GesamtschuleSchulleiterin hinterlässt in Mechernich ein gut bestelltes Feld
Mechernich – Dagmar Wertenbruchs Weg in den Lehrerberuf verlief nicht ganz so gradlinig, wie sie sich das vielleicht selbst zu Beginn ihres Studiums in Bonn (Deutsch und Textilgestaltung) vorgestellt hatte: Als sie 1986 ihr Staatsexamen mit Bestnote ablegte, blieb ihr wegen der damaligen „Lehrerschwemme“ zunächst nur der Gang in die Arbeitslosigkeit.
Berufswunsch stand schon früh fest
„Dabei hatte ich schon vor Eintritt ins Gymnasium als Berufswunsch Deutschlehrerin angegeben“, erinnert sich Wertenbruch an den Tag ihrer Anmeldung im Bad Münstereifeler St.-Angela-Gymnasium.
Ganz pragmatisch orientierte sich die gebürtige Iversheimerin also Mitte der 1980er Jahre um: Im Rahmen des damals aufgelegten Programms „Lehrer in die Wirtschaft“ absolvierte sie nach ihrer Referendarzeit ein betriebswirtschaftliches Fernstudium und arbeitete neun Jahre in einer Euskirchener Firma für Elektrotechnik als Assistentin der Geschäftsleitung. Sie heiratete, bekam zwei Kinder – verlor ihren Wunschberuf aber nie aus den Augen. 1995 wurde sie dann endlich Lehrerin an der Kaplan-Kellermann-Realschule in Euskirchen.
Seit 2001 in Mechernich tätig
Der Wechsel nach Mechernich erfolgte im Jahr 2001, wo sie als stellvertretende Leiterin der Realschule im Feytal auch maßgeblich am Aufbau der neuen Schule beteiligt war.„Damals habe ich gesagt, dass ich einen so anstrengenden Job nicht noch einmal machen wollte“, sagt Wertenbruch und lacht – genau diese Aufgabe sollte sie in ihrer beruflichen Laufbahn gleich noch zweimal übernehmen.
Zunächst wurde sie 2013 Leiterin der neuen Sekundarschule Mechernich-Kall, nachdem sie bereits im Vorfeld der Neugründung federführend am pädagogischen Konzept für die Schule mitgearbeitet hatte. „Das war eine spannende Phase, denn diese Schulform gab es zu diesem Zeitpunkt erst ein Jahr“, blickt Wertenbruch zurück: „Gleichzeitig wurden damals aber auch schon zahlreiche Gesamtschulen in NRW neu gegründet.“
Auch in Mechernich entschied man sich schon bald für den Wechsel zur Gesamtschule. „Es stellte sich nach dem Start der Sekundarschule in der praktischen Arbeit schnell heraus, das es wenig Sinn macht, Klassenverbände zu schaffen, die nur zwei Jahre Bestand haben“, schildert die Schulleiterin die Nachteile der Sekundarschule. Dort sollte zu Beginn der Klasse sieben eine Aufteilung in einen Hauptschul- und einen Realschulzweig erfolgen.
Vom Konzept der Gesamtschule überzeugt
„Die Entwicklung der Kinder ist in diesem Alter aber noch längst nicht abgeschlossen, und deshalb ist die Gesamtschule in dieser Hinsicht die beste Schulform“, bringt Wertenbruch ihre Überzeugung zum Ausdruck.
Wie geht es weiter?
Verabschiedung
Dagmar Wertenbruch wird an diesem Freitag, 21. Oktober, von der Schulgemeinschaft feierlich in den Ruhestand verabschiedet. Am 31. Oktober scheidet die 63-Jährige dann offiziell aus dem Schuldienst aus.
Reisepläne
„In meinem Ruhestand freue ich mich besonders darauf, einmal außerhalb der Ferienzeiten verreisen zu können“, so die in Wachendorf lebende Pädagogin. Neben dem Traumziel Kalifornien gebe es aber auch in Deutschland für sie noch viel zu entdecken.
Nachfolge
Die Nachfolge als Leiterin der Gesamtschule wird Anne Wloszkiewicz antreten, verrät Wertenbruch. Wloszkiewicz ist derzeit bereits Didaktische Leiterin der Schule. (thw)
Blickt man auf die Entwicklung der Mechernicher Gesamtschule, die im Schuljahr 2015/16 ihren Betrieb aufnahm, war die damals in der Politik nicht ganz unumstrittene Entscheidung für diese Schulform goldrichtig: Mit aktuell rund 1030 Schülerinnen und Schülern, die von einem rund 90-köpfigen Kollegium unterrichtet werden, ist die Schule innerhalb weniger Jahre auf eine beachtliche Größe angewachsen.
Gymnasium als Auslaufmodell?
Ist das in Sichtweite zum Gebäude der Gesamtschule stehende Mechernicher Gymnasium also ein Auslaufmodell? „Nein, auf gar keinen Fall. Die Stadt Mechernich ist groß genug für beide Schulen“, betont die Pädagogin, die aber keinen Hehl daraus macht, dass sie sich gerade im Bereich der gymnasialen Oberstufe eine engere Zusammenarbeit mit der benachbarten Schule vorstellen kann.
„Das System Gesamtschule wird in einem hohen Maße der Individualität der Schüler gerecht“, betont Wertenbruch: „Außerdem hat sich gezeigt, dass diese Schulform durch das gemeinsame Lernen von Kindern unterschiedlicher Leistungsklassen die Schülerinnen und Schüler auch unabhängig von ihrer familiären Herkunft am besten fördert.“
Die Gesamtschule sei „die Schule des Behaltens“, so Wertenbruch weiter: „In die Klassen sechs bis neun gehen die Schülerinnen und Schüler jeweils ohne Versetzung über, und das schafft gerade in diesem Alter enorme Freiheiten für die Entwicklung der Kinder.“
Krisen gemeinsam gemeistert
Ach ja – da war doch noch was: Flüchtlingskrise, Corona-Pandemie, Flutkatastrophe. „Wir haben alle Krisen der vergangenen Jahre gut überstanden“, zieht die scheidende Schulleiterin ein positives Fazit. Die Etablierung des digitalen Unterrichts, das Zurückkommen nach den Schließungen der Corona-Zeit: „Das war alles sehr schwierig“, betont Wertenbruch. Aber durch die engagierte Arbeit des jungen Kollegiums und die Unterstützung „des tollen Schulträgers, der Stadt Mechernich“ sei es am Ende gelungen, die Herausforderungen in einer Gemeinschaftsanstrengung zu meistern.
„Und umso schöner war es, dass wir in diesem Jahr in einer großen Feier den Abschluss unseres ersten Abitur-Jahrgangs an der Schule feiern konnten“, freut sich die Schulleiterin. Und fügt stolz hinzu: „Rund ein Drittel der 46 Abiturientinnen und Abiturienten hatte beim Abschlusszeugnis eine Eins vor dem Komma.“
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Ihrer Nachfolgerin hinterlässt Wertenbruch also ein gut bestelltes Feld. „Wir sind räumlich und was die technische Ausstattung anbelangt sehr gut für die Zukunft gerüstet“, sagt die scheidende Schulleiterin, in deren Büro noch einige gerahmte Urkunden darauf warten, dass der Hausmeister ein passendes Plätzchen zum Aufhängen findet.
Erst im September wurde die Gesamtschule Mechernich als „Digitale Schule“ ausgezeichnet. „Damit sind wir eine der wenigen Schulen in Nordrhein-Westfalen, die gleichzeitig die Titel Digitale Schule und MINT-freundliche Schule tragen“, berichtet Wertenbruch.