Zum Karnevalsbeginn versammelten sich am Samstag zahlreiche Besucher auf dem Alten Markt in Euskirchen. Dabei ging es auch um Politik.
Jeck gegen Rechts„Anfeindungen gegen Veranstaltung in Euskirchen schnell vergessen“
Bunte Kostüme, farbenfrohe Schminke und rote Clownsnasen – die fünfte Jahreszeit zeigt sich derzeit wieder vielerorts von ihrer schönsten Seite. Auch der Alte Markt in Euskirchen erstrahlte am Samstag in dieser bunten Pracht, als Hunderte Besucher dem Auftakt der „Jeck gegen Rechts“-Karnevalsfeier entgegenfieberten.
„Vor ein paar Jahren standen hier nur eine Hand voll Leute, und in den letzten Wochen bekam ich fast täglich Anrufe von mehr und mehr Organisationen, die sich an unserer Veranstaltung beteiligen wollten“, freute sich Organisator Winfried Kubitza-Simons vom queeren Stammtisch Euskirchen. „Besonders bei der heutigen politischen Entwicklung ist es aus meiner Sicht wichtig, ein deutliches Zeichen gegen Hass, Ausgrenzung und Diskriminierung zu setzen, und ich freue mich über jeden Einzelnen, der dies heute mit uns auf so bunte und friedliche Art macht.“
Der Karneval sei schon immer politisch gewesen. Schließlich seien selbst die heute längst etablierten Gardeuniformen ursprünglich als Parodie auf das Militär im frühen 19. Jahrhundert entstanden, berichtete Landrat Markus Ramers, der kurz zuvor sein Talent als Drehorgelspieler unter Beweis gestellt hatte.
Euskirchen: Evangelische Pfarrerin will keinen Rechtsruck
„An den Friedensdemonstrationen, an denen sich im letzten Jahr Hunderttausende von kostümierten Menschen beteiligt haben, kann man erkennen, dass sich daran bis heute nichts verändert hat“, so Ramers weiter: „Man sollte sich immer vergegenwärtigen, dass Karneval eine solche Kraft hat und diese für so wichtige Ziele einsetzen, wie es hier und heute der Fall ist.“ Nicht ohne Grund handelten Karnevalsklassiker wie „In unserem Veedel“ von den Bläck Fööss schon vor fast 50 Jahren vom Zusammenhalt aller Menschen, und der Kasalla-Titel „Jröne Papajeie“ betone den Wert von Vielfalt und Toleranz.
Auch von Seiten der Kirchen erhielt „Jeck gegen Rechts“ viel Zuspruch. Zwar hatte sich Diakon Werner Jacobs am Vorabend aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig entschuldigen müssen, dafür fand Judith Weichsel umso passendere Worte.
„Wir alle wollen keinen Rechtsruck. Wenn wir einen Ruck wollen, dann nur den des Zusammenrückens“, betonte die Pfarrerin der evangelischen Kirche in Euskirchen und setzte mit einem Zitat ihres Pfarrerkollegen Quinton Ceasar vom diesjährigen Kirchentag ein weiteres Zeichen für Toleranz und Vielfalt: „Leider leben wir in einer Zeit, in der Menschen aufgrund von Krieg, Terror und auch Respektlosigkeit gegenüber ihrer sexuellen Orientierung nicht angstfrei leben können. Doch auch Gott lässt sich nicht auf ein Geschlecht festlegen. Er ist kein alter weißer Mann, Gott ist queer.“
„Denn jeder Jeck ist anders – und das ist auch gut so“
Dies sei nicht einmal ein neuer Gedanke, so Weichsel. „Es ist wie mit dem Regenbogen, den ich als Symbol daher noch passender finde. Scheinbar farbloses Licht, das gebrochen wird, erscheint plötzlich in allen Farben des Regenbogens, und es ist genau diese Vielfalt, die uns alle ausmacht.“
Eine Vielfalt, für die es sich zu kämpfen lohne, fand auch Besucherin Katrin. „In den Sozialen Netzwerken habe ich gelesen, dass die AfD heute in Euskirchen den Karnevalsbeginn ausrufen will. Von der Reaktion des Feuka war ich so begeistert, dass ich auch einen kleinen Teil beitragen wollte und die ‚Jeck gegen Rechts‘-Feier unterstützen möchte. Denn jeder Jeck ist anders – und das ist auch gut so.“
Sichtlich gerührt von der Feierlaune Hunderter Besucher freute sich auch Organisator Winfried Kubitza-Simons über den Verlauf der Veranstaltung. „So viele Menschen sind heute hier, um dieses so wichtige Zeichen zu setzen.“ Zwar habe es nach der Ankündigung auch einige Anfeindungen auf Onlineplattformen gegeben, doch diese seien angesichts der Begeisterung auf dem Alten Markt schnell vergessen.
„Schon während wir hier aufgebaut haben, haben wir viel Lob für unser Engagement erhalten. Auch die Unterstützung des Landrats und der Kirchen sowie der Gastronomiebetriebe ringsum zeigt mir deutlich, dass wir alle gemeinsam gegen den Hass und für mehr Toleranz und ein friedliches, buntes Miteinander einstehen“, so Kubitza-Simons.