindegebiet, wie hoch die bisherigen Wärmebedarfe durch Haushalte, Industrie und Gewerbe sind und welche Energieträger aktuell eingesetzt werden“, erklärt Dr. Luis-Martin Krämer, Projektleiter bei e-regio, das Vorgehen.

„Die Qualität der Daten ist ein ganz zentraler Punkt des Verfahrens: Je mehr Daten einfließen, desto genauer werden die Szenarien“, ergänzt Miriam Stork, die bei der e-regio ebenfalls zum „Team Wärmewende“ gehört. Öffentlich verfügbare Daten, etwa aus dem Wärmekataster NRW, Infrastrukturdaten, Zensusdaten zum Alter von Gebäuden und nicht zuletzt Daten zu Gasverbräuchen und Gasnetzen der e-regio werden dazu herangezogen.

Digitaler Zwilling zur Erstellung der Kommunalen Wärmeplanung für die Stadt Mechernich. Der Screenshot zeigt die Quadranten mit der Fläche 100x100 m und zeigt den aktuellen Wärmebedarf für die Areale.

Der aktuelle Wärmebedarf kann im „Digitalen Zwilling“ in Quadranten mit der Fläche von 100 mal 100 Metern angezeigt werden.

Anschließend werde analysiert, wo Einsparungen möglich seien oder neue Wärmequellen etwa in Form von erneuerbaren Energien oder industrieller Abwärme erschlossen werden könnten. „Alle Informationen fließen dann in eine zertifizierte Software, den sogenannten digitalen Zwilling, der für die einzelnen Stadtgebiete die aktuellen Energieverbräuche und auch die CO2-Emissionen sichtbar macht“, so Projektleiter Krämer weiter.

Welcher Energieträger eignet sich für welches Areal?

In der Folge könne man Zukunftsszenarien ohne fossile Energieträger simulieren. Aus den Erkenntnissen werde dann der Wärmeplan erstellt und im nächsten Schritt auch konkrete Maßnahmen abgeleitet.

Ziel sei es, so Markus Böhm, herauszufinden, welcher Energieträger sich am besten für ein bestimmtes Areal eignet – sei es ein Stadtquartier, eine Neubausiedlung oder auch nur ein Weiler in der Nähe einer Biogasanlage. Bei der Wärmeplanung prüfe das Team technologieoffen verschiedene Optionen wie Wärmepumpen, hybride Systeme mit Solarthermie, Geothermie, grüne Gase wie Biogas oder mit erneuerbarer Energie produzierter Wasserstoff oder Wärmenetze.

„Unsere energiewirtschaftlichen Experten haben das ganze Energiesystem von der Quelle über den Transport bis hin zur Verteilung im Blick. Durch die intelligente Verknüpfung können wir technisch und vor allem auch wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen für die Wärmewende erarbeiten“, so der e-regio-Geschäftsführer weiter.

Planungssicherheit für die Kommunen

Und welchen Mehrwert bietet das für die jeweilige Kommune? „Die Wärmeplanung gibt Impulse für investive Maßnahmen. Auf diese Weise kann lokale Wertschöpfung entstehen und die Wettbewerbsfähigkeit von lokalen Unternehmen steigen“, sagt Projektleiter Krämer. Zudem könnten bei der Umsetzung Synergien entstehen, etwa bei der Koordinierung von Tiefbauarbeiten. Weitere Stichpunkte seien die Versorgungssicherheit und größere Importunabhängigkeit.

„Die kommunale Wärmeplanung ist ein wichtiger Schritt für eine zukunftsgerichtete Stadtentwicklung. Ich bin froh, dass wir mit e-regio einen leistungsstarken Partner haben. Damit schaffen wir frühzeitig Planungssicherheit für Menschen und Unternehmen“, sagt Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt. Bis zum Ende des Jahres soll der erste Wärmeplan in den Kommunen vorliegen.


Ziel: Viele Akteure in das Projekt einbinden

Das Wärmeplanungsgesetz ist gemeinsam mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes am 1.1.2024 in Kraft getreten. Es schafft eine wesentliche Grundlage für eine klimafreundliche Wärmeversorgung in Deutschland. Hieraus entsteht auch für die Kommunen im Kreis Euskirchen die Verpflichtung, einen kommunalen Wärmeplan aufzustellen.

Die Kosten der Wärmeplanung können zu 100 Prozent vom Bund gefördert werden – den Städten Euskirchen und Mechernich ist dies bereits gelungen. „Das haben bei weitem nicht alle Kommunen geschafft. Viele müssen diese Aufgabe dann auch noch finanziell stemmen“, weiß e-regio-Projektleiter Dr. Luis-Martin Krämer.

Der ganze Prozess soll dabei nicht im stillen Kämmerlein von Gemeinde- und Stadtverwaltungen sowie der e-regio entstehen. „Es ist sinnvoll, verschiedene Akteure in der Stadt mit einzubinden“, raten die e-regio-Mitarbeiter. Dazu könne die Politik zählen, die Verwaltung sowieso, diverse Großverbraucher im Stadtgebiet, Immobilienbestandshalter oder die Landwirtschaft.

Für die Öffentlichkeit soll gleichzeitig eine Online-Informations- und Kommunikationsplattform geschaffen werden. „Broschüren und Infomaterialien sowie Newsletter und Social-Media-Posts könnten ebenfalls hilfreich sein, um über das Thema Energiewende zu informieren“, heißt es in einer entsprechenden Mitteilung der Stadt Mechernich.

Um aktuelle Veränderungen und technische Weiterentwicklungen auf dem Energiesektor zu berücksichtigen, soll die kommunale Wärmeplanung im Abstand von etwa fünf Jahren aktualisiert und angepasst werden. (thw)