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„Jeder kann einen Halbmarathon laufen“Experte gibt Tipps zum richtigen Training

Lesezeit 7 Minuten
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1993 bekam Andreas Butz von seiner Frau eine Waage geschenkt. Danach habe er mit dem Laufen angefangen, so der 55-Jährige. Mittlerweile hat er schon 150 Marathons absolviert.

  1. Weil die Fitnessstudios zu haben, steigen viele Sportler aufs Laufen um. Andere fangen in Zeiten des Lockdowns neu mit dem Laufen an.
  2. Doch worauf kommt es vor allem zu Beginn an? Wie trainiere ich richtig, welche Schuhe brauche ich und wie ernähre ich mich am besten vor dem Laufen?
  3. Lauftrainer Andreas Butz aus Euskirchen gibt Tipps.

Euskirchen – Seit 20 Jahren bringt Andreas Butz mit seinem „Laufcampus“ Menschen und Unternehmen zum Laufen. Mit Sarah Herpertz hat er über die Sportart gesprochen.

Welchen Fehler sollten Laufanfänger unbedingt vermeiden?

Andreas Butz: Zu viel in zu kurzer Zeit zu wollen. Besser sind Regelmäßigkeit und Unterforderung. Das heißt: Lieber dreimal in der Woche kurz und locker laufen als zweimal zu lang und zu anstrengend. Wenn man nach Hause kommt und das Gefühl hat, man hätte weiterlaufen können, ist das gut. Wer dreimal die Woche läuft, kann tatsächlich etwas verbessern, die Wunschfigur bekommen und sich auch auf einen Halbmarathon vorbereiten.

Was raten Sie denjenigen, die nicht nur die Ausdauer trainieren, sondern auch die Muskulatur definieren möchten?

Meine Idee wäre, zuerst mit dem einen anzufangen, da reinzukommen und später das nächste Training anzufangen. Laufen ist das Natürlichste, das wir an Sport machen können und was schnell Erfolge bringt. Wer dann eine gewisse Fitness hat, kann an die Athletik ran, indem er zum Beispiel Ausfallschritte oder Liegestütze ins Laufen einbaut. Das ist besser, als zwischen dem Lauftraining noch ins Fitnessstudio zu rennen. Zu viele Herausforderungen gleichzeitig führen in der Regel zu einer Überforderung. Die Ernährung umzustellen, Muskeln aufzubauen und mal einen Marathon zu laufen – ein Klassiker an Neujahrsvorsätzen, der gleichzeitig begonnen zum Scheitern führen muss.

Wie sieht es mit Laufschuhen aus? Worauf sollte man beim Kauf achten und lohnt es sich, viel Geld auszugeben?

In der Regel sind günstige Schuhe durchaus gut. Teure Schuhe sind in der Regel die, in denen eine Menge Technik steckt, die den Laufstil korrigiert und meistens nicht nötig ist. Das Wichtigste ist, dass der Schuh zum eigenen Laufstil passt. Die meisten laufen über die Ferse, dann braucht man eben einen Schuh, der hinten dämpft. Auch wenn das nicht unbedingt der beste Laufstil ist. Wer über den Vor- oder Mittelfuß läuft, was deutlich besser ist, kann sich die Dämpfung sparen und zum flacheren Schuh greifen. Wer noch keine Laufschuhe hat, kann erstmal in den alten Hallenschuhen starten, bis er raushat, wie er läuft. Im besten Fall nimmt er sich einen Experten dazu, der ihm von Anfang an zeigt, wie man richtig läuft. Sich zum Beispiel als Ziel zu setzen, die Laufschuhe und die Ausrüstung erst zu kaufen, wenn man mal vier Wochen durchgehalten hat, kann auch ein Ansporn sein.

Was halten Sie denjenigen entgegen, die behaupten, sie seien einfach „kein Ausdauertyp“?

Ich habe schon öfters auf Veranstaltungen gehört: „Wenn ich deine Figur hätte, würde ich auch laufen.“ Aber das eine kommt doch von dem anderen. Jeder Mensch ist der geborene Läufer – egal wer. Und jeder Mensch hat die Chance, 20 Kilometer am Stück laufen zu können. Das liegt in unserer Natur. Wie wir geformt sind, ist meistens nur ein Ergebnis unseres Lebensstils. Und Bewegung gehört zum Lebensstil dazu. Das heißt jeder kann durch richtiges Training Halbmarathonläufer werden, auch wenn viele das nicht glauben. Auch Berufstätige können es schaffen, indem sie zum Beispiel zweimal wöchentlich nur 40 Minuten laufen und am Wochenende einmal länger, idealerweise über 90 Minuten. Das ist ein Trainingsumfang, der in viele Leben reinpasst.

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Kann auch jeder Marathonläufer werden?

