Wilfried Sievernich, den viele Bad Münstereifeler als Postzusteller kennen, wünscht sich einen kleinen Bus, um seine schwerstbehinderte Tochter fahren zu können.
Vater braucht HilfeKleinbus für schwerstbehinderte Frau aus Mechernich-Weyer gesucht
Ein bisschen wie eine vorweihnachtliche Herbergssuche erscheint Wilfried Sievernich der Weg, den er schon hinter sich gebracht hat. Doch sein Klinkenputzen und seine Schreiben waren bislang nicht von Erfolg gekrönt. Der 57-Jährige benötigt ein Auto. Eines, das über einen speziellen Umbau verfügt, damit er damit seine schwerbehinderte Tochter Julia fahren kann. Sein alter Bus musste verschrottet werden. Und in seinem Auto, einem 22 Jahren alten Audi, kann Sievernich seine Tochter nicht mitnehmen.
Julia Sievernich ist 27 Jahre alt und leidet an Tetraparese, Tetraplegie sowie Muskeldystrophie, einer unheilbaren Erbkrankheit. Sie benötigt 24 Stunden am Tag Betreuung und Hilfe. „Eigentlich hätte Julia nur eine Lebenserwartung von zwei Jahren gehabt. Sie ist aber eine Kämpfernatur, geistig fit“, beschreibt Sievernich seine Tochter. Acht Jahre habe sie eine Schule für körperbehinderte Menschen besucht. „Julia kann rechnen und klopft die Ergebnisse in die Hand“, so der Vater weiter. Jedoch habe die junge Frau zu wenig Luft, um Töne zu erzeugen und sei zu schwach, um die Gebärdensprache zu erlernen.
Tochter benötigt rund um die Uhr Betreuung
Daheim in Weyer erzählt Sievernich draußen vor der Tür von seiner Tochter. Hier kann er mal tief durchatmen – und eine Zigarette rauchen. „Diese Glimmstängel brauche ich mitunter, um mich zu erden“, gesteht er lachend. Eine eherne Regel gibt es allerdings: Drinnen wird nicht geraucht, um Julia nicht zu belasten. Er berichtet von ihrer Zeichensprache: „Wir haben uns so mit der Zeit eine eigene Sprache und damit Verständigung beigebracht. Mitunter sind es bestimmte Ausdrücke der Augen und kleinere Bewegungen.“
Diese Form der Kommunikation beherrschen auch die Mitarbeiterinnen vom Intensivpflegedienst Lanzerath aus Wald. Das Team kümmert sich im Schichtdienst um die Betreuung Julias. Es kennt auch ihr Repertoire an Musik , Geschichten und Filmen – und selbstverständlich das Plüsch-Bärchen, das immer bei der 27-Jährigen ist. Auch wissen sie alle, dass sie Stille gar nicht leiden kann: Julia mag es, wenn man mit ihr redet. „Sie lässt sich gerne Geschichten erzählen. Besonders die mit viel Fantasie“, sagt ihr Vater.
Julia ist seit ihrer Geburt der ganze Stolz von Vater Wilfried Sievernich, der aus Eschweiler stammt und durch seine jahrzehntelange Tätigkeit als Zusteller in Bad Münstereifel bestens bekannt ist. Doch schon kurz nach der Geburt ist den Eltern eröffnet worden, dass Julia unheilbar krank ist. Sie leidet an einer seltenen Form der Muskeldystrophie. Wie ihr Vater berichtet, gibt es weltweit lediglich rund 1000 Fälle. „Sie ist aber eine Kämpfernatur, meine Jule. 16 Monate nach der Geburt war sie noch voll beatmet“, berichtet Sievernich. Als Kind habe sie einen Herzstillstand erlitten, der glücklicherweise keine gravierenden Auswirkungen hatte.
Julia soll nicht ins Heim
Gelitten habe sie auch unter der Trennung ihrer Eltern vor einigen Jahren. Wilfried Sievernich hadert nicht mit seinem Schicksal und dem seiner Tochter. Für ihn ist Jule, wie er sie gerne nennt, ein ganz normaler Mensch. Ein Mensch, der auch mal zickig sein kann. Ein Mensch, der mehr Unterstützung braucht als ein gesundes Kind. Ein Mensch, der etwas ganz Besonderes ist: „Glücksgefühle kommen hoch an jedem neuen Tag, wenn ich von der Arbeit komme.“ Wilfried Sievernich hat seiner Tochter ein Versprechen gegeben: dass sie nicht ins Heim kommt. Dafür tut er alles, was in seiner Macht steht: „Ich investiere gerne und so gut es geht sehr viel Geld in meine Julia.“
Von 2001 bis 2014 hatte er einen Mercedes-Van, der in Eigenleistung umgebaut worden war und mit dem er seine Tochter fahren konnte. An Ausflüge in den Kölner Zoo erinnert Sievernich sich gerne: Die habe seine Tochter heiß und innig geliebt. Doch den Van gibt’s nicht mehr: Zum einen hat er die Hauptuntersuchung nicht mehr bestanden, zum anderen war er zu klein geworden, um Julia sicher fahren zu können. Sievernich erklärt, dass sie aus Sicherheitsgründen liegend gefahren werden muss, damit sie beispielsweise bei heftigem Bremsen in dieser Ruheposition bestmöglich geschützt ist. Ein neuer Bus ist daher nun der größte Wunsch von Wilfried Sievernich. Wobei: Neu muss er gar nicht unbedingt sein – nur fahrbereit. Und er muss über die notwendigen Umbauten verfügen, damit er seine Tochter sicher befördern kann, um ihr ein wenig Abwechslung bieten zu können.
Stark eingeschränkter Aktionsradius
Derzeit beschränkt sich der Bewegungsradius auf den Nahbereich um das Haus in Weyer, das Dorf und den angrenzenden Wald. Doch Tochter und Vater wünschen sich mehr Aufenthalte und Anreize außerhalb des Pflegebettes. Den Zoo würde er so gerne nochmal mit ihr besuchen. Das Schwimmbad, Verwandte, ein Konzert oder ein Fest – damit Julia unter Menschen sein kann. Als psychisch und physisch förderlich beschreibt Sievernich derartiges in seinem Schreiben an den Landschaftsverband Rheinland, in dem er Mittel für ein solches Auto beantragt.
Sievernichs Ansinnen unterstützten auch die Ärzte einer Bad Münstereifeler Praxis, die die junge Frau betreuen. Nicht nur, dass die junge Frau dadurch flexibler zu Untersuchungen oder Anwendungen gebracht werden könnte. Auch ließen sich die hohen Kosten durch die Krankentransporte reduzieren, heißt es in einem Schreiben der Praxis. Auf eine Antwort vom Landschaftsverband wartet Sievernich noch. Denkbar ist auch, dass mithilfe des Pflegedienstes eine Spendenaktion gestartet wird.