Joe Bausch, Schauspieler aus dem „Tatort“ und echter Arzt, berichtete in Euskirchen über seine Arbeit am Set und im Gefängnis.
Blutspuren in EuskirchenTatort-Gerichtsmediziner Joe Bausch und die echte Filmleiche
Für den Tatort-Schauspieler und Arzt Joe Bausch ist es gleich eine doppelte Premiere gewesen: Er trat zum ersten Mal in Euskirchen auf und präsentierte erstmals sein Buch „Verrücktes Blut: Oder: Wie ich wurde, wer ich bin“. Das vierte Buch des 71-jährigen Westerwälders, der mit bürgerlichen Namen Hermann Josef Bausch-Hölterhoff heißt, ist sein persönlichstes. Namentlich fügt sich der Titel im Gegensatz zu den Leichen im Kölner Tatort, mit denen Bausch in seiner Rolle als Gerichtsmediziner Dr. Joseph Roth zu tun hat, nahtlos in die Programmreihe „Blutspuren“ ein.
„Auf der Bühne ist der Kontakt zum Publikum direkt, mit viel Freestyle. Das gibt es beim Tatort nicht“, sagte Bausch. Die Nähe im gut gefüllten Stadttheater machte Bausch sichtlich Spaß. Er stand über zwei Stunden unter Strom, sprang über die Bühne, gestikulierte viel, erzählte von seiner Herkunft, seiner Arbeit als Arzt – und als Schauspieler beim Tatort.
„Wir drehen eine Szene den ganzen Tag“, berichtet Bausch über die Arbeit am Film-Set – was auch unangenehme Folgen haben kann. Und:„Eine Leiche zu spielen, macht keinen Spaß.“ Trotz Neoprenanzug habe eine junge Frau nach einem Drehtag als Leiche im Rhein schwere Erfrierungen gehabt. Die 100 Euro, die sie für diese Statistenrolle erhalten habe, sei das nicht wert.
Am Set kommt es zu Kollisionen zwischen Rolle und Fachwissen
Danach kam es im Stadttheater zu einen der wenigen Momente, in denen Bausch sich hinsetzte. Verschwörerisch lehnte er sich vor und erzählte von einem Dreh in der Kühlkammer eines Krankenhauses. Der „große Kühlschrank“ (Bausch) hätte leer sein sollen – doch nach einer Pause habe plötzlich eine echte Leiche darin gelegen. Die Leichen-Schauspielerin kehrte, nachdem die Leiche weggebracht war, äußerst ungern in ihre Position zurück, berichtete Bausch.
In Euskirchen machte Bausch auch deutlich, dass es zu Kollisionen zwischen seiner Rolle als Dr. Roth und seinem Fachwissen als Arzt im echten Leben kommen könne. „Wenn ich aus dem Mageninhalt den Todeszeitpunkt lesen kann, geht das höchstens, wenn eine Uhr verschluckt wurde.“ Solche Vorstellungen von Drehbuchautoren rücke er nach Möglichkeit gerade und erhalte im Austausch mit medizinischen Kolleginnen und Kollegen Lob dafür.
Was viele vergessen: Joe Bausch ist auch im echten Leben Arzt
Die vermeintliche Nähe seiner beiden Berufsfelder führt Bausch zufolge auch zu irrwitzigen Situationen. Im Zug von Hamm nach Berlin habe es eine Durchsage nach einem Arzt gegeben. Der Mann neben ihm sagte: „Ey, das ist doch was für dich.“ Als er den Schaffner nach dem Weg zum Wagen 37 fragte, habe dieser entgegnet: „Erstens ist das im anderen Zugteil, zweitens ist das für dich noch zu früh.“ In einer anderen Situation soll ein Patient bei dem Anblick Bauschs das Bettlaken über den Kopf geworfen und gesagt haben, dass er nicht tot sei.
Dies kommt beim Publikum gut an. „Wir finden es sehr kurzweilig, sehr interessant. Er macht das mit einer tollen Normalität“, sagte der 58-jährige Leverkusener Ralf Portratz. Die 44-jährige Susanne Kuss lobte die lebendige Vortragsweise: „Es macht Spaß zuzuhören, und es kommt superehrlich rüber.“
Ein Autogramm von Joe Bausch als Druckmittel einer Häftlings-Mutter
Auch berichtete Bausch aus seiner 30-jährigen Berufserfahrung als Gefängnisarzt in der Justizvollzugsanstalt Werl – zu der auch eher komische Begebenheiten gehörten. Ein „Schrank von Häftling“ habe ihn nach einem Autogramm gefragt: Seine Mutter habe gedroht, ihn nicht mehr anzurufen, sollte er keine Unterschrift ergattern können. Während seiner Zeit im Gefängnis habe es neben positiven Reaktionen auf seinen Schauspieljob auch negative Kommentare gegeben: „Am Anfang war ich Kojak, danach Doc Hollywood. Einige sagten, ich solle doch beim Fernsehen bleiben.“
Auch seine Jugend thematisierte Bausch – inklusive dem mit Freunden aus Holland geschmuggelten Kilo Marihuana. Offen spricht er über das schwierige Verhältnis zu seinem Vater, über Gewalterfahrungen und den Missbrauch durch seinen Pflegebruder: „Opfer haben keinen Grund, sich zu schämen, das sollten sich die Täter.“ Im Austausch mit dem Publikum gelingt ihm der Spagat zwischen humorvollen Anekdoten und düsteren Erfahrungen.
„Blutspuren“: Cold Cases und aktuelle Verbrechen
Bei der Veranstaltungsreihe „Blutspuren“ werden Cold Cases und aktuelle Verbrechen thematisiert. Hierfür unterhält sich Dr.-Ing. Tino Grosche mit Rechtsmedizinern, Forensikern und Mitarbeitern des Justiz-Apparats. Einige Fälle werden auch als Podcasts vorgestellt. Eine Terminübersicht findet sich auf der Webseite.