In der Euskirchener Zuckerfabrik herrscht Hochbetrieb. Während der Rübenkampagne werden dort 11.000 Tonnen Rüben täglich verarbeitet.
Trotz schwierigem JahrDie Rübenkampagne in Euskirchen ist zwei Wochen früher gestartet
Schon das vergangene Jahr war nicht einfach für die Rübenbauern. Im Spätsommer gab es viel Regen, die Ernte war schwierig. Und es sollte nicht wirklich besser werden. Die Böden waren zu Beginn dieses Jahres so vollgesogen mit Wasser, dass statt Ende März erst Mitte April mit der Aussaat begonnen werden konnte. Und auch dann regnete es zwischendurch immer wieder so viel, dass erst Anfang Juni die letzten Rübensamen in der Erde waren.
Andreas Gehlen kennt die Sorgen und Nöte der Landwirte. Er ist Leiter Landwirtschaft in der Euskirchener Zuckerfabrik von Pfeifer & Langen. Und er kennt die Ansprüche der Rübe, von der er schon fast liebevoll spricht: „Wenn es eines gibt, das sehr empfindlich ist, dann ist es die junge, kleine Rübe.“ Zu viel Nässe behagt ihr nicht, andererseits können die Böden, wenn sie trocknen, so hart werden, dass die Pflänzchen es nicht ans Licht schaffen. Mancher Landwirt habe schlaflose Nächte gehabt. Andreas Gehlen: „Der Start war alles andere als schön, aber die Rübe hat sich durchgekämpft.“
440 Rüben-Lastwagen rollen täglich auf das Werksgelände in Euskirchen
Mittlerweile hat die Rübenkampagne begonnen, 14 Tage früher als in den vergangenen Jahren. Und der Ertrag wird nach Einschätzung des Fachmannes überdurchschnittlich. Der Zuckergehalt sei aber noch ausbaufähig. Das bestätigt Dr. Karl Otto Ditges, Landwirt aus Derkum. „In den letzten Wochen war Zuckerwetter“, sagt er. Die Tage waren warm, so dass die Rübe Zucker bilden konnte, die Nächte so kühl, dass sie ihn nicht wieder „ausgeatmet“ hat.
Seit dem 19. September rollen die Lastwagen voll beladen mit Knollen auf das Werksgelände – rund 440 Touren pro Tag. Der klassische Rübentraktor, der mit hoch beladenen, offenen Anhängern vom Feld zur Fabrik fuhr, ist ein Auslaufmodell. Verlorene Zuckerrüben in den Kurven sieht man kaum noch, seitdem die meisten Landwirte nicht mehr selbst anliefern, sondern Lohnunternehmen oder Maschinenringe mehr als 90 Prozent der Fahrten organisieren.
Die Rübenkampagne in Euskirchen läuft bis Weihnachten
11.000 Tonnen Rüben verarbeitet die Fabrik täglich, angeliefert werden aber 13.000 bis 14.000 Tonnen. Denn bis zum Ende der Kampagne, üblicherweise zu Weihnachten, läuft das Werk voll ausgelastet. Auch an Wochenenden und Feiertagen, wenn keine Rübenlaster auf den Hof rollen.
Bis aus der knorrigen Knolle feiner, weißer Zucker geworden ist, dauert es gerade mal 24 Stunden. Markus Coenen, Produktionsleiter Grundproduktion, erklärt die Abläufe. Wasser spielt dabei eine große Rolle: beim Reinigen der Rüben, beim Transport. Sie schwimmen quasi auf dem eigenen Waschwasser zum nächsten Verarbeitungsschritt. Wenn sie sauber sind, werden sie fein geschnitten – die Rübenschnitzel sehen ein bisschen wie Pommes frites aus. Ebenfalls mit Wasser wird dann der Zucker herausgelöst. Das Wasser wird verdampft, der Dicksaft „geimpft“, damit sich schneller Kristalle bilden.
Die Euskirchener Fabrik nutzt keine Braunkohle mehr
Bei der Zuckerproduktion, erklärt Coenen, gehe kein Rohstoff verloren. Die ausgelaugten Rübenschnitzel werden zu Viehfutter, ein Teil wird in den Papiertüten verarbeitet, in denen der Kunde den Zucker später kauft. Außerdem wird Carbokalk gewonnen, der auf dem Acker als Dünger ausgebracht wird. Wie auch die Rübenblätter mittlerweile auf dem Feld bleiben, um Nährstoffe für die nächsten Feldfrüchte zu bilden.
Die getrockneten Reste der Rübenschnitzel sollen demnächst noch einem neuen Zweck zugeführt werden: in einer Biogasanlage. Denn Pfeifer & Langen hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2040 in allen seinen Werken in Europa – 13 sind es insgesamt – klimaneutral zu produzieren. „Die Zuckerfabrik Euskirchen produziert in ihrem Dampfkraftwerk Strom über den eigenen Bedarf hinaus“, sagt Coenen.
Im vergangenen Jahr ist ein Kessel im Werk auf Holzpellets umgestellt worden. Die haben einen ähnlichen Brennwert wie Braunkohle, so der Produktionsleiter. Von der habe man sich komplett verabschiedet, neben den Holzpellets werde Gas genutzt.