Da gehört vieles dazu. Das ist eine Sache der Geduld und auch eine Frage des Körperumbaus. Früher war ich übergewichtig. Meine Frau hat mir dann eine Waage geschenkt und ich habe mit dem Laufen angefangen. Inzwischen bin ich 150 Marathons gelaufen. Man kann das also schaffen. Durch das richtige Training kann das Herzkreislaufsystem in einem halben Jahr marathonfit werden. Die Muskulatur, die Bänder und die Knochen brauchen aber länger für die Anpassung, mindestens ein bis zwei Jahre, um das zu schaffen. Es kommt auch darauf an, wie alt man ist und wie lange man vorher keinen Sport gemacht hat. Wer 50 Jahre alt wird und vorher 20 Jahre nichts getan hat, braucht eben länger als ein Dreißigjähriger, der fünf Jahre mit Sport ausgesetzt hat. Nicht ein Jahr sondern eben zwei. Je älter ich bin und je länger die Distanz, desto größer der Aufwand und das Verletzungsrisiko.

Nach wie vielen Wochen Training kann man die ersten Erfolge spüren?

Laufen ist ideal, um Erfolge zu sammeln. Anzufangen ist der erste Erfolg. Wie oft redet man darüber, dass man mal anfangen müsste? Jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Vier Wochen lang, dreimal die Woche durchzuhalten, ist schon ein zweiter, sehr großer Erfolg. Auch mit Gehpausen. Wer diese Grenze erreicht hat, hält auch länger durch. Wer dann im dritten Schritt 40 Minuten am Stück schafft zu laufen, gilt in der Läuferszene als Läufer. Dabei kommt es nicht auf das Tempo an, sondern auf die Minuten, die man durchhält. Ab 90 Minuten wird der Halbmarathon realistisch und das Training besonders effektiv.

Trainingsplan: So gelingt der Einstieg

Dreimal die Woche 40 Minuten abwechselnd laufen und gehen lautet die Idee für alle, die ins Lauftraining einsteigen wollen. Die Gehpausen sind wichtig, um sich nicht zu überfordern. Ein Trainingsplan für Anfänger und Wiedereinsteiger könnte laut Laufexperte Andreas Butz so aussehen:

1. Woche: Pro 40-Minuten-Training abwechselnd 3 Minuten laufen und 2 Minuten gehen

2. Woche: Abwechselnd 5 Minuten laufen, 2 Minuten gehen

3. Woche: Abwechselnd 8 Minuten laufen, 2 Minuten gehen

4. Woche: Abwechselnd 12 Minuten laufen, 2 Minuten gehen

5. Woche: 20 Minuten laufen, 2 Minuten gehen, Rest laufen

6. Woche: 30 Minuten laufen, 2 Minuten gehen, Rest laufen

7. Woche: 40 Minuten Laufen (smh)

www.laufcampus.com

Wie bereitet man sich am besten auf einen längeren Lauf vor?

Besonders vorbereiten muss man sich nur vor Trainings oder Wettkämpfen, die anstrengend sind. Bei denen der Läufer seine Routine herausfordert. Wenn ich zum Beispiel auf derselben Strecke fünf Minuten gut machen oder auf einmal fünf Kilometer länger laufen will. Dann lohnt es sich zu überlegen, ob ich genug getrunken habe und meine letzte Mahlzeit drei Stunden vor dem Start hatte, damit der Körper nichts mehr verdauen muss. Oder ob ich überhaupt vorher was gegessen habe. Vorher essen muss man nicht unbedingt, wenn man sich nicht herausfordert. Etwas Wasser beim Laufen mitzunehmen, ist kein Fehler. Aber bei normalen Temperaturen auch nicht unbedingt nötig. Das hängt von der Fitness ab. Ein Fehler ist es allerdings, zum Laufen ein Sportgetränk mitzunehmen. Da sind Kohlenhydrate drin, die die Fettverbrennung behindern, die dafür sorgt, dass wir schlanker werden und Energie haben, länger zu laufen.

Sportgetränke sind also ein No-Go. Gibt es etwas, das ich vor dem Laufen nicht essen sollte?

Man sollte vermeiden, schwer verdauliche Sachen und zu viel zu essen. Weil alles, was wir aufnehmen, muss der Körper auch verdauen. Maßvoll essen und gut kauen lautet die Devise. Keine zwei Spiegeleier mit Speck oder Käse auf dem Brötchen. Je achtsamer, bewusster, gesünder und weniger wir essen, desto besser die Vorbereitung auf einen Wettkampf. Ich esse vor einem Marathon zum Beispiel einen kleinen Obstsalat mit Nüssen und Haferflocken. Aber auch das hilft niemandem, der sich nicht langfristig gut ernährt. Der Erfolg bei einem Wettkampf hängt aber auch nicht vom Frühstück ab, sondern vom Training der letzten Monate.

Welche Strecken in der Region empfehlen Sie Läufern?

Ich habe die Eifelschleifen zum Laufen entdeckt. Es gibt hier in der Region 94 ausgewiesene Eifelschleifen und 18 Eifelspuren. Die Rundwege der Eifelschleifen fangen bei vier bis fünf Kilometern an und die längste ist 22 Kilometer lang. Ich bin davon jetzt etwa die Hälfte gelaufen und die sind wirklich super ausgeschildert. Auf der Webseite vom Nordeifel-Tourismus kann man auch sehen, ob die hoch gehen oder flach sind und wie breit die Wege sind. Wenn wir jetzt an Euskirchen denken, kann ich auf jeden Fall den Billiger Wald empfehlen. Der ist so schön zu laufen. Da kann man zwischendurch das Siebengebirge sehen, den Kölner Dom und die Burg Satzvey.