Ein Achtjähriger hatte großes Glück, als er das Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg mit nach Hause nahm. Die Granate wurde später kontrolliert gesprengt.
Nach Hause gebrachtJunge und sein Hund finden in Schleiden-Morsbach eine Weltkriegsgranate

Mit vier Kubikmetern Sand wurde die Handgranate zum Schutz abgedeckt
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Da dürfte gleich ein ganzer Trupp Schutzengel am Freitagnachmittag Überstunden gemacht und aufmerksam über einen achtjährigen Jungen und seinen Hund gewacht haben. In Morsbach zeigte sich, dass das Thema Kampfmittel auch 80 Jahre nach Ende der Kampfhandlungen in der Eifel nicht zu den Akten gelegt werden kann. Am Samstagmorgen wurde die Handgranate, die tags zuvor gefunden worden war, vom Kampfmittelbeseitigungsdienst vor Ort gesprengt.
„Die packe ich nicht an!“ Sprengmeister Marcel Biewald nahm die britische Handgranate gar nicht detailliert in Augenschein. Zu gefährlich sei die Waffe aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Und: Die Granate hatte in den Stunden zuvor einiges hinter sich gebracht, nachdem sie Jahrzehnte im Eifelboden vor sich hin gerostet hatte.
Junge und Hund spielten mit der Granate und brachten sie nach Hause
Am Freitagnachmittag war der Achtjährige aus Morsbach am Rand des Nationalparks Eifel unterwegs, um ein wenig mit Hund Buddy an einem alten Weltkriegsbunker zu spielen. Dabei entdeckte er einen seltsamen Gegenstand, den er in sein Spiel einbezog: Er warf ihn und der Hund apportierte den Gegenstand.
Mit fröhlichen Wurfspielen ging es nach Hause, wo Buddy, der dreijährige Australian Cattle Dog, stolz sein neues Hundespielzeug ins Wohnzimmer schleppte und ablegte. Der Mutter des Jungen kam die Fundsache allerdings höchst verdächtig vor, der Vater wurde hinzugerufen.

Als Spielzeug betrachtete Buddy, dreijähriger Australian Cattle Dog, die gefährliche Handgranate aus dem Zweiten Weltkrieg.
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Die Granate, kurz vor der Sprengung.
Copyright: privat/Marco Dreßen

Die fachgerechte Sprengung erledigte Marcel Biewald.
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Ein großer Spritzer Sand flog durch die Gegend, als die Granate gesprengt wurde. Schäden an den umliegenden Häusern entstanden keine.
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„Ich habe das Ding erstmal vor das Haus auf einen Stein gelegt und mit einem Eimer abgedeckt“, berichtete Marco Dreßen. Die Information, um was für ein Objekt es sich handeln dürfte, lieferte das Internet: Eine alte, britische Handgranate. Weitergehende Einzelheiten konnte dann Sprengmeister Biewald beisteuern, als er alarmiert wurde.
„Mir haben sich die Nackenhaare hochgestellt“, berichtete Biewald von seiner Reaktion auf die Geschichte des Fundes. Denn diese aus Bakelit gefertigten Handgranaten seien extrem gefährlich: „Egal, in welche Richtung sie fallen würde, sie würden sofort explodieren.“ Um die Granate sei ein Wickelband gewesen, das im Wurf den Sicherungsstift herausziehe. Wenn sie irgendwo gegenpralle, bewege eine Kugel in einer konisch geformten Kammer die Zündnadel, und die Granate detoniere. „Warum sie nicht explodiert ist, ist mir unklar“, sagte Biewald.
Die Granate in Schleiden-Morsbach wurde kontrolliert gesprengt
In der ganzen Nacht zum Samstag wurde die Granate von Mitarbeitern des städtischen Ordnungsamts bewacht. Am Samstagmorgen kam der Stab für außergewöhnliche Ereignisse (SaE) der Stadt zusammen, um über die notwendigen Evakuierungsmaßnahmen zu beraten. „Eigentlich war ein Radius von 300 Metern rund um den Sprengungsort vorgesehen“, informierte Bürgermeister Ingo Pfennings. So wurde das Dorfhaus vorbereitet, Kaffee und belegte Brötchen bereitgestellt, damit die Anwohner dort die Sprengung abwarten konnten.
Doch nachdem er die Lage vor Ort in Augenschein genommen hatte, konnte der Sprengmeister den Radius auf 100 Meter reduzieren. „So mussten nur noch fünf Häuser evakuiert werden, was den Aufwand deutlich reduzierte“, sagte Pfennings. Deren Bewohner seien als direkte Nachbarn ohnehin vorgewarnt gewesen und warteten bereits auf die Evakuierung. „Das ist der Vorteil dörflicher Strukturen, da wissen alle Bescheid“, freute sich Pfennings über die unkomplizierte Räumung des Sicherheitsbereiches.
Das beschleunigte auch den Ablauf rund um die Sprengung. Vier Kubikmeter Sand wurden auf den Eimer mit der Granate geschoben, um die Wucht der Explosion abzumildern.
Auch die scherzhafte Ankündigung Biewalds, Marco Dreßen könne mit dem dann umherfliegenden Sand die Einfahrt neu verfugen, blieb ein Witz. Der erfahrene Sprengmeister sorgte dafür, dass der Sand vor allem auf die benachbarte Wiese geschleudert wurde. Um kurz nach 10 Uhr konnte er Entwarnung geben: Sprengung erfolgreich, keine Schäden am Haus.
Die Gefahren durch die Granate
Die britische Handgranate „No. 69“ wurde aus Bakelit gefertigt, um den Zerstörungsradius der Granate zu reduzieren. Der hatte die Wurfweite eines Menschen überstiegen, was eine geeignete Deckung notwendig machte. Doch immer noch stellte die Bleikugel im Zündmechanismus bei der Detonation eine Gefahr auch für den Werfer dar.
Der Allseitenzünder der Granate ist bekannt für seine Empfindlichkeit. „Sollte die Granate nach einem Stoß nicht detoniert sein, muss sie mit extremer Vorsicht behandelt werden“, so die Internationale Vereinigung von Polizeichefs in ihrem Handbuch über die Erkennung und Handhabung von Granaten. Muss sie bewegt werden, sei es am wenigsten gefährlich, wenn sie exakt in der Position transportiert werde, in der sie gefunden worden sei.
Auf die Option eines Ereignisses wie in Morsbach sind die Autoren des Handbuchs wohl nicht gekommen: Apportierspiele mit Hunden sind nicht erwähnt.