Die Geflüchtetenunterkunft in der einstigen Eifelhöhen-Klinik in Marmagen bewegt weiterhin die Gemüter. Die Polizei berichtet über die Lage.
GeflüchtetenunterkunftGemeinde will die einstige Eifelhöhen-Klinik in Marmagen kaufen
Seit knapp acht Monaten wird die einstige Eifelhöhen-Klinik als Notunterkunft für Geflüchtete genutzt. Das gab bereits reichlich Anlass zur Kritik. An der Informationspolitik der Bezirksregierung etwa, die mehr abblockte als transparent machte. Und auch an der Tatsache, dass eine Einrichtung für 750 Geflüchtete in einem Dorf mit 1600 Einwohnern installiert wurde.
Über die aktuellen Entwicklungen informierten Landrat Markus Ramers und Bürgermeister Norbert Crump die rund 120 Teilnehmer einer Bürgerversammlung in der Gaststätte „An Justav's“. Mit dabei waren Polizei und Ordnungsamt, der DRK-Kreisverband als Betreiber und die Ehrenamtler aus Marmagen, die Aktionen mit den Flüchtlingen veranstalteten. Durch Abwesenheit glänzte dagegen die Bezirksregierung.
Weil es keine Neuigkeiten gab, kam der Regierungspräsident nicht
Wo denn der Regierungspräsident sei, wollte gleich mal einer der Bürger wissen. Ja, auch er hätte ihn gerne dabei gehabt, so Bürgermeister Crump. Doch Dr. Thomas Wilk habe ihm gesagt, er komme erst, wenn sich die Planung verändere – vorher nicht. Ähnlich äußerte sich die Pressestelle der Bezirksregierung am Freitag auf Nachfrage dieser Redaktion: Von einer Teilnahme sei abgesehen worden, da es zum aktuellen Zeitpunkt keine Neuigkeiten seitens der Bezirksregierung zu präsentieren gegeben und aus diesem Grund keine Notwendigkeit zur Teilnahme bestanden habe, so Sprecher Dennis Heidel.
Tatsächlich, das bestätigte auch der Landrat, gebe es aktuell keine neuen Fakten. Der Mietvertrag und damit die Duldung der Nutzung durch den Kreis laufen bis zum 30. April. Zur Erklärung: „Die Nutzung ist baurechtlich illegal, das Gebäude ist dafür nicht vorgesehen.“ Der jetzige Zustand sei daher mit Auflagen geduldet: „Wir haben deutlich gemacht, dass die Duldungsfrage keine Salamitaktik sein kann.“ Wenn die ehemalige Klinik dauerhaft als Unterkunft genutzt werden solle, müsse die Bezirksregierung Geld in die Hand nehmen und etwas tun.
Gemeinde Nettersheim will mitreden und den Gebäudekomplex kaufen
Die Zukunft der Einrichtung ist unklar. Ramers berichtete von dem Druck, den die Städte und Gemeinden auf das Land ausüben, eigene Einrichtungen für Geflüchtete zu etablieren. Mit über 700 Plätzen sei Marmagen eine der größten Einrichtungen des Landes. „Ich habe das Gefühl, man will Marmagen erst schließen, wenn der Druck nachlässt“, prognostizierte er – und meint damit auch den Druck durch die hohe Zahl der Geflüchteten. Das zog direkt Unruhe im Saal nach sich.
