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Sportwartin im Interview„Froh, dass die Motoren endlich wieder dröhnen“

Lesezeit 4 Minuten

Die Strempterin Miriam Kumar hatte sich das erste NLS-Rennen des Jahres auch anders vorgestellt. Wegen Schneefalls musste der Lauf kurzfristig abgesagt werden – Flaggen werden nun wohl erst am 17. April wieder geschwenkt.

  1. Miriam Kumar ist seit drei Jahren Sportwartin am Nürburgring. Mit der motorsportbegeisterten Strempterin sprach Tom Steinicke über die neue Rennsaison.

Wie groß war die Vorfreude auf die Saison der Nürburgring Langstrecken-Serie?Miriam Kumar: Sehr groß. Das Adrenalin war bei jedem von uns definitiv vorhanden. Wir sind sehr froh, dass die Motoren endlich wieder dröhnen – oder besser könnten, wenn das Wetter denn mitgespielt hätte. Wir waren vorbereitet und ich stand mit meinem Kollegen am Caracciola-Karussell. Das ist ein ganz besonderer Streckenabschnitt, doch dann zeigte sich der Nürburgring leider von seiner schlechteren Seite. Schnee Ende März ist nicht ungewöhnlich, an einem Rennsamstag aber unnötig.

Sie sind Sportwartin. Wie wird man das?

Voraussetzung für die Lizenzierung ist die Teilnahme an einem Lehrgang, der nach den Richtlinien des DMSB durchgeführt wird. Die Ausbildung beinhaltet: Aufbau und Organisation der Streckensicherung, Erste Hilfe und Feuerlöschtechnik, Streckenbeobachtung und Schwerpunkt Signalgebung, Rettungs- und Bergemaßnahmen bei Rennunfällen. Am Ende gibt es eine Prüfung und dann bekommt man auch die Lizenz. Die gilt drei Jahre. Danach muss man einen Auffrischungslehrgang machen, der unter anderem Änderungen und Anpassungen im Sportgesetz beinhaltet.

Welche Voraussetzungen muss man mitbringen, wenn man Sportwart werden möchte?

Man sollte stressresistent sein und sich nicht aus der Ruhe bringen lassen, wenn es hektisch wird. Und bei einem Unfall kann es durchaus hektisch werden. Der Job ist mental anstrengend. Grundsätzlich muss man 18 Jahre alt sein. Es gibt Ausnahmen, aber bei der NLS beispielsweise muss man 18 sein. Zudem muss man Selbstdisziplin mitbringen – allein schon, weil die Tage lang sind und die Nordschleife einem selbst als Sportwart alles abverlangt.

Wie meinen Sie das?

Es kann schon mal vorkommen, dass man während des Rennens alle vier Jahreszeiten erlebt. (lacht) Ich habe schon bei Schnee, aber auch bei 30 Grad im Schatten geflaggt.

Sind Sie für Ihren Bereich allein zuständig?

Nein, wir sind immer zu zweit. Grundsätzlich ist einer fürs Flaggen, der andere für den Funk verantwortlich.

Wie sieht es kleidungstechnisch aus? Müssen Sie einen Overall tragen?

Nein, das nicht, aber die Haut muss immer bedeckt sein. Im Sommer ist also kein T-Shirt angesagt. Festes Schuhwerk ist genauso Voraussetzung wie eine Warnweste. Die meisten tragen aber eher sogar eine Warnjacke.

Was macht die Nordschleife aus?

Dass jedes Rennen anders ist – auch als Sportwart. Es ist die schönste und spannendste Rennstrecke der Welt. Und wenn man die Rennen in so einem tollen Team erlebt, dann macht es sie zu etwas Besonderem. Das mag ein wenig kitschig klingen, aber das Team ist wie eine Familie für mich – auch, weil wir mit Michael Beer einen „Papa Beer“ als Abschnittsleiter haben.

Was waren Ihre bisherigen Höhepunkte als Sportwartin?

Die Formel 1 im vergangenen Herbst war etwas Besonderes. Aber das 24-Stunden-Rennen begeistert mich tatsächlich noch etwas mehr. Das ganze Drumherum, die Fans, das Flair – das ist einfach das schönste Autorennen der Welt.

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Bei wie vielen Rennen waren Sie dabei?

Das weiß ich nicht genau. Ich würde sagen, dass es etwa 15 waren. Von der Formel 1 über die DTM bis hin zu Oldtimer- und Motorrad-Rennen. Das ist alles sehr vielseitig und unterschiedlich. Während wir beim Autorennen beispielsweise grundsätzlich nicht über die Leitplanke dürfen, müssen wir beim Motorradrennen sofort drüber und dem Fahrer helfen. Beim Autorennen machen wir das nur, wenn es brennt.

Gibt es eine Aufwandsentschädigung?

Ja. Wir erhalten pro Rennen eine Aufwandsentschädigung. Die variiert, ist aber auch mehr ein Taschengeld. Doch das ist, glaube ich, für niemanden ein Argument. Wir machen das alles aus purer Leidenschaft, zumal man den Betrag eh nicht auf einen Stundensatz runterbrechen sollte. (lacht)

Warum nicht?

Weil allein die NLS-Rennen vier Stunden, eins sogar sechs Stunden, dauern. Unser Tag beginnt um 6.30 Uhr und endet etwa zwölf Stunden später. Wir machen das, weil wir so ein tolles Team sind und einfach Bock auf Motorsport haben.

Sie sind schon um 6. 30 Uhr am Nürburgring?

Ja. Das Zeittraining beginnt um 8.30 Uhr. Auch dafür werden wir benötigt. Vorher müssen wir noch zu unserem Streckenabschnitt fahren, eine Funkprobe steht an – genau wie eine Besprechung. Unser Abschnittsleiter tut wirklich alles dafür, dass beispielsweise ein technischer Defekt im Vorfeld des Rennens ausgeschlossen werden kann.

Woher kommt Ihre Leidenschaft zum Nürburgring und zu Autorennen?

Ich bin mit zwei Brüdern aufgewachsen. Da war nicht viel mit Barbies. Mich haben schon immer schnelle und laute Autos fasziniert. Irgendwann wurde der Nürburgring meine zweite Heimat.

Es gibt nicht nur Sportwarte, sondern auch Pusher. Was ist das?

Die Pusher gibt es nur an der Grand-Prix-Strecke. Ich stehe dann an einem Traktor, der von einem Kollegen gesteuert wird, und passe beispielsweise auf, dass der Rennwagen, der am Traktor hängt, nicht zu sehr hin- und herschwangt.