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Zu viele WolkenSternenfreunde mussten in der Mechernicher Hauserbachmühle improvisieren

Lesezeit 5 Minuten
Wolfgang Pütz steht in der Mühle vor den Besuchern.

Wolfgang Pütz erläuterte den Besuchern die Mühlentechnik.

In der Hauserbachmühle in Mechernich-Dreimühlen trafen sich historisch Interessierte und Himmelsbeobachter zu Führungen und zum gemeinsamen Blick auf die Sterne.

25 Mühlen- und Sternenfreunde haben sich in der Hauserbachmühle von Karin Goebel und Wolfgang Pütz in Dreimühlen eingefunden: Eine abendliche Führung durch die Betriebsräume und der erhoffte Blick in den nächtlichen Sternenhimmel über Dreimühlen waren angekündigt, die Warteschlange der Interessenten ist lang.

Dunkel ist es im Weiler Dreimühlen oberhalb von Eiserfey, nur aus den Fenstern der Hauserbachmühle leuchtet Licht. Darüber: die Sichel des abnehmenden Mondes vor vom Wind sanft getriebenen Wolken. Dazwischen immer wieder mal eine Lücke und ein einzelner, kräftig leuchtender Stern rechts oberhalb der Sichelspitze. „Ist das der Polarstern? Das legendäre Orientierungszeichen der Seefahrer?“

Das wollen 25 Teilnehmer aus Neuwied und Eiserfey, aus Neuss und Strempt von Rainer Kuhl wissen. Kuhl ist zertifizierter Sternenguide der Sternenlandschaft Eifel. Er muss die Umstehenden allerdings enttäuschen: „Nein, das ist die Venus. Die leuchtet gerade besonders stark, doch sie wird im Laufe der Nacht im Westen untergehen.“

45-minütige Reise in „ferne Welten“ über der Hauserbachmühle

Bevor man nun im Sinne des antiken Welt- und Himmelsverständnisses an ein „Herunterfallen“ der Venus denkt, geht es mit Kuhl und der Hälfte der angereisten Freunde ins Obergeschoss des ehemaligen Lagerhauses der Mühle. Die andere Hälfte der Besucher startet zeitgleich eine Mühlenführung mit Wolfgang Pütz.

Im Obergeschoss des Anbaus an das Mühlenhaus, dessen älteste Mauern aus dem Mittelalter stammen, sind Polstersitzgruppen und Stühle im Halbkreis vor einer Leinwand aufgestellt. Nur wenige in den Fenstern aufgestellte Kerzen erhellen den Raum. Rainer Kuhl setzt sich hinter seinen Laptop, der Bilder und Filme auf die Leinwand wirft. Eine knapp 45-minütige Reise in „ferne Welten“ über der Hauserbachmühle beginnt.

Großes Teleskop auf der Dachterrasse wird nicht benötigt

„Sehen Sie, das ist der Himmel über uns mit den bekannten Sternbildern. Sie kennen ja alle den Großen Wagen.“ Rund 200 Milliarden Sterne hat unsere Galaxie, die Milchstraße. Ein verschwindend kleiner Prozentsatz hat einen Namen oder eine Nummer.

Der Polarstern jedenfalls ist, wenn man erst einmal den Großen Wagen, Teil des Großen Bären, gefunden hat, in einer klaren Sternennacht leicht zu entdecken: Man verlängere einfach die Distanz von der vorderen zur hinteren Ecke des Wagenkastens senkrecht nach oben um das Fünffache und erreiche so das altbekannte nautische Orientierungszeichen, „um den sich unser Himmel dreht“, so Kuhl. Eine schöne Vorstellung, wenn sich alles dreht, nur ein Stern bleibt wie die große Achse stehen, der zugleich ganz prosaisch auch der Kopf im Kleinen Bären ist.

Das alles zu überprüfen, ist an diesem Abend mangels Klarsicht allerdings nicht möglich. Die Tür zur Dachterrasse eines weiteren Mühlenanbaus, auf der ein großes Teleskop aufgebaut ist, bleibt erst einmal zu.

Komplexe Mechanik der Wassermühle wird erläutert

Unterdessen ist die andere Besucherhälfte mit Wolfgang Pütz im Mühlengebäude unterwegs und lässt sich von ihm den alten Planrichter erläutern, der das Korn grob nach der Korngröße trennt. Pütz kann erzählen und schwärmen von den Müllern, die für ihn die „ersten Meister der Automatisierung“ waren.

Die komplexe, über die Geschosse verbundene Mechanik der Wassermühle ist für die allermeisten seiner Zuhörer und Zuhörerinnen kaum zu verstehen, doch Pütz gibt sich alle Mühe. Er schildert auch das einstige Spannungsverhältnis zwischen Landwirt und Müller. Die Bauern mussten – zumal wenn es sich um eine Bannmühle wie die am Hauserbach handelte – beim Müller ihr Getreide mahlen lassen. Das sei ein eher „unbeliebter“ Gang auch zum Feudalherren, einem Kloster oder der Kirche gewesen, denen die Mühlen in der Regel gehörten, berichtet Pütz.

Immer wieder Zwist und Ärger zwischen Bauern und Müllern

Und dann habe es auch immer wieder Zwist und Ärger gegeben. Der Müller wog das angelieferte Getreide aus, bestimmte dessen Wassergehalt, der vom zu verarbeitenden Gewicht ebenso abgezogen wurde wie die aus den vielfachen Sortier- und Filtersystemen ausgesiebten kleinen Steinchen oder Lehmbröckchen. Das Verhältnis aus brutto und netto bot naturgemäß Konfliktstoff.

Zusätzlich führte auch das Müllerleben selbst zu Misstrauen und Argwohn. Der Müller habe auch oft des Nachts gearbeitet, so Pütz, als drum herum im Dorf alles still und dunkel war. Nur beim Müller habe noch Licht gebrannt. Das sei als wenig gottesfürchtig angesehen worden. Ein überliefertes Sprichwort gab Pütz seinen Zuhörenden zum Besten: „Das Müllerleben hat Gott gegeben. Aber das Schaffen bei Nacht hat der Teufel erdacht.“

Und dann geht es noch einmal hinaus in die Nacht. „Glück zu“ ist auf der Fassade des Mühlenhauses geschrieben – der traditionelle Müllergruß. Als die Besuchergruppe wenige Meter weiter vor dem angestrahlten, sich gleichmäßig und leise knarrend drehenden Mühlrad steht, fängt es an zu schneien.

Der Mond und seine Venus sind mittlerweile völlig von Wolken verdeckt. Kein Stern ist zu sehen. „Ich habe mein schönstes Sternbild aber sowieso dabei“, grinst Michael aus Strempt und blickt liebevoll zu seiner Nicole. Damit eine Nacht an der Hauserbachmühle romantisch ist, dafür braucht es keinen „Milky Way“.


In der Hauserbachmühle ist die Technik noch intakt

In Dreimühlen, knapp 150 Meter unterhalb der Quelle des Hauserbachs, haben Wolfgang Pütz und Karin Goebel 2016 auf der Suche nach einem neuen Domizil in der Nordeifel die Hauserbachmühle gekauft. Sie war noch bis in die 1980er Jahre in Betrieb und über die Jahrzehnte immer wieder mal auf den neuesten Stand der Technik gebracht worden.

Gleich geblieben ist das, was eine Wassermühle in Gang setzt: Oberhalb der blechernen Zulaufrinne des Hauserbachs regelt ein Schieber den Wasserstrom in die Auffangkellen des Mühlrads. Ein unterstützender Drehstrommotor sorgt für eine konstante Drehzahl. Die Hauserbachmühle stammt aus dem Spätmittelalter. Zwei Walzenstühle für grobes und feines Mehl und der Schrotgang haben die alte Steinwalzentechnik mit Läufer- und Ruhestein in den 1960er Jahren ersetzt.

Blick auf das Mühlengebäude am Abend.

Romantischer geht es kaum: Die Hauserbachmühle und der sichelförmige Mond darüber: Das war die stimmungsvolle Kulisse bei der Mühlenführung mit Sternenbeobachtung am vergangenen Freitagabend.

Die Walzen sind ebenso noch voll funktionsfähig wie die weitere Technik im Gebäude: die „Reinigung“ des Mehls, der Sichter mit zehn verschiedenen Sieben, der Trieur, ein unförmiges Gerät, das dazu dient, mittels eines Hydraulikeffektes das Korn zu lesen.

Auch ein alter Steinmahlgang sei noch vorhanden, erklärt Karin Goebel. Wenn es mal Tierfutter sein soll, reiche diese Art der Verarbeitung des Korns aus. Goebel und Pütz haben nicht nur 1000 Quadratmeter Mühlengebäude, Müllerhaus und Lagerhaus gekauft, sondern auch Stallungen für Ziegen, Schafe und Esel, die traditionell schon immer zur Hauserbachmühle gehörten. Dazu kommen einige Tausend Quadratmeter Grünland und drei ehemalige Fischteiche.