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Unterschriften gegen BaugebietSchick würde sogar gegen Pilzzucht klagen

Lesezeit 5 Minuten

Die Projekte, hier die geplante Champignonzucht, stellte Stadtplaner Thomas Schiefer (am Mikrofon) vor.

Mechernich-Firmenich. „Wir hatten es kommen sehen“, sagte Firmenichs Ortsvorsteher Anton Schröder. Bis zu 200 Besucher wollten nämlich am Montagabend im Firmenicher Bürgerhaus die Diskussion über die geplante Champignon-Zuchtanlage, die Hochwald-Milchfabrik und das neue Baugebiet Schavener Heide verfolgen. Zudem ging es generell um die Baupolitik der Stadt Mechernich, die von Stadtplaner Thomas Schiefer vehement verteidigt wurde.

Etliche Interessierte standen am Eingang des Bürgerhauses und fanden keinen Platz mehr, draußen auf der Wiese war alles zugeparkt. Man habe, so Schröder, im Vorfeld bewusst wenig Werbung gemacht, da klar gewesen sei, dass auch viele Satzveyer kommen würden.

Drei Stunden wurde teilweise kontrovers diskutiert. Schröder: „Wir waren danach aber sehr zufrieden.“ Niemand sei ausfallend geworden, der Rahmen habe gestimmt. Rege moderiert wurde der lange Abend von dem Obergartzemer Ortsvorsteher Franz Josef Keus.

Alles zum Thema Bläck Fööss

Der Stammbaum

Durch Wohneigentum auch etwas Vermögen zu bilden, müsse man den Menschen ermöglichen, sagte Thomas Schiefer in seinen grundsätzlichen Worten zum Thema Baugebiete. Im europäischen Vergleich hinke Deutschland hinterher.

Als er den „Stammbaum“ der Bläck Fööss, in dem die multikulturellen Wurzeln Kölns beschworen werden, zitierte und einen kurzen Filmausschnitt präsentierte, in dem Bürger sich über Zugezogene ärgern, die sich nicht am Gemeinschaftsleben beteiligen, kippte kurzzeitig die Stimmung.

Eine „Unverschämtheit“ sei eine solche Argumentation, wurde Schiefer entgegengehalten. Dies sei in Mechernich nun wirklich nicht das Problem. Firmenichs Ortsvorsteher Anton Schröder zu der Situation: „Das war schon gewagt. Ich habe gedacht, jetzt trampeln sie ihn nieder!“

Doch jeder blieb zivilisiert, die Stimmung wurde wieder sachlich. „Es geht nicht darum, sich gegen Köln oder Düsseldorf zu wehren. Wir wollen aber nicht, dass alles zugebaut wird“, sagte eine Bürgerin. (pe)

Die Champignonzucht

Beim ersten Thema waren Stadtverwaltung, Politik und Bürger ohnehin noch einer Meinung. „Obergartzem, Firmenich und Satzvey sind sich einig, dass sie die Pilzzucht nicht wollen“, sagte Schröder. Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick meinte, dass Franz-Josef Graf Beissel von Gymnich weiterhin an seinen Planungen festhalte, dort einem niederländischen Investor eine Pilzzucht zu ermöglichen. Schiefer informierte darüber, dass landwirtschaftliche, aber auch gartenbauliche Betriebe eine Privilegierung nutzen und im Außenbereich bauen können.

Er zeigte anhand einer Luftaufnahme die besagte , 23 Hektar große Fläche zwischen Satzvey und Obergartzem. Dabei wurde deutlich, dass die Größe der geplanten Anlage erheblich ist. 71000 Quadratmeter sollen überdacht werden, 130 Mitarbeiter, davon vier bis fünf in der Verwaltung, seien vorgesehen. 190 Tonnen Pilze sollten wöchentlich produziert werden. Fast 20000 Kubikmeter Wasser benötige die Anlage jährlich. 330 Tonnen Stroh, 220 Kubikmeter Digistat (Nährboden) und sechs Tonnen Naturgips seien in dieser Anlage pro Woche erforderlich. Es entstünden 680 Tonnen Substrat und 710 Kubikmeter Champost (Abfallstoff) pro Woche. Bürgermeister Schick sicherte den Besuchern zu, die sich intensiv gegen die Planungen aussprachen, dass die Stadt sich nicht scheuen werde, juristisch bis zum Oberverwaltungsgericht gegen die Champignonzucht vorzugehen.

