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TechnologieDarum geht der Kreis Euskirchen beim Wasserstoff aktuell leer aus

Lesezeit 4 Minuten
Das Bild zeigt einen Blick ins Arloffer Hammerwerk mit einem glühenden Stahlkörper.

Gerade in energieintensiven Brachen könnten die Unternehmen, etwa das Hammerwerk in Arloff, von der Wasserstoff-Technologie profitieren.

Der Bund plant eine Wasserstoff-Pipeline von Bonn nach Aachen. Der Kreis Euskirchen profitiert aktuell davon aber nicht.

H2 – eine Kombination aus Buchstabe und Zahl, die in der Wirtschaft richtungsweisend werden könnte. Entsprechend hat der Bund in Berlin eine Wasserstoffstrategie entwickelt, die ein bundesweites Kernnetz für den Energielieferanten vorsieht. Das Problem: Im ersten Entwurf zu diesem Kernnetz, das bis 2032 entstehen soll, spielt der Kreis Euskirchen keine Rolle.

Wie ist die Ausgangslage für den Kreis Euskirchen?

Die Vereinigung der Fernleitungsbetreiber Gas (FNB), ein eingetragener Verein mit Sitz in Berlin, hat im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums und unter Mitwirkung der Bundesnetzagentur eine Planung vorgelegt. Bis 2032 soll demnach ein Netz entwickelt werden, das die derzeit bekannten großen Verbrauchs- und Erzeugungsregionen für Wasserstoff erreicht.

In dem Netz ist unter anderem eine neue Ferngastrasse für Wasserstoff zwischen Bonn und dem Süden von Aachen vorgesehen – jedoch ohne Einspeisungen für die Kreise Euskirchen, Düren und Heinsberg.

Muss das Wasserstoffnetz neu aufgebaut werden?

Nein. Das Grundgerüst bilden Erdgas-Fernleitungen, die auf den Transport von Wasserstoff umgestellt werden müssen. Hinzu kommen neue Leitungen, etwa die von Bonn nach Aachen. Das deutsche Netz soll in ein europäisches eingebunden werden. Warum wird der Kreis Euskirchen ausgespart „Laut FNB gibt es einen Branchenfokus im Bereich Raffinerien, Glas-, Stahl- und Chemie-Industrie“, erklärt Maximilian Metzemacher, Wasserstoffbeauftragter des Kreises Euskirchen.

Die aktuelle Planung habe die bisher bekannten Verbrauchs- und Erzeugungsregionen berücksichtigt. Eine der großen Erdgasleitungen, die Trans-Europa-Naturgas-Pipeline, die quer durch den Kreis verläuft, soll Metzemacher zufolge nach aktuellen Planungsstand nicht bis 2032 umgerüstet werden. Einer der Gründe dafür sei der weiterhin bestehende Erdgasbedarf. Die Pipeline sei die bedeutendste Nord-Süd-Achse im Verbundsystem.

Gibt es die Möglichkeit, auf den Verlauf einzuwirken?

Als Mitglied des Hydrogen Hub Aachen hat der Kreis Euskirchen nach eigenen Angaben eine gemeinsame Stellungnahme zum ersten Planungsverfahren fristgerecht eingereicht und auf die Problematik verwiesen. „Damit die Planung der Wasserstoff-Infrastruktur dem Bedarf gerecht wird, sind alle Unternehmen, die die Nutzung von grünem Wasserstoff ernsthaft in Erwägung ziehen, aufgerufen, ihren potenziellen Bedarf zu melden“, sagt Metzemacher.

Dies könne entweder direkt über den FNB geschehen oder über die Wirtschaftsförderung des Kreises Euskirchen und die IHK Aachen. Eine erste Abschätzung des möglichen Bedarfs sei ausreichend, mit der Meldung sei keine Abnahmeverpflichtung verbunden.

Was sagt die e-regio zu den Möglichkeiten?

Das Kuchenheimer Unternehmen ist Betreiber von Erdgasverteilnetzen im Kreis Euskirchen. Um auch künftig die Versorgungssicherheit und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes sicherzustellen, treibe man die nachhaltige Transformation des Energiesystems technologieoffen voran, heißt es seitens des Unternehmens. Dazu gehören auch die Prüfung und Vorbereitung des Erdgasverteilnetzes zur Versorgung mit Wasserstoff und wasserstoffhaltigen Gasgemischen sowie eine Anbindung zum übergeordneten Transportnetz für Wasserstoff.

Was sagt der Kreis Euskirchener Landrat Markus Ramers?

„Grüner Wasserstoff ist der Energieträger der Zukunft. Davon werden auch ländliche Regionen wie der Kreis Euskirchen profitieren. Voraussetzung ist allerdings, dass unsere Wirtschaft einen direkten Zugang zu sauberer Energie hat – entweder durch die Anbindung ans überregionale Wasserstoffnetz oder über kurze Wege durch dezentrale Erzeugung vor Ort und ein regionales Netz. Wir dürfen hier nicht abgehängt werden“, so Ramers.

Was sagt die Kreispolitik zu dem Thema?

Auch Peter Rauw von der FDP nutzte im Wirtschaftsausschusses des Kreises die Formulierung „nicht abhängen lassen“. Die Liberalen hatten das Thema mit einer Anfrage auf die Tagesordnung gebracht. Rauw zeigte sich ein wenig verwundert darüber, dass der Kreis in der Trassenplanung nicht berücksichtigt ist, obwohl mit der Prime Site Rhine Region nach wie vor 205 Hektar nur darauf warten, mit einem exklusiven Großvorhaben bespielt zu werden. Auch für ein solches Unternehmen sei der Wasserstoff sicherlich interessant.

Günter Weber von der CDU ergänzte: „Ich glaube, dass alle Parteien dieses Thema unterstützen, weil wir wissen, wie wichtig es ist. Deshalb müssen wir am Ball bleiben.“

Welche Unternehmen kommen im Kreis Euskirchen infrage?

Viele. Vor allem energieintensive Unternehmen, beispielsweise Peter Greven, Schoeller, Pfeifer & Langen, das Hammerwerk in Arloff oder Smurfit Kappa. Für das Unternehmen Peter Greven aus Iversheim ist der Wasserstoff nach eigenen Angaben eine Option, um sich nachhaltiger aufzustellen. Bis 2030 wolle man den CO2-Ausstoß bereits deutlich reduzieren. Deshalb habe man eine Nachhaltigkeitsmanagerin eingestellt, so Geschäftsführer Peter Greven.

Gibt es Vorreiter beim Wasserstoff im Kreis?

Ja. Unter anderem die RVK. 63 Millionen Euro will das Unternehmen nach Angaben von Geschäftsführer Dr. Marcel Frank in die ehemalige Liegenschaft der Bundeswehr an der Peterheide in Mechernich investieren. Bis 2026 sollen dort das Kompetenzzentrum Nahverkehr, eine Fahrsicherheitsfläche sowie ein Aus- und Weiterbildungszentrum entstehen – und damit mindestens 20 neue Arbeitsplätze.

Vor allem investiert das Unternehmen aber in Wasserstoff. In Mechernich will die RVK in drei Jahren eine öffentliche Tankstelle eröffnen und den Wasserstoff dort aus grünem Strom selbst produzieren. Sämtliche neuen Busse sollen im Kreis entsprechend für Wasserstoff geeignet sein.