Um 13 Uhr hatte Sabrina Empt eine Idee, acht Stunden später waren sie und ihre Schwestern Vussems Tollitäten. Nur die roten Schuhe fehlten.
Mittags nur jeck, abends DreigestirnSchwestern regieren spontan die Vussemer Jecke
Das größte Problem sind die roten Schuhe. „Kauf mal in der Eifel rote Schuhe, wenn du rote Schuhe brauchst. Ein Ding der Unmöglichkeit“, sagt Tamara Empt. Wie Shopping-Queens rasen sie am Samstagnachmittag durch das Kaller Industriegebiet. Doch rote Schuhe? Leider nein!
Was soll's? Am Ende steht die 29-Jährige halt mit schwarzen Schuhen auf der Bühne des Vussemer Gürzenichs. Streng genommen handelt es sich um die Turnhalle des Mechernicher Ortsteils, doch für Tamara Empt und ihre Schwestern Elena und Jana ist es am Samstagabend, 21 Uhr, die schönste karnevalistische Bühne der Welt – und die steht nun mal in Vussem in der Turnhalle.
Die Empts aus Vussem sind im Karneval eine Institution
Fünf Stunden zuvor: Für die Geschwister ist es ein ganz normaler Samstag. Noch! Tamara Empt bereitet sich seelisch auf den Auftritt der kleinen Tanzgarde des Karnevalsvereins ihres Heimatortes vor, ihre Schwestern auf deren Auftritt in der großen Tanzgarde.
Doch plötzlich hat Sabrina Empt, die älteste der vier Schwestern, eine Idee, eine ziemlich jecke sogar. Wie wäre es eigentlich, wenn sich die Empts 2,3 und 4 am Abend als Dreigestirn proklamieren lassen würden? Schließlich halte sich ja das Gerücht ziemlich hartnäckig, dass der Karnevalsverein erstmals ohne Tollität in die Session gehen könnte.
Eine Session ohne Tollitäten in Vussem? Nicht mit den Empts!
Und eine Session in Vussem ohne jeckes Oberhaupt? Nicht mit den Empts! Man hat ja schließlich einen Ruf zu verlieren – spätestens seitdem Mama Marika und Papa Peter schon Tollitäten in Vussem waren. „Eigentlich hatte ich mich auf eine ruhigere Session eingestellt. Eigentlich“, erzählt Tamara Empt, die in der Kreisverwaltung arbeitet.
Doch dann kam diese Idee – und nach der ein oder anderen WhatsApp sagt die 29-Jährige fest entschlossen: „Ja, mer maache et!“ Okay, ihr Freund nimmt das alles zu diesem Zeitpunkt noch nicht ernst. Ein Fehler! Das ändert sich auch im Laufe der Zeit. Stunden, die alle irgendwie wie im Autopiloten erleben. „Wie im Film lief das ab“, erzählt Tamara.
Während sie sich mit ihrer Schwester auf die Jagd nach den roten Schuhen macht, kauft Mutter Marika gefühlt jede Schnittblume in der Eifel auf, um daraus Strüßjer zu basteln. Wurfmaterial wird auch noch schnell besorgt. Ein Einzug zur eigenen Proklamationssitzung ohne Kamelle? Nicht mit den Empts! Als wäre das Ganze noch nicht genug, soll die Aktion möglichst geheimgehalten werden. Den Überraschungseffekt will sich das Last-Minute-Trifolium nämlich nicht nehmen lassen.
„Wir sind in Etappen und einzeln in die alte Schule gefahren. Dort ist unser Ornatsarchiv“, erzählt der neue Prinz. Dort werden die Schwestern fündig, die anprobierten Ornate passen auf Anhieb – ganz klar: ein jecker Wink des Schicksals. Kamelle und Strüßjer sind dann auch pünktlich in ausreichender Menge vorhanden. Fehlten halt nur noch Orden und ein Motto – und die roten Schuhe. Aber die kurze Session ist noch lang.
Schwestern-Dreigestirn tanzt sich in die Herzen der Jecke
Viel wichtiger: Bei ihrem ersten Auftritt tanzen sich die Drei schnurstracks in die Herzen der Vussemer Jecke. „Wir sind erst um 3 Uhr nach Hause gegangen“, erzählt Tamara. Dort gibt es dann auch noch traditionsgemäß gebackene Eier. „Das gehört bei uns eben dazu“, so die 29-Jährige, die im Übrigen von Landrat Markus Ramers proklamiert wurde. Immer gut, wenn der Chef mitzieht!
Dann erzählt sie noch von den Emotionen während der Proklamation – vor allem als ihr Vater, der im Vorjahr Bauer im Vussemer Dreigestirn war, den Dreschflegel an Tochter Elena weitergegeben hatte. Das Dreigestirn komplettiert die 21-jährige Jana als Jungfrau.
Da Mutter Marika und die älteste Schwester Sabrina als Adjutanten fungieren, kann man in dieser Session wohl getrost von fünf Freundinnen an der Spitze der Vussemer Jecke sprechen. Komplettiert wird das Adjutanten-Trio durch Freundin Katja Löbel, die spontan als Friseurin und Visagistin eingesprungen ist.
Apropos Schminken: Wenn alles normal läuft, schminkt Tamara Empt die Kindergarde. Aber normal läuft an diesem Samstag ja wenig. „Ich habe keine Ahnung, was ich da geschminkt habe. Ich konnte mich nur noch entschuldigen. Zum Glück musste ich das nur bei meiner ältesten Schwester und die wusste ja, warum ich so nervös war“, berichtet Tamara Empt.
Auch als Trainerinnen fallen die proklamierten Schwestern nun also aus. Doch kein Problem: Ihre Eltern haben bereits zugesagt, den Tanznachwuchs während der Session zu unterstützen. „Die Spontanität hat uns allen gutgetan“, blickt die 29-Jährige zurück auf diesen Samstag: „Wenn wir Zeit zum Überlegen gehabt hätten, hätten wir uns wahrscheinlich tot geplant.“ Doch nicht mit den Empts!