Mechernichs Ortsbürgermeister Günther Schulz initiierte erneut einen Rollatortag. Cornelia Brodeßer gab den Teilnehmern wichtige Tipps.
Rollatortag in MechernichAuf die richtige Handhabung der rollenden Gehhilfe kommt es an
Mittlerweile sind sie kaum noch aus dem Alltag wegzudenken: Rollatoren. Richtig eingesetzt, sind sie für Menschen mit einer Gehbehinderung ein Segen. Doch sie haben auch das Potenzial, bei falscher Handhabung Probleme oder gar Unfälle zu produzieren. Um dem entgegenzuwirken, fand in Mechernich der „Rollatoren-Tag“ statt. Fünf Stunden lang gab Cornelia Brodeßer von der Verkehrswacht Tipps und Tricks, wie Hindernisse im Alltag mit den Gehhilfen bewältigt und Gefahren vermieden werden können.
Es gibt so einiges, was falsch und noch viel mehr, was richtig gemacht werden kann. Das fängt schon mit der Höheneinstellung der Griffe ein. Ist die nicht richtig, führt das oft zu einer falschen Haltung. Wenn die Griffe zu hoch eingestellt sind, werden die Schultern hochgezogen. Weil das unbequem und anstrengend sei, gehen die Menschen dann oft hinter ihrem Rollator her. „Die richtige Position ist zwischen den Rädern“, erklärte Brodeßer. Deshalb sollten die Griffe so eingestellt werden, dass sie auf Höhe der Handgelenke seien, wenn der Benutzer danebenstehe.
Das Wichtigste am Rollator ist die Bremse – nur wo ist die?
„Die Bremse ist das A und O an einem Rollator“, stellte sie klar. Viele Besucher ihrer Kurse, so Brodeßer, wissen aber gar nicht, wo diese sich befindet. Denen müsse erst einmal ihr Rollator erklärt werden. Die Bremse könne auch benutzt werden, um das Gefährt in einem kleinen Kreis zu wenden. Wie das geht? Ganz einfach: Linke Bremse ziehen und weiterschieben: Der Rollator fährt nach links. Rechte Bremse ziehen, dann fährt er nach rechts.
„Ich habe bei Terminen mit der Verkehrswacht immer wieder festgestellt, dass die Menschen sagen, sie haben einen Rollator, kämen damit aber nicht zurecht“, so Brodeßer. Deshalb habe sie vor 14 Jahren angefangen, diese Kurse durchzuführen. Seit fünf Jahren werden auch weitere Trainer ausgebildet. „Früher wurden wir belächelt, jetzt werden wir überrannt“, so Brodeßer.
Trainerin rät zum Kauf des Rollators im Sanitätsfachhandel
Oft erhalte sie das Feedback, dass es nach dem Kurs leichter gehe mit dem Hilfsmittel. Ähnliches war auch in Mechernich schon nach der ersten Übung zu hören.
Wichtig sei es, die Rollatoren im Sanitätsfachhandel zu besorgen, da nur dort Service und Beratung sichergestellt seien und dort auch Reparaturen durchgeführt werden können – im Gegensatz zu Modellen aus dem Internet oder vom Discounter. „Wir haben da nicht die richtigen Ersatzteile“, sagte Michael Sander vom Sanitätshaus Dr. Wehner in Mechernich. Mit einem Kollegen war er zum Rollatortag gekommen und musste auch direkt eingreifen. Der Bremszug eines Rollators stand so weit von dem Gefährt ab, dass die Gefahr bestand, er könne an Ecken oder Kanten hängenbleiben. Sander wählte hier die pragmatische Lösung und führte den Zug durch die Taschenhalterung.
Mechernicher Fahrradtag für die Kinder, Rollatortag für die Senioren
Organisiert hatte den Termin, der nach der Premiere vor einem Jahr bereits zum zweiten Mal stattfand, Ortsbürgermeister Günther Schulz. Nachdem er bereits den Fahrradtag erfolgreich in Mechernich etabliert hat, ist dies seine zweite Initiative für die Verkehrssicherheit. „Der Fahrradtag ist für die Kinder, das jetzt für die Senioren. Die sind nämlich auch Verkehrsteilnehmer“, betonte er.
Doch da sie zuweilen nicht wissen, wie der Rollator richtig eingesetzt werde, seien sie oft unsicher unterwegs. Zehn Teilnehmer habe der Kurs beim letzten Mal gehabt, diesmal waren es schon zu Beginn des Tages zwölf. „Und nächstes Jahr bieten wir hier den Rollatorführerschein an“, kündigte er an.
Der Kurs sei kostenlos, betonte er. Die verschiedenen Organisationen, die sich beteiligen – unter anderem war auch das DRK mit von der Partie –, kenne er bereits vom Fahrradtag. Etwa die Polizistinnen Julia Braun und Anke Weber von der Verkehrsunfallprävention, die auch die eine oder andere Rollatorprobefahrt unternahmen. „Wir sind hier, um drei Dinge zu propagieren“, sagte Weber. Wenn vorhanden, sollten Querungshilfen wie Fußgängerampeln oder Zebrastreifen benutzt werden: Menschen mit Rollator seien oft langsamer. Auch sollten sie unbedingt Warnwesten tragen. „Im Dunkeln ist ein Mensch ab 25 Metern zu sehen, mit Warnweste ab 120 Metern“, betonte Braun.
Die Handtaschen gehören nicht in die Fronttasche des Rollators
Ein wichtiger Aspekt sei aber auch die Warnung: „Ihr seid eine lohnende Beute“, warnte Weber. Denn viele legten ihre Handtaschen und Wertgegenstände bequem in die Fronttasche des Rollators, wo sie leicht von Dieben gegriffen werden könne. „Eine Frau habe ich gesehen, die hat die Tasche in die Schlaufe gehakt“, lobte sie diese Option. Und gerade im Bus, wenn man sich etwa einen Platz suche und der Rollator unbewacht sei, sei Wachsamkeit wichtig.
Auch der Bundestagsabgeordnete Detlef Seif war wie schon im vergangenen Jahr zu dem Termin gekommen. Aus zwei Gründen hält er derartige Kurse für wichtig. So habe er vor zwei Wochen gesehen, wie ein Senior beim Versuch, mit seinem Rollator einen Bordstein hochzukommen, gestürzt sei. Auch werde durch derartige Veranstaltungen die Scheu überwunden, zum Rollator zu greifen. Den Menschen müsse klargemacht werden, dass es ein wichtiges Element sei, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.
Von 10 bis 15 Uhr trainierten die Teilnehmer mit ihren Rollatoren, wie sie Hindernisse überwinden können. So wurde auch das Einsteigen in einen Bus geübt, der von der Firma Schäfer Reisen aus Mechernich zur Verfügung gestellt wurde. „Wir unterstützen das Einsteigen auch, indem wir den Bus an Haltestellen mit niedrigen Bordsteinen absenken“, sagte Busfahrerin Amanda Polscher. Das führte sie vor, damit die Senioren sich nicht erschreckten, wenn sie einmal an einer Haltestelle stehen.