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Beeindruckende BilderAusstellung zeigt Elefanten in heutiger Euskirchener Fußgängerzone

Lesezeit 4 Minuten
Der Circus Williams ließ seine Elefanten auf der Neustraße in der Euskirchener Innenstadt vor großem Publikum Kunststücke vorführen. Die Aufnahme ist in der neuen Ausstellung des Stadtmuseums zu sehen.

Der Circus Williams ließ seine Elefanten auf der Neustraße vor großem Publikum Kunststücke vorführen. Die Aufnahme ist in der neuen Ausstellung des Stadtmuseums zu sehen.

Elefanten in der Fußgängerzone, Hundekuchen im Gewerbegebiet. Die Ausstellung im Stadtmuseum beschäftigt sich mit dem „Tier und Wir“.

Dieses Spektakel wollten sich viele Euskirchener nicht entgehen lassen. Zu Hunderten strömten sie in die Innenstadt, um zu sehen, wie fünf Elefanten durch die Neustraße zogen. Sie gehörten zum Circus Williams, der Anfang der 1950er-Jahre für ein Gastspiel in der Kreisstadt mit dem Zug angereist war.

Am Modehaus Prinz, das der Tross auf dem Weg vom Bahnhof zum Zirkusplatz passierte, führten die Dickhäuter Kunststücke vor – eine heute undenkbare Szenerie. Zu sehen ist die Werbeaktion auf einer der zahlreichen Fotografien, die von Samstag, 13. Mai, an in der neuen Sonderausstellung des Stadtmuseums Euskirchen gezeigt werden.

Mehr als 100 Exponate für die neue Sonderausstellung

Sie trägt den Titel „Tier & Wir. Kultur und Geschichte unserer Beziehung“. Museumsleiterin Dr. Heike Lützenkirchen und ihr Team haben mehr als 100 Exponate zusammengetragen, die das komplette zweite Obergeschoss des Hauses einnehmen.

Die Ausstellung illustriert eindrucksvoll, dass Tiere in zahlreichen Bereichen wie selbstverständlich im Alltag des Menschen vertreten sind – „nicht nur als Haustier“, so das Museum, „sondern auch als Gefährte im Alltag, als Hobby in der Freizeit, als Schmusetier im Kinderzimmer, als Held im Film, als Attraktion im Zirkus oder als Steak auf dem Teller“. Darüber, wie Tiere behandelt und gehalten werden, „entscheiden gesellschaftliche Werte und Vorstellungen“.

Ausstellung im Stadtmuseum verdeutlicht wechselvolle Beziehung zwischen Mensch und Tier

Die wechselvolle Beziehungsgeschichte von Menschen und Tieren beleuchtet die Schau anhand von Beispielen aus Euskirchen in den vergangenen 150 Jahren, und das in sechs Abteilungen mit jeweils einer Tierart im Mittelpunkt. Neben dem Elefanten stehen Rind, Pferd, Hirsch, Kaninchen und Hund im Mittelpunkt.

Die Aufnahmen stammen aus der historischen Fotosammlung des Stadtarchivs, die meisten anderen Exponate aus dem Museumsbestand. Auch Leihgaben zweier LVR-Freilichtmuseen werden präsentiert: ein Pferdeschlitten aus Kommern und ein Hundekarren aus Lindlar, der in der Zeit um 1910 zum Einsatz kam. „Kaum zu glauben, dass so ein schweres Teil von einem Hund gezogen wurde“, sagt Lützenkirchen.

Hunde als Zugtiere einzusetzen war früher üblich. Das Bild entstand um 1900 an der Neustraße. Das Bild zeigt Hunde vor einem Karren.

Hunde als Zugtiere einzusetzen war früher üblich. Das Bild entstand um 1900 an der Neustraße.

Was man den Vierbeinern damals alles zumutete, lässt sich an der Bescheinigung eines Amtstierarztes ablesen, wonach ein Dalmatiner Lasten bis zu 100 Kilogramm schleppen durfte. Jahrzehnte später das umgekehrte Bild: Jetzt wird der Hund gefahren, wie ein Kleinkind in einem Buggy, wie ein weiteres Ausstellungsobjekt zeigt. „Aus dem Nutztier ist ein Sozialpartner geworden und für viele ein Familienmitglied“, erklärt Lützenkirchen.

Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt, Museumsleiterin Heike Lützenkirchen (M.) und ihre Mitarbeiterin Maja Kützemeier stehen im Stadtmuseum Euskirchen an einem Hundekarren.

Am Hundekarren: Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt, Museumsleiterin Heike Lützenkirchen und Mitarbeiterin Maja Kützemeier (r.).

Ähnlich ist es beim Pferd, „ohne das die Entwicklungsgeschichte des Menschen anders ausgesehen hätte“, sagt die Museumsleiterin. Sie verweist auf die Verwendung als Arbeitstier, etwa in der Landwirtschaft, im Handel oder als Kutschenzugtier bei der Post, und nicht zuletzt als Schlachtross, zu dem viele Soldaten eine emotionale Bindung aufbauten. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden viele Pferde, die „gedient“ hatten, sogar offiziell als „Kriegskamerad“ geehrt. Heute ist ein Pferd häufig ein Freizeitpartner, ergänzt Heike Lützenkirchen.

Albert Latz produziert Hundekuchen in Euskirchen

In diesem Zusammenhang taucht Euskirchen in der Ausstellung als Sportstadt auf – dank des Turniergeländes an der Erft, wo der Reiterverein Enzen-Euskirchen zum Beispiel 1969 die Junioren-Europameisterschaft in der Vielseitigkeit ausrichtete und zwei Jahre später die deutschen Spring- und Dressurtitelkämpfe.

Schon lange vorher – zurück zum Hund – war Euskirchen auch als Stadt bekannt geworden, in der Albert Latz Hundekuchen produzieren ließ. Aus seiner 1905 gegründeten Fabrik in der Gerberstraße entwickelte sich ein Werk, das Ende der 1960er-Jahre an den Stadtrand zog, in die Nähe der Roitzheimer Straße, und heute unter dem Namen Nestlé Purina zu einem Weltkonzern gehört.

Ebenfalls an der Peripherie wurde 1903 der Schlachthof erbaut – „mit dem Effekt, dass der Schlachtvorgang, der sich vorher wie selbstverständlich in den Metzgereien im Zentrum vollzog, dem Bewusstsein der Menschen entzogen wurde“, nennt Lützenkirchen ein weiteres Beispiel für den Wandel im Miteinander von Tier und Mensch.

Bürgermeister Sacha Reichelt lobte bei einem Vorabtermin die Arbeit des Stadtmuseums im Allgemeinen und die facettenreiche Sonderausstellung im Besonderen: „Hier allein kann man sich schon einen ganzen Nachmittag aufhalten.“


Das Stadtmuseum (Wilhelmstraße 32-34) zeigt die Ausstellung vom 13. Mai bis zum 15. Oktober. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag, 15 bis 18 Uhr; Samstag, 11 bis 15 Uhr; Sonn- und Feiertage, 11 bis 18 Uhr. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der zum Preis von 15 Euro im Museum zu erwerben ist.