Aufmerksam hörten die Marmagener zu, als Norbert Crump mitteilte, die Gemeinde habe die Absicht, den ehemaligen Klinik- Komplex zu kaufen. „Die Gefahr ist, dass wir auf Jahre bei der Entwicklung nicht mitreden können“, sagte er. Im Rat sollen ein Beschluss zum Ankauf gefasst und dann Fördermittel akquiriert werden. Im Anschluss solle eine ehrliche Diskussion geführt werden, wie das Gebäude genutzt werden könne. Dazu solle eine Machbarkeitsstudie erstellt werden: „Am Ende kann aber auch der Abriss stehen.“
Es gebe die mündliche Zusage der Eifelhöhen-Klinik AG, der die Immobilie gehört, einen „vernünftigen Kaufpreis“ aufzurufen. Wie viel das sei, wollte ein Zuhörer wissen. Crump blieb bei seiner Antwort ein wenig nebulös: „Das sage ich hier nicht. Aber eine Nachbarkommune steckt 50 Millionen Euro in ein Rathaus. Dann kann es uns das wert sein.“
Veranstaltungen für Marmagener und Geflüchtete starten
Diskussionen gab es über die Lebensbedingungen in der Notunterkunft. „Die Standards sind nicht, wie wir Menschen aufnehmen sollten“, sagte Ramers. Die Probleme seien durch Langeweile der Bewohner verursacht, monierte einer der Marmagener. Und: „Wir haben einen Mangel an Fachkräften und parken Leute sechs Monate hier.“ Die Menschen sollten direkt in richtige Bahnen gebracht werden – die Bandbreite könne da von der Abschiebung bis zum Arbeitsmarkt reichen.
Über die Betreuung der Geflüchteten durch das DRK informierte Kerstin Brandhoff, Leiterin Soziales, Migration und Flüchtlingshilfe. In der Alltagsbetreuung werde unter anderem einfacher Deutschunterricht angeboten, um eine rudimentäre Verständigung zu ermöglichen. Für 3- bis 6-Jährige gebe es eine Spielstube, während zwei Pädagogen ein schulisches Bildungsangebot für die 6- bis 18-Jährigen anbieten. „Wir wollen ein Gefühl von Schule vermitteln“, so Brandhoff.
Seit Anfang August sei das mit drei Personen besetzte Umfeldmanagement aktiv, das eine Verbindung zwischen Unterkunft und Ort darstellt. „Wir haben noch nie einen so engagierten Ort erlebt“, lobte sie. Umfeldmanagent und Ehrenamtler aus Marmagen organisieren zwei Veranstaltungen pro Monat für Geflüchtete und Marmagener. Start wird am Freitag, 8. September, 19.45 Uhr, mit einer Kunstausstellung von Geflüchteten in der Schützenhalle sein.
Polizei: Die Lage hat sich beruhigt
Lobende Worte hatte Landrat Markus Ramers für die Marmagener parat: „Der Ort geht vorbildlich damit um.“ Die Eifeler seien bekannt für ihr Herz. Doch sie seien auch nicht naiv, schließlich sei seit der Inbetriebnahme der Einrichtung ein deutlicher Anstieg der Straftaten zu verzeichnen. Aber: „Das war nur ein geringer Bruchteil der Bewohner“, sagte Ramers.
Dass die Lage rund um die Eifelhöhen-Klinik sich beruhigt hat, belegte Thorsten Köpp, Leiter der Polizeiwache Schleiden, mit den Zahlen der eingegangenen Anzeigen. Jedoch: „Das ist keine Kriminalstatistik.“ Es sei nicht erfasst, ob die Sachverhalte letztendlich tatsächlich als Straftat verfolgt worden seien.
159 angezeigte Straftaten habe die Polizei vom 1. Januar bis 31. Juli erfasst, davon 75 innerhalb der Unterkunft. Die Spitze habe man im Mai mit 43 Anzeigen verzeichnet. Damals, so Köpp, sei die Einrichtung voll belegt gewesen. Seitdem seien die Zahlen zurückgegangen. „Ich habe erwartet, dass es im Sommer noch mehr wird“, so Köpp. Im Juli habe es noch sieben Anzeigen außerhalb der Einrichtung gegeben.
„Rohheits- oder Sexualdelikte hatten wir in der ganzen Zeit gar nicht“, betonte er. Und: Bezogen auf die Gesamtzahl der Bewohner seien es sehr wenige, die immer wieder auffallen: „Diese Zahl ist einstellig.“ Ein Täter sitze mittlerweile in Haft, andere seien verlegt worden.
Probleme gebe es im ÖPNV, so Ramers, deshalb sei veranlasst worden, dass der Schienenersatzverkehr seit August in Marmagen halte. (sev)