Dr. Erol Saygili will als Chefarzt die Kardiologie und Rhythmologie im Kreiskrankenhaus Mechernich ausbauen und junge Ärzte ausbilden.
Neuer ChefarztDr. Erol Saygili ist der oberste „Herz-Elektriker“ im Krankenhaus Mechernich
„Irgendwann möchte ich eine eigene Klinik leiten und ein Zentrum für Rhythmuspatienten aufbauen.“ Diesen Wunsch entwickelte Dr. Erol Saygili bereits vor einigen Jahren. Nun ist es soweit: Seit Jahresbeginn ist er Chefarzt der Klinik für Kardiologie und Rhythmologie im Kreiskrankenhaus Mechernich.
Und auch Klinik-Geschäftsführer Martin Milde wirkt sehr zufrieden, wenn er Saygili vorstellt: Vor einem Jahr habe die Suche nach einem Nachfolger für Dr. Peter Wirtz, der Ende 2023 in den Ruhestand gegangenen ist, begonnen: „Viele echt gute Bewerbungen sind eingegangen. Und wir haben den aus unserer Sicht Besten ausgewählt.“ Durch Saygili, Experte im Bereich Elektrophysiologie, soll dieses Spezialgebiet, das sich der Analyse und Behandlung von Herzrhythmusstörungen widmet, in Mechernich ausgebaut werden.
Kardiologen in Mechernich behandeln rund 2500 Patienten jährlich
Mit 40 Betten und rund 2500 Patienten im Jahr, mit acht Assistenz- und vier Oberärzten ist die Kardiologie ohnehin eine enorm wichtige Abteilung für das Kreiskrankenhaus. In den vergangenen 20 Jahren ist die Abteilung kontinuierlich und mit erheblichen Investitionen ausgebaut worden. Seit Sommer 2022 etwa ist der 1,8 Millionen Euro teure Anbau mit einem zweiten Linksherzkatheter-Messplatz in Betrieb.
Das bisherige Labor, das das Krankenhaus seit gut 20 Jahren in Kooperation mit der Praxis für Innere Medizin in Euskirchen nutzt, war an seine Kapazitätsgrenze gelangt. Ohnehin sei die Auslastung der Abteilung, so Milde, wahrlich kein Problem. Es komme viel mehr auf eine präzise Patientensteuerung an: Wer wird ambulant behandelt? Wie schnell können die stationären Patienten entlassen werden?
Der neue Chefarzt bringt auch neue Hightech-Verfahren mit
Hightech und Spezialisierungen spielen hier eine wichtige Rolle – ob bei der Implantation von Defibrillatoren und Herzschrittmachern oder anderen Behandlungsmethoden der verschiedensten Herzerkrankungen. Auch wenn Saygili sich mit feinem Lächeln als „Herz-Elektriker“ bezeichnet, sind Schraubenzieher und Lüsterklemme nicht in seinem Werkzeugkasten zu finden. Mit seinen Werkzeugen arbeitet er minimalinvasiv, sie sind hochkomplex – und nicht gerade günstig. Die Erneuerung der Geräte des älteren der beiden Linksherzkatheter-Messplätze beispielsweise hat laut Milde im vergangenen Jahr etwa eine halbe Million Euro gekostet.
Seine Abteilung widmet sich, so Saygili, Volkskrankheiten: „An Vorhofflimmern sind etwa zwei Millionen Deutsche erkrankt. Und es lässt sich gut behandeln.“ Als Hauptrisiko für Herzkrankheiten generell bezeichnet er noch vor Faktoren wie Diabetes oder Bluthochdruck das Alter: Etwa zehn Prozent der Über-75-Jährigen seien betroffen. Mit Blick auf die demografische Entwicklung sei klar, dass die Zahl der Patienten und damit auch der Bedarf in Sachen Behandlung steigen werde.
Die Arbeit in der Kardiologie will Saygili weiterentwickeln und Neues etablieren. Mit dem neuen Chefarzt ist auch gleich neue Technik in Mechernich eingezogen. Das Farapulse-System etwa gelte als die weltweit neuste Technik, die nicht mal in der Uniklinik Bonn vorhanden sei, wie Saygili berichtet. Mit einem 3D-System etwa wird eine hochauflösende Landkarte des gesamten Herzinneren erstellt.
Technik und Ausbildung dienen auch der Standortsicherung
Im Bereich der elektrophysiologischen Diagnostik können so auch komplexe Rhythmusstörungen präzise lokalisiert werden. Wenn das verantwortliche Areal gefunden ist, wird es verödet. Dazu werden Narben erzeugt – bislang in erster Linie mit Hitze oder Kälte, mit dem neuen Farapulse-System, das Saygili als schnell und schonend bezeichnet, auch durch hochenergetische Pulse.
Durch die Angebote gerade in der Rhythmologie will Saygili Mechernich auch für überregionale Patienten attraktiv machen. In der Notfallversorgung, beispielsweise bei Herzinfarkten, und bei anderen akuten Erkrankungen ist Mechernich in erster Linie Anlaufstelle für die Patienten aus der Region – lange Fahrtzeiten zu einer Klinik wären da fatal. Doch im Bereich der planbaren Behandlungen haben die Patienten die freie Wahl – das ermögliche eben die überregionale Wahrnehmung.
Auch die Ausbildung liegt dem neuen Chefarzt am Herzen. Kurzfristig will Saygili die entsprechende Zertifizierung beantragen, dass er junge Kollegen in der Elektrophysiologie ausbilden kann. Genau das ist auch Milde enorm wichtig: „Wir können noch so viele tolle Geräte haben. Aber damit gewinnen wir keinen Blumenpott, wenn wir uns nicht gut um die Leute kümmern.“ Als Klinik attraktiv für Ärzte und Pfleger zu sein, sei in Zeiten des Fachkräfte- und Personalmangels wichtiger denn je – und wirke sich positiv auf die Region aus.
Zur Person
Dr. Erol Saygili ist 43 Jahre alt, verheiratet, hat zwei sechs und neun Jahre alte Kinder. Geboren wurde er in Istanbul. Sein Vater ist seit den 1970ern als Gastarbeiter in Deutschland, 1985 folgte die Familie. Aufgewachsen und zur Schule gegangen ist Saygili in Köln, wo er von 2000 bis 2006 auch studiert hat.
Er erhielt ein Stipendium für hochbegabte Medizinstudenten, seine Promotion wurde 2006 mit der höchsten Auszeichnung „Summa cum laude“ bewertet.
Sein Weg als wissenschaftlicher Mitarbeiter führte Saygili zunächst zur RWTH Aachen, dann zur Uniklinik Düsseldorf, wo er 2014 habilitierte und die Lehrbefähigung erwarb. Sein Interesse an der Herzmuskelphysiologie und der Erforschung der elektrischen Eigenschaften der Herzmuskelzellen wurde früh geweckt. Die Forschung hat sich auch privat ausgewirkt: Seine Frau, von Beruf Biologisch-Technische Assistentin, hat er im Labor kennengelernt.
Bevor er Anfang des Jahres nach Mechernich wechselte, leitete Saygili knapp fünf Jahre die Elektrophysiologie am St.-Antonius-Krankenhaus in Köln.