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„Bewegte Freude“Ü60-Tanzkurs in Euskirchen bringt den Körper in Schwung

Lesezeit 4 Minuten
Fünf Menschen tanzen in einem Raum.

Anna Simonsmeier tanzt inmitten der Teilnehmenden des Ü60-Tanzkurses „Bewegte Freude“.

Anna Simonsmeier leitet in Euskirchen einen Tanzkurs, der sich an Menschen richtet, die nicht mehr so beweglich wie früher sind.

„Wir tauchen direkt ein“, sagt Anna Simonsmeier mit warmer Stimme zu Beginn des Tanzkurses „Bewegte Freude“ für Menschen, die über 60 Jahre alt sind. Die drei Teilnehmerinnen Ingeborg (70), Isabel (66) und Birgit (70) sowie Teilnehmer Horst (71) aus Euskirchen sitzen ihr gegenüber in einem lichtdurchfluteten Raum.

Backstein-Elemente sind an einer weißen Wand. Alle schauen die 27-jährige Kursleiterin erwartungsvoll an. Der Raum am Rüdesheimer Platz wird sonst für Yoga genutzt – hiervon zeugen ein Gong und eine kleine buddhistische Statue an den Seiten.

Euskirchen: Tanzkurs wird speziell für Menschen Ü60 angeboten

Zu den entspannten Klängen von „Abbusey Junction“ von Kokoroko lockern sich die Senioren unter der Anleitung von Simonsmeier. Die 27-Jährige hat am Zentrum für Zeitgenössischen Tanz (ZZT) der Hochschule für Musik und Tanz in Köln studiert.

Ein älterer Herr und eine ältere Frau sprechen mit einer Frau.

In Ruhephasen tauschten sich die Tänzerinnen und der Tänzer gerne aus.

Vor zwei Jahren ist sie nach Euskirchen gezogen. Im Tanzkurs verwendet sie eine bildhafte Sprache. „Wir bewegen uns wie Wasser“, sagt sie, während sie mit ihren Armen sanft Wellenbewegungen nachvollzieht.

Mit „Bewegte Freude“ wolle sie Menschen einen Zugang zum Tanzen bieten, die körperlich nicht mehr so beweglich seien wie früher. Hierfür lasse sie sich vom Gaga-Tanzen inspirieren. „Im Kurs soll keine Perfektion an der Form erreicht werden“, erklärt Simonsmeier: „Wie der Name schon sagt, steht die Freude an der Bewegung klar im Vordergrund.“

Nachbarn aus Viehplätzchen-Viertel besuchen den Tanzkurs

Diese Freude ist den Kursteilnehmerinnen und dem Teilnehmer anzusehen. Beim gemeinsamen Dehnen entfährt ihnen einige Male ein zufriedenes Seufzen. „Mein Schultergelenk ist oft belastet“, merkt Birgit an. Das Dehnen tue ihr sehr gut.

Sie besucht den Kurs mit ihrem Nachbarn Horst. Die beiden wohnen gleich um die Ecke im Viehplätzchen-Viertel. Birgit sagt über den Ü60-Tanzkurs: „Wir machen etwas zwischen Gymnastik und Tanzen. Anna macht das toll.“ Die 70-Jährige berichtet, dass sie Anna Simonsmeier zufällig in einem Café begegnet sei. Laut Simonsmeier seien sie gemeinsam auf die Idee zu dem Kurs gekommen.

Tänzerinnen und Tänzer können sich Lieder von früher wünschen

Nachdem sich die vier wie „Metronome“ hin- und hergewiegt haben, geht es in den Stand. „Wer Pause machen möchte, macht Pause“, sagt sie und stellt etwas schnellere Musik an: „Bus Stop“ von The Hollies.

Ein Mann steht vor mehreren Menschen, die sich auf Stühlen bewegen.

Bewegung zu altbekannten Liedern: Ob im Stehen oder Sitzen – das ist hier nachrangig.

Der Song laufe hier nicht zum ersten Mal, so Simonsmeier. Sie habe die Seniorinnen und den Senioren in einer der ersten Stunden nach Liedern gefragt, die sie mit Tanzen verbinden. „Ich habe früher auf Partys mehr getanzt als gegessen und getrunken“, berichtet Ingeborg verschmitzt. Einige der Zeilen werden von den Anwesenden mitgesungen oder mitgesummt.

Während des Tanzen wird viel gelacht

„Wir drehen die Wirbel, als wollten wir ein Handtuch auswringen“, sagt die Kursleiterin. Danach soll versucht werden, alle Gelenke gleichzeitig zu bewegen. Horst kommentiert den „Schlangentanz“ damit, dass alle Gliedmaßen elastisch seien – nein, gewesen seien. „Und darum habe ich beim Kunstturnen immer gefehlt“, erwidert Isabel grinsend.

Beim schnelleren Bewegen wird der Tanzgruppe warm. „Die Heizung von innen geht an“, sagt Simonsmeier. „Das ist auch umweltfreundlicher“, scherzt daraufhin Birgit. Es wird viel gelacht und gescherzt beim Tanzen.

Dieser Kurs ist genial für Menschen, die Einschränkungen haben.
Anna Simonsmeier, Leiterin des Tanzkurses „Bewegte Freude“

Nach einer Trinkpause und der Rückversicherung, dass Stehen gerade okay ist, bringt die Tanzlehrerin die Aussprache der Namen der Anwesenden in Verbindung zu einem Rhythmus, der gestampft wird. Birgit fragt Horst, ob er einen Zweitnamen habe. „Verrate ich nicht“, entgegnet der lachend. Die Dynamik in der Gruppe passt.

Nach den Eigennamen werden weitere Worte rhythmisch verarbeitet. Auch „Eeeus-kirch-en“ wird in Variationen ausgesprochen. Zum Abschluss erklingt auf Wunsch der Teilnehmenden „Me and Bobby McGee“ von Janis Joplin. Ein ausgelassener Impro-Tanz beschließt den Kurs.

„Bewegte Freude“ findet montags ab 10.30 Uhr im zweiwöchigen Takt am Rüdesheimer Platz 1 statt. Der Ü60-Tanzkurs läuft noch bis Anfang Dezember, Neueinsteiger sind willkommen. Simonsmeier zufolge ist eine grundlegende Offenheit wichtig. „Dieser Kurs ist genial für Menschen, die Einschränkungen haben“, fügt sie an.


Worum es beim Gaga-Tanzen geht

Der Tanzkurs, den Anna Simonsmeier für Menschen ab 60 Jahren anbietet, wird ihr zufolge stark vom israelischen Gaga-Tanzen beeinflusst. Gaga wurde von Ohad Naharin begründet.

Es handelt sich um eine Bewegungssprache, mit der Formen und Körperbewegungen reflektiert und umgedacht werden sollen. Simonsmeier zufolge beruhe die Tanzsprache aber nicht auf Formen, sondern orientiere sich eher an Bildern. Das Gaga-Tanzen wird weltweit praktiziert.