„Politik zum Anfassen““ Berufsschüler laden Kreiskandidten zu Podiumsdiskussion ein
Kreis Euskirchen – Eine Koalition mit der CDU schloss der Sieger der Podiumsdiskussion am Berufskolleg St.-Nikolaus-Stift kategorisch aus. Daran änderten auch die Glücksgefühle infolge der absoluten Mehrheit nichts, die Stefan Söhngen (Die Linke) von den gut 350 Schülerinnen und Schülerin per Handyabstimmung nach der 90-minütigen Debatte erhalten hatte. Es ist davon auszugehen, dass weder die Linke noch Söhngen persönlich bei der Bundestagswahl am Sonntag, 26. September, im Wahlkreis 92 (Euskirchen-Rhein-Erft-Kreis II) mehr als 58 Prozent der Stimmen der Kreisbürger holen werden.
Die Berufsschüler aus dem Gesundheitswesen überzeugte der 24-jährige Student aber mit Aussagen wie: „Ich glaube nicht, dass es eine kluge Idee ist, den Schülerausweis als Dokument für negative Corona-Testergebnisse zu benutzen.“ Oder auch: „Wir würden die Steuern für Menschen, die mehr als 6500 Euro im Moment verdienen, erhöhen.“ Und er überzeugte beim Thema „Impfausweis und Corona“ auch durchaus den Bundestagsabgeordneten der CDU und Konkurrenten um den Einzug ins Berliner Parlament, Detlef Seif: „Sie haben gut argumentiert. Aber eine Koalition wird es von der CDU mit den Linken nicht geben.“
Es war eine abwechslungswreiche Debatte
Schulleiter Klaus Drotbohm hatte die Messlatte für die Podiumsdiskussion ziemlich hoch gelegt. „Das wird eine ganz besondere Politikstunde. Das wird Politik zum Anfassen“, sagte er.
Die fünf Kandidaten, die sich den Fragen der Schüler-Moderatorinnen Rike Siebert und Kristina Nixdorf stellten, lieferten sich eine durchaus kontroverse Debatte bei Themen wie „Digitalisierung“, „Bildungspolitik“ und „Corona-Pandemie.“ Mit dem Zeitmanagement hatten sich die beiden Schülerinnen aber etwas verkalkuliert. Fragen zur Innenpolitik, Finanzen, Gleichberechtigung oder Hochwasser konnten in den 90 Minuten allesamt nicht abgearbeitet werden. „Ich halte es für nachdenkenswert, dass wir ein komplettes Schuljahr wiederholen“, antwortete Rüdiger Lucassen (AfD) auf die Frage, wie die Kandidaten die durch die Corona-Pandemie entstandenen Bildungslücken bei den Schülern ausgleichen wollen. Christdemokrat Seif hielt energisch dagegen: „Die Schüler sind schon genug gebeutelt.“ Auch die anderen Kandidaten sprachen sich gegen eine Wiederholung eines Schuljahres aus.
Wahlhilfe für blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen
Mit einem Pilotprojekt erleichtert das Bundesministerium des Inneren blinden und sehbehinderten Menschen im Wahlkreis 92 – Euskirchen-Rhein-Erft-Kreis II – die Teilnahme an der Bundestagswahl.
Wählen dürfen heißt nicht in jedem Fall wählen können. Wie geben blinde und hochgradig sehbehinderte Wähler ihre Stimme ab? Woher wissen sie, was auf den Stimmzetteln steht und wo sie ihre Kreuze machen müssen?
Wahlschablonen helfen dabei, geheim zu wählen. Eine abgeschnittene Ecke ermöglicht es, den Stimmzettel richtig in eine mit Löchern versehene Mappe einzulegen. Über die in Großdruck und Punktschrift angebrachte Nummerierung der Löcher können blinde und sehbehinderte Wähler ihr Kreuz genau da machen, wo sie es möchten.
Zur Bundestagswahl wird ein Pilotprojekt in NRW zudem Informationen leichter zugänglich machen. Erstmalig werden die Inhalte der Stimmzettel einer Bundestagswahl über eine Telefonansage vorgelesen und auch im Internet zur Verfügung gestellt. Mit der Eingabe der Wahlkreisnummer, die auf der Wahlbenachrichtigung steht, können sich Anrufende aus dem Wahlkreis 92 unter der Rufnummer 0800/ 000 9671 0 den vollständigen Inhalt ihres Stimmzettels vorlesen lassen – so oft sie wollen und kostenlos. Über das Handy geht das sogar direkt in der Wahlkabine. (tom)
Einigkeit herrschte beim Thema „Digitalisierung“. Wenn auch Marion Sand, Kandidatin der Grünen, den schwarzen Peter den Verwaltungen zu schob. „Die haben nicht funktioniert. Vor Ort wird nichts umgesetzt“, sagte Sand. Auch Markus Herbrand von der FDP teilte gegen die GroKo aus. „Das ist ein schweres Versäumnis der vergangenen Jahre. Bei der Digitalisierung müssen wir besser werden“, sagte der Gemünder. Söhngen forderte für jeden Schüler in Deutschland ein Tablet. Seif entgegnete, dass viele Milliarden in die Digitalisierung gesteckt worden seien. „Wir brauchen aber ein unbürokratisches Vorgehen“, so der Weilerswister.
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Lucassen forderte bei der Diskussion um die Corona-Pandemie einen „gelasseneren Umgang mit dem Virus“ und sprach sich gegen eine Impfpflicht aus. Das taten auch die anderen Kandidaten. Allerdings ließen sich Herbrand und Seif ein Hintertürchen offen. Während Seif bei einer Impfpflicht von der „letzten Option“ sprach, ist sie für Herbrand die „aller-aller-allerletzte Möglichkeit, die Pandemie endgültig in den Griff zu bekommen.“ Nach der Diskussion bedankte sich Drotbohm bei den Kandidaten für die Politikstunde, von der „sicher mehr als zehn Prozent hängenbleibt.“ Und Söhngen? Der war zufrieden. „Das gibt Rückenwind fürs Wochenende“, sagte er schmunzelnd. Die Bundestagskandidatin der SPD, Dagmar Andres, nahm nicht an der Podiumsdiskussion teil.