Die drei Mitglieder des Euskirchener Dreigestirns waren sich schnell einig. Dennoch mussten sie lange auf den Triumph warten.
ProklamationGutes Timing für Euskirchener Dreigestirn und Narrenzunft – wegen Corona
Seit dem frühen Nachmittag gab es für Martin Niessen keine ruhige Minute mehr. „Ich glaube, die drei haben da erst richtig gemerkt, dass es langsam wirklich ernst wird“, berichtete Ehefrau Conny Niessen lachend. Neben ihrem Gatten, der am Samstag zur Jungfrau Martina der Stadt Euskirchen proklamiert werden sollte, fieberten nämlich auch der designierte Prinz Tobi I. (Wiesen) und sein Bauer Sascha (Kremp) ihrem großen Augenblick entgegen.
Viel zu langsam schienen die letzten Stunden zu vergehen. Dabei hatte das Trio im Vorfeld lange Zeit, sich auf den großen Moment vorzubereiten. „Die Idee, Tollitäten von Euskirchen zu werden, ist an Weihnachten 2018 geboren und war innerhalb weniger Stunden fix“, sagte Tobias Wiesen.
Er habe eine Whatsapp-Nachricht von Martin Niessen erhalten, wenige Stunden nachgedacht und abends zugesagt – zumindest seinem Narrenