Die Stadt Mechernich muss weitere Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete schaffen. Dafür wird jetzt ein ehemaliges Restaurant umgebaut.
Neue NotunterkunftPlatz für 30 Geflüchtete in Mechernicher China-Restaurant
Im Treppenhaus hängt noch ein Kalender aus dem Jahr 2002. Das passt zur Einschätzung einer Anwohnerin, die sagt, dass das Restaurant „bestimmt schon vor 20 Jahren zugemacht hat“. Aus dem ehemaligen „China-Palast“ im ersten Stockwerk des Geschäftsgebäudes gegenüber der Volksbank an der Straße Zum Markt soll jetzt nach Plänen der Stadt Mechernich eine Notunterkunft für Geflüchtete werden.
„Ab Februar können wir hier bis zu 30 Personen unterbringen“, erklärt Fachbereichsleiterin Kati Jakob während eines Besuchs auf der Baustelle. Eine Gemeinschaftsküche wird es dort für die künftigen Bewohner geben, Doppelstockbetten und einen Spind für jeden, aber keine Trennwände, weil das der Brandschutz nicht erlaubt. „Das ist eine Notunterkunft“, betont Jakob.
Sollten die Zahlen der Geflüchteten, die der Stadt Mechernich zur Unterbringung zugewiesen werden, wieder fallen, würde diese Sammelunterkunft als erste wieder aufgegeben.
In Mechernich leben aktuell knapp 650 Geflüchtete
Doch danach sieht es momentan nicht aus. Momentan leben 647 geflüchtete Menschen, darunter 195 privat untergebrachte Ukrainerinnen und Ukrainer, im Gebiet der Stadt Mechernich. Weitere 154 Geflüchtete muss die Stadt laut Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) künftig noch aufnehmen – es gibt derzeit jedoch nur 64 freie Plätze, die 30 neuen im ehemaligen China-Restaurant sind da noch nicht mitgerechnet.
Daher werden weitere Unterkünfte händeringend gesucht, wie Kati Jakob berichtet. „Insbesondere wenn uns Familien zugewiesen werden, ist es nicht immer einfach, geeignete Wohnungen zu finden“, so Jakob weiter. In der neuen Notunterkunft im ehemaligen China-Restaurant sollen nur alleinstehende Männer untergebracht werden.
Für Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick steht derweil fest: „Wir unternehmen alle Anstrengungen, um die Belegungen von Turnhallen und Dorfgemeinschaftshäusern zu vermeiden.“ Er lobt die gute Arbeit, die teamübergreifend vom Sozialbereich bis hin zum Gebäudemanagement der Mechernicher Stadtverwaltung geleistet werde. Allerdings weiß auch das Mechernicher Stadtoberhaupt, dass die Lage absolut angespannt ist. „Es braucht Lösungen auf höherer Ebene. Aktuell werden wir Kommunen mal wieder alleine gelassen“, richtet Schick einen eindringlichen Appell an Kreis, Land und Bund.
Die Zuweisung der Geflüchteten erfolge letztlich durch die Bezirksregierung Arnsberg und richte sich nach einem Verteilschlüssel, der alle Städte und Gemeinden gleichsam berücksichtige. „NRW nimmt nach dem Königsteiner Schlüssel rund 21,1 Prozent der Geflüchteten auf“, weiß Fachbereichsleiterin Kati Jakob. Der Anteil, den ein Bundesland tragen muss, richte sich nach dem Steueraufkommen und der Bevölkerungszahl.
Streetworker des DRK soll sich künftig um die Geflüchteten kümmern
Die zuständigen Mitarbeiter vor Ort versuchen derweil mit aller Macht, die Unterbringung der ankommenden Asylbewerber sicherzustellen und auch die Betreuung zu gewährleisten. „Wir starten jetzt ein Projekt mit einem Streetworker des DRK“, informiert Jakob. Kevin Löhr, der bereits Erfahrungen in Zentralen Unterbringungseinrichtungen im Kreis Euskirchen gesammelt hat, soll die im Mechernicher Stadtgebiet verteilten Unterkünfte besuchen und vor Ort Hilfestellungen anbieten.
Dadurch sollen der Integrationsbeauftragte Alexander Neubauer und Nadja Abel vom Team des Caritasverbands für die Region Eifel unterstützt werden. Neben der Sozialarbeit sei es der Stadt auch wichtig, das Thema Sicherheit zu gewährleisten. „Wir werden auf jeden Fall einen Sicherheitsdienst einsetzen – auch in der neuen Unterkunft in der Innenstadt“, betont Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick. Damit habe man bislang sehr gute Erfahrungen gemacht in den diversen Einrichtungen für Geflüchtete, die die Stadt betreibt.
Diese befinden sich mit dem ehemaligen Casino an der Friedrich-Wilhelm-Straße, mit Wohncontainern in der Peterheide und am Dietrich-Bonhoeffer-Haus, mit Häusern in der Bahn- und der Bergstraße sowie künftig mit der Unterkunft im ehemaligen China-Restaurant zu einem großen Teil in der Mechernicher Innenstadt.
Unterkünfte für Geflüchtete zumeist in der Mechernicher Innenstadt
Lediglich die Unterkunft im Haus Alverno unweit des Freilichtmuseums liegt in Kommern. Doch das habe gute Gründe, wie Fachbereichsleiterin Jakob erklärt: „Die Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr ist essenziell wichtig.“ Denn viele Anstrengungen richteten sich darauf, die Geflüchteten über Sprach- und Integrationskurse dafür zu qualifizieren, Arbeit zu finden. Caritas-Mitarbeiterin Nadja Abel sei speziell dafür im Einsatz und kümmere sich sehr engmaschig darum, dieses Ziel mit jedem Einzelnen zu erreichen.
Derweil geht der Flüchtlingszuwachs in Mechernich unvermindert weiter. Die letzten Zuweisungen sind laut Jakob insbesondere alleinstehende Männer. Sie kommen aus Afghanistan, Syrien, aus dem Irak und dem Libanon, aus Guinea, Kamerun, Somalia, von der Elfenbeinküste oder auch aus der Türkei. Das erklärte Ziel der Stadtverwaltung sei es, die vom Land zugewiesenen Flüchtlinge „so gut es eben geht unterzubringen“, schreibt die Stadt in einer Mitteilung.
Innenstadtkonzept: Gebäude sollte schon abgerissen werden
Das seit rund zwei Jahrzehnten leerstehende China-Restaurant gegenüber der Mechernicher Volksbank-Filiale gehört zu einem Gebäudekomplex, der im Rahmen des Integrierten Handlungskonzepts für die Innenstadt eigentlich schon abgerissen werden sollte. „Die Nutzung als Unterkunft für Geflüchtete stellt daher auch nur eine Zwischenlösung dar“, betont der Beigeordnete der Stadt Mechernich, Thomas Hambach.
Aufgrund der aktuellen Entwicklung bei Baupreisen und Zinsen habe bislang noch kein Investor gefunden werden können, so Hambach weiter: „Wir haben schon viele Gespräche geführt, aber noch ist dabei nichts Konkretes herausgekommen.“ Die Nutzung als Notunterkunft stehe einer Investorensuche aber auch nicht im Wege. „Sollten wir im Laufe des Jahres jemanden finden, der die Pläne umsetzen will, finden wir eine andere Lösung für die Unterbringung der Geflüchteten“, betont Hambach.
Im Rahmen des Konzepts ist ein Neubau an der Stelle des heutigen Takko-Gebäudes geplant, auf dessen Rückseite das ehemalige China-Restaurant liegt. Das Gebäude hat die Stadt bereits 2019 gekauft. Der schmucklose Bau, der in den 1980er-Jahren errichtet wurde, soll einem dreigeschossigen Wohn- und Geschäftshaus samt Tiefgarage weichen.