Der Schleidener Zug ging eine Woche vor dem Straßenkarneval. Den angestammten Termin am Karnevalssamstag haben die Dreiborner besetzt.
Klein, aber feinSchleidener Karnevalszug bestand aus zwei Wagen und vier Fußgruppen

Als Bienen mit Kleinwagen waren die Ettschelder Eechhörnche unterwegs.
Copyright: Stephan Everling
Klein, kurz, aber fein – so kann das auf vier Worte eingedampfte Resümee des Schleidener Karnevalszuges lauten. Denn die blau-weißen Karnevalisten aus der selbst ernannten Nationalparkhauptstadt mussten in diesem Jahr ihren angestammten Zugtermin am Karnevalssamstag verlassen und hatten als Ersatz den Frühbuchertermin noch vor dem offiziellen Beginn des Straßenkarnevals an Weiberfastnacht gewählt.
Mit zwei Wagen und vier Fußgruppen machten sich die Karnevalisten auf den Weg durch die Stadt – eigentlich keine Anzahl, die den Schleidener Ansprüchen gerecht wird. Dafür entschädigten aber der Zuspruch des Publikums, das sich in großer Zahl am Zugweg versammelte, und die ausgesprochen gute Stimmung unter den Teilnehmern.
Die Schleidener wollen sich den Spaß nicht verderben lassen
„Jetzt erst recht, wir lassen uns den Spaß nicht verderben“, war offensichtlich das Motto. Denn die Hindernisse, die sich den Schleidenern seit Jahren in den Weg stellen, sind wirklich nicht vergnügungssteuerpflichtig. Mit Flut und Corona hatten auch andere zu kämpfen. Doch dann ist da der Neubau der Brücke über die Olef, der seit Jahren erfolgreich verhindert, dass der Zug durch die Schleidener Innenstadt gehen kann.
Der angestammte Zugtermin am Karnevalssamstag wurde im vergangenen Jahr kurzerhand von den Dreibornern okkupiert; der Versuch, beide Züge an einem Tag laufen zu lassen, nicht mehr wiederholt. Zudem wurde der Karnevalswagen der blau-weißen Schleidener bei einem Feuer zerstört, eine Halle für einen Neubau war nicht zu bekommen. Und einen zu mieten, sei aufgrund der verschärften Prüfpolitik des TÜV schwierig und teuer, so Norbert Niebes, Vorsitzender der Schleidener KG.
Gemünder stellten Kamellefabrik zur Verfügung
Schützenhilfe kam überraschend von den Karnevalisten aus der Nachbarstadt Gemünd, die in der Vergangenheit sorgsam die Rivalität der beiden Orte hochgehalten hatten. Versöhnungsaktionen gab es in den vergangenen Jahren schon viele, so dass der Anruf von „Bössje“ René Gerhards, dem Präsident der Rot-Weißen Gemünder, nur noch konsequent war.
Dabei bot er den Schleidener Kollegen die Kamellefabrik, den Gemünder Karnevalswagen, TÜV-geprüft und gepflegt, unentgeltlich zur Nutzung für den Schleidener Zug an. Einzige Bedingung: Der Wagen dürfe nicht in Blau-Weiß angestrichen werden. Was die Schleidener auch treulich einhielten. Lediglich einige Schilder, die auf die Zwischennutzung hinwiesen und unkompliziert und spurenlos wieder entfernt werden konnten, wurden am Wagen angebracht.

Die Tänzerinnen der Schleidener Garde sorgten für Stimmung.
Copyright: Stephan Everling
Ziemlich genau 1,5 Kilometer lang war der Zugweg, auf den sich die Karnevalisten machten. Von der Karl-Kaufmann-Straße ging es über die Dronkestraße, Im Auel und die Arenbergstraße zur Blumenthaler Straße und dort bis zum Driesch, wo die Auflösung war. Von den Karnevalsgesellschaften, die neben Schleiden im Stadtgebiet aktiv sind, waren nur Gemünd und Ettelscheid mit einer Fußgruppe vertreten. „Bei uns ist der Wagen noch nicht fertig geworden“, erklärte Werner Doemsky, Vorsitzender der „Ettschelder Eechhörnche“, während die Gemünder angesichts ihrer abendlichen Sitzung mit reduziertem Personal und mangels Zweit-Karnevalswagen zu Fuß unterwegs waren.
Traditionelle Karnevalsmusik von Bläck Fööss und anderen
Ihnen gesellte sich noch der Junggesellenverein Scheuren zu, der „Tierisch wild“ unterwegs war. Die Mitglieder überraschten dabei mit überzeugend karnevalistischer Musikauswahl: Statt dröhnend lauter Ballermannmucke gab es bei ihnen traditionelle Karnevalsmusik von Ostermann, Bläck Fööss und anderen zu hören, und das sogar in trommelfellkompatibler Lautstärke. Wer dagegen fehlte, waren die üblichen Fußgruppen, Schulen oder Kindergärten, die sonst das Bild bereichert hatten.
Kurzer Zugweg, ungewohnter Termin, wenig Teilnehmer – es hätte auch einen Trauermarsch geben können. Doch die Laune im Zug war bestens: Es gab Kamelle satt und reichlich Publikum. So kam zusammen, was zusammengehört. Und am Ende stand das Gefühl, dass sich vielleicht ein Weg aus den Querelen zwischen den Karnevalsvereinen im Stadtgebiet finden ließe.