Nach BombenentschärfungEuskirchener Bürgermeister verurteilt egoistisches Verhalten
Euskirchen – Vor allem für alte Menschen wurde die Zeit lang, als sie am Dienstagabend in Euskirchen auf die Entschärfung der Fliegerbombe warteten. Immer wieder ignorierten Einzelne die Absperrungen und liefen in die Gefahrenzone, was Bürgermeister Sacha Reichelt scharf verurteilte.
Die Stadtverwaltung hatte nachmittags erklärt, es sei vorgesehen, den Blindgänger am Entenpfuhl gegen 20 Uhr unschädlich zu machen. Doch erst um 21.10 Uhr konnten Stefan Höreth und Christoph Wassenberg vom Kampfmittelbeseitigungsdienst ihre Arbeit beginnen – nur um sie kurz darauf für 15 Minuten zu unterbrechen.
Sperre bewusst durchbrochen
Denn ein jugendlicher Skateboarder hatte auf der Alleestraße bewusst die Sperre durchbrochen und sich auch von den Ordnungsbehörden nicht aufhalten lassen. Auch eine Kamera-Drohne störte den Ablauf. Gegen 22.40 Uhr war der Sprengkörper dann entschärft. „Der Kopfzünder hat geklemmt, allein dessen Entfernung hat 45 Minuten gedauert“, erklärte Höreth.
Die Bombe hatte nur etwa einen Meter tief im Erdreich gelegen, weshalb die Experten entschieden, den Evakuierungsradius mit 400 Metern recht weit zu ziehen. Bei kleineren Exemplaren wie der 125-Kilo-Bombe am Entenpfuhl seien 300 Meter üblich, so das Ordnungsamt.
Wütender Bürgermeister
"Neue Qualität der Beeinträchtigung"
Bürgermeister Sacha Reichelt prangert den Egoismus derjenigen an, die am Dienstag die Absperrungen in der Innenstadt ignorierten. „Gerade in solchen Lagen“ seien Disziplin und gegenseitige Rücksichtnahme enorm wichtig. Wenn aber jetzt schon versucht werde, die Entschärfung mit einer Drohne zu filmen, wodurch die Einsatzkräfte irritiert würden, habe das „eine neue Qualität der Beeinträchtigung“. Derartiges Verhalten könne andere in Gefahr bringen. Die Unterbrechung der Entschärfung habe die Evakuierungsphase verlängert. Reichelt erklärte auch, wegen der Radiusgröße sei es unmöglich gewesen, die Sperrzone vollständig abzuriegeln. (ejb)
Für alte Menschen eine wahre Strapaze
3600 Menschen waren von der Evakuierung betroffen. Wer nicht anderweitig unterkam, konnte die Wartezeit in der Sammelstelle in der Gesamtschule verbringen. Auch 77 Senioren und Seniorinnen aus dem Pflegeheim Integra mussten ihre gewohnte Umgebung verlassen.
Während 36 von ihnen in die Gesamtschule gebracht wurden, kamen 41 Männer und Frauen mit erhöhtem Pflegebedarf, darunter Rollstuhlfahrer und Demenzkranke, ins Pflegeheim Haus Veybach. Für die meisten von ihnen war die Evakuierung eine wahre Strapaze.
Vorwürfe gegen das Rote Kreuz
Integra-Leiterin Malahat Dinkelmann übte am Mittwoch scharfe Kritik an der Betreuung in der Gesamtschule, für die das Deutsche Rote Kreuz (DRK) verantwortlich zeichnete. „Wir haben nach Decken und Liegen für unsere Bewohner gefragt, aber nichts bekommen. Für sie war es sehr anstrengend, viele Stunden im Sitzen zu verbringen.“
Dazu erklärte Lars Klein, der dem Führungsstab angehörte, das DRK sei von einer Entschärfung gegen 20 Uhr ausgegangen. „Das hat aber wegen der vielen Störer in der Sperrzone nicht geklappt.“ Mit zunehmender Dauer, nach 21 Uhr, sei der Mangel an Betten als Problem erkannt worden, „das sich aber nicht in fünf Minuten lösen ließ“. Das DRK habe lediglich Transportliegen aus den Rettungswagen als Bett-Ersatz anbieten können.
Selbst für Verpflegung gesorgt
Dinkelmann beklagte auch, dass das Heim selbst für die Verpflegung mit Essen habe sorgen müssen, und das, obwohl DRK-Mitarbeiter zunächst die Zahl der Personen ermittelt hätten, die mit einer Mahlzeit versorgt werden sollten: „Am Ende haben wir sogar noch Portionen von unserem Essen anderen Leuten in der Schule überlassen.“
DRK: "Viele gingen dankbar nach Hause"
Klein erwiderte, es sei geplant gewesen, die insgesamt 225 Menschen in der Gesamtschule mit Getränken und Snacks zu versorgen. „Dann bekamen wir die Info, dass Integra die Verpflegung der Heimbewohner selbst übernimmt.“ Dass das Heim auch warmes Essen an andere Personen verteilt habe, sei unglücklich gewesen, „denn das hat zu Missmut bei denen geführt, die leer ausgingen“. Bedauerlich sei, dass die Heimleiterin mit ihrer Kritik nicht ans DRK herangetreten sei.
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Insgesamt sei der Einsatz, auch wenn es Schattenseiten gegeben habe, gut abgelaufen, betonte Klein. „Wir haben vergleichsweise viele Menschen betreut, von denen viele dankbar nach Hause gegangen sind.“