Der Unmut war trotzdem groß. „Es wird jeder Feldhamster geschützt. Aber was geschieht, wenn die Bevölkerung gegen ein Vorhaben ist?“, hieß es. Ein Bürger wies darauf hin, dass es dort ein Wildkatzen-Vorkommen gebe. Dazu sagte Schiefer: „Das könnte ein K.o.-Kriterium sein.“ Der durch die Abfälle zu erwartende Gestank und Störungen durch den Lkw-Verkehr waren weitere Punkte, die die Bürger monierten. Gefragt wurde sogar, ob die Stadt nicht die Fläche kaufen könne. Als Schick sagte, „wenn das zu einem sehr guten Ackerlandpreis verkauft würde...“, gab es Gelächter.

Die Milchfabrik

Kritische Bemerkungen gab es auch zur geplanten Hochland-Milchfabrik. So klagte Sabine Pollack: „Unsere Lebensqualität hier wird immer schlechter. Wo bleibt eigentlich unsere Naherholung?“ In Mechernich werde ständig gebaut, doch irgendwann sei das Maß voll. Stadtplaner Schiefer, der an diesem Abend zu rhetorischen Hochleistungen auflief, beschwor die Bürger, doch in Betracht zu ziehen, dass es sich um einen sauberen Betrieb mit 300 Arbeitsplätzen handele. Die dadurch zu erwartende Verkehrsbelastung, das hätten Fachleute untersucht, sei vollkommen unproblematisch. Doch das wollten etliche Bürger ihm nicht so ganz abkaufen. Schiefer versprach, das entsprechende Gutachten ins Internet zu stellen.

Er stellte Abbildungen vor, auf denen die Kubatur der neuen Fabrik innerhalb der Landschaft beurteilt werden konnte. Dass es sich um einen sehr großen Baukörper handeln wird, konnte man anhand eines Größenvergleichs zu ebenfalls dargestellten Lkw sehen.

Schiefer erläuterte, die entsprechende Baugenehmigung werde demnächst erteilt, es müssten lediglich noch Brandschutzfragen geklärt werden. Der Kanal sei bereits verlegt und ein Plateau für die Baustelle geschaffen. Am 17. Mai erfolge der erste Spatenstich, die Bauzeit betrage drei Jahre.

Die Schavener Heide

Dass Schiefer vor der Diskussion über das neue Baugebiet Schavener Heide dann grundsätzlich wurde, kam nicht bei allen Besuchern gut an (siehe „Stammbaum“). Schiefer präsentierte die Planung, in der 37 Wohngebäuden vorgesehen sind. Ortsvorsteher Schröder sagte, er sei froh, dass man den Firmenichern eine Möglichkeit bieten könne, im Ort zu bauen. Schiefer hatte auch eine Übersicht präsentiert, woher die neuen Eigentümer der Neubauten kommen. Daraus ergab sich, dass die meisten aus dem Stadtgebiet Mechernich stammen.

Die Unterschriften

Als Heidi Esser von der Bürgerinitiative gegen dieses neue Baugebiet eine Unterschriftenliste mit mehr als 600 Einträgen überreichte, sorgte das am Podium für etwas Unmut: Sie habe die Themen Baugebiet und Champignonzucht vermengt und auf diese unzulässige Weise mehr Unterschriften bekommen.

In einer Sondersitzung des Stadtentwicklungsausschusses wird am Mittwoch, 20. März, ab 18.30 Uhr über den Stand der Regionalplanung und ein Integriertes Handlungskonzept für die Innenstadt Mechernichs informiert. Dann können die Bürger, so die Verwaltung, über die Entwicklungen mitdiskutieren.