Die Zukunft der Suchtklinik in Stotzheim ist offen. Die Stiftung des Marien-Hospitals prüft einen Umbau zu Wohnungen. Cafeteria ist dicht.
SeniorencampusTeure Anbaupläne für Marien-Hospital in Euskirchen sind vom Tisch
Die Pläne waren ambitioniert. Vielleicht ein wenig zu ambitioniert. 45 Millionen Euro: So viel wollte, oder vielleicht besser sollte, die Stiftung Marien-Hospital Euskirchen ins Krankenhaus am Stadtwald investieren. Was ursprünglich den Arbeitstitel „OP-Neubau“ trug, war unter dem ehemaligen Geschäftsführer der Stiftung, Andreas Schultz, längst zum Projekt „Funktionsneubau“ geworden.
Geplant waren nämlich nicht nur fünf neue Operationssäle, sondern auch zwei Herzkatheterlabore mit möglicher Hybridfunktion, die Erweiterung der zentralen Notaufnahme, Praxisräume, Umkleiden, Büros und eine eigene Energiezentrale für die Versorgung des gesamten Marien-Hospitals. Das Krankenhaus der Zukunft wird aber nicht wie geplant kommen, weil Schultz Vergangenheit ist.
Marien-Hospital: Anbau in Höhe von 50 Millionen Euro ist vom Tisch
Vor sechs Monaten war plötzlich Schluss. Aus dem Nichts heraus entband der Stiftungsrat den Geschäftsführer von seinen Aufgaben. Johannes Hartmann übernahm den Vorsitz und damit ein großes Paket an Aufgaben. Neben dem geplanten Krankenhausanbau hat die Stiftung nach wie vor zahlreiche Herausforderungen vor der Brust.
Das Theodor-Rövenich-Haus am Tuchmacherweg ist bei der Flut in Mitleidenschaft gezogen worden und seitdem nicht mehr am Netz. Das Hospiz ist ebenfalls beschädigt worden und derzeit im Krankenhaus untergebracht. Die Psychosoziale Klinik St. Martin in Stotzheim ist auch seit der Hochwasserkatastrophe geschlossen, Fenster und Türen teilweise mit Brettern verbarrikadiert. Und so ganz nebenbei ist seit geraumer Zeit die Cafeteria im Marien-Hospital geschlossen. Der Grund: Personalmangel.
„Mir macht meine Aufgabe nach wie vor viel Spaß“, sagt Hartmann im Gespräch mit dieser Zeitung. Wie lange das noch der Fall sein wird? Zumindest vertraglich bis ins kommende Jahr – wenn auch mit verringerter Arbeitszeit. Seine Ferienwohnung in Weilerswist-Süd sei gekündigt worden.
Eine Nachfolge für den spontan eingesprungenen Geschäftsführer zu implementieren, ist frühestens für das zweite Quartal 2024 vorgesehen. Bis dahin will Hartmann nach eigenen Angaben „möglichst viel in die richtigen Bahnen lenken“.
Die Anfangseuphorie nach seinem Amtsantritt sei ein wenig abgeflacht, aber die Stimmung sei immer noch positiver als vor seiner Zeit im Marien-Hospital – zumindest werde ihm das so widergespiegelt.
Euskirchen: Theodor-Rövenich-Haus wird kein Seniorencampus
Ähnlich ambitioniert wie der Krankenhausanbau war der von Schultz ins Spiel gebrachte Seniorencampus am Tuchmacherweg. Schultz sprach von einem Investitionsvolumen von etwa 80 Millionen Euro. Im bisherigen Theodor-Rövenich-Haus sollten zwischen 60 und 70 altersgerechte Wohnungen entstehen. Daneben war ein neues, fünfstöckiges Seniorenpflegeheim für 120 Bewohnerinnen und Bewohner vorgesehen.
Wie Hartmann berichtet, sind die hochtrabenden Pläne vom Tisch. Stattdessen soll zunächst das Theodor-Rövenich-Haus wieder aufgebaut werden. Seit der Flut am 14. Juli 2021 wird die vollstationäre Pflegeeinrichtung am Tuchmacherweg nicht mehr nicht genutzt.
„Unter meinen Vorgängern hatte es geheißen, dass das Haus nicht mehr zu reaktivieren sei. Deshalb sollte es zu Seniorenwohnungen umgebaut werden“, erklärt Hartmann. Nach vorliegenden Informationen seien die kalkulierten Preise aber „nicht marktgerecht“ gewesen, heißt es aus dem Stiftungsbeirat.
Zwei Probleme würde es laut Hartmann geben, wenn man den Seniorencampus-Plan weiter verfolgt. „Das Haus hat endlos lange Wege und ist sehr verschlungen“, erklärt er. Auch der Zuschnitt der Wohnungen wäre problematisch geworden. Der bauliche Zustand des Hauses sei in keinem hervorragenden, aber auch keinem schlechten Zustand.
Da seien auch noch die von seinem Vorgänger angeführten Gründe wie mangelnde Innenhöhe und mangelnder Brandschutz. Für den ersten Punkt gibt es laut Hartmann keine Bauvorschriften. Die im Flur an der Decke verlaufenden Lüftungskanäle sollen in die einzelnen Zimmer verlegt werden. „Dadurch wird mehr Platz geschaffen, aber auch der Brandschutz verbessert“, so der Geschäftsführer. Ein Teil der Zimmer müsse aber rollstuhlgerecht umgebaut werden.
Was die Sanierung derzeit verzögert, ist die Frage nach der Refinanzierung der Baukosten. Man stehe im engen Austausch mit dem Landschaftsverband, um eine Antwort darauf zu finden. „Vorgesehen ist eine Aufstockung der Einrichtung von 90 auf 120 Plätze – 100 Vollzeitpflege-, 20 Tagespflegeplätze“, sagt Hartmann. Er hofft, dass im Idealfall in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres mit den Umbauarbeiten begonnen werden kann.
Funktionsneubau am Krankenhaus wird es nicht geben
„Die bisherigen Planungen sind auf Eis gelegt“, erklärt Hartmann: „Das, was man im Haus für den Anbau hätte verändern müssen, ist komplett ausgeblendet worden.“ Man habe mehr oder weniger betriebsblind nur auf den Neubau geschielt und bei der Finanzierung auf Leistungszuwächse gesetzt, die in ihrer Form völlig unrealistisch seien.
„Einprozentige Leistungszuwächse gibt es in der Branche seit 2016/17 nicht mehr“, weiß der neue Geschäftsführer. Man müsse aber Geld in die Hand nehmen, um das Krankenhaus zu modernisieren. „Was nicht baut, lebt nicht“, so Hartmann: „Im Bereich der OP-Säle ist Handlungsbedarf, weil sie zum Teil zu klein sind, aber auch Funktionsbereiche müssen aufgewertet werden.“
Das Hospiz in Euskirchen kehrt im Januar zurück
Ein Architekt sei beauftragt worden, ein System zu entwickeln, wie man im laufenden Betrieb „etwas machen kann“, wie Hartmann es formuliert. Immer wieder in kleineren Bauabschnitten, aber auch ein kleinerer Anbau sei wohl notwendig. Das Ganze „in kontrollierter Offensive“ und nicht mit 50 Millionen Euro auf einen Schlag.
Eigentlich sollte das Hospiz bereits im September an alter Stelle zurück sein. Daraus wurde aber nichts. Nun ist Mitte Januar als anvisiertes Datum ausgegeben. „Wir sind an Verträge gebunden, die mein Vorgänger abgeschlossen hat“, erklärt Hartmann. Nach Informationen dieser Zeitung ist mit dem Generalunternehmer die Fertigstellung der Arbeiten bis Jahresende fixiert worden. „Wir sind aber nun wirklich im Endspurt“, so Hartmann.
Zukunft der Suchtklinik St. Martin in Stotzheim ist völlig offen
Schaut man durch die Glastür, hat man den Eindruck, dass die Zeit stehen geblieben ist. Im Treppenhaus des Neubaus der Psychosozialen Klinik St. Martin in Stotzheim liegt ein Schraubenschlüssel, und der braune Flutschlamm ist allgegenwärtig. Wie es mit der Suchtklinik weitergeht, ist laut Hartmann offen. Dasselbe Architektenbüro, das sich um die neuen Pläne für den Krankenhausanbau und das Theodor-Rövenich-Haus kümmert, wird sich auch dieser Immobilie annehmen.
Fest steht, dass die Suchtklinik nicht zurückkehren wird. „Wir versuchen seit Monaten herauszufinden, wie man Investivkosten für solchen Einrichtung refinanziert bekommt“, so Hartmann. Im Seniorenbereich gebe es dafür Spielregeln, bei Suchteinrichtungen gebe es die so nicht. „Zumindest haben wir sie noch nicht herausgefunden“, so Hartmann: „Das Gebäude als solches ist nach heutigen Maßstäben als Klinik nicht mehr geeignet.“ Das liege beispielsweise an den Zweibettzimmern, die es dort überwiegend gebe.
„Wir prüfen derzeit andere Nutzungen. Es kann sein, dass wir das Haus zu Wohnzwecken umbauen“, sagt der Stiftungschef. Die Stadt Euskirchen habe kein Interesse an dem Gebäude.
Ins ehemalige Restaurant Inden am Stadtwald, das von der Stiftung des Marien-Hospitals gekauft worden ist, ziehen zum 1. Dezember indische Schwestern ein, die in der Region eine Ausbildung zur Krankenhauspflegerin absolvieren.
Cafeteria im Marien-Hospital könnte bald wieder öffnen
Seit einiger Zeit ist die Cafeteria im Euskirchener Marien-Hospital geschlossen. Das könnte sich zum 1. Dezember ändern. Dann soll laut Nicole Nettersheim, Pressesprecherin des Marien-Hospitals, die personelle Situation wieder so sein, dass man dort einen Kaffee trinken kann. Laut Johannes Hartmann, dem Geschäftsführer des Marien-Hospitals, wird mittelfristig die Küche des Krankenhauses umgestellt. Auch das sei dem Personalmangel geschuldet, so Hartmann.
Denkbar sei, dass man künftig einen externen Caterer oder Versorger mit ins Boot hole. „Das würde bedeuten, dass wir keine kompletten Tabletts angeliefert bekommen, sondern Großgebinde, die dann hier vor Ort portioniert und endgegart werden“, erklärt Hartmann. Mit diesem „Cook and Chill“- Verfahren könne Personal gespart werden. Auch die Logistik sei einfacher. Dieses Verfahren sei Standard in Krankenhäusern. Das Geschirr würde weiter im Marien-Hospital gespült. (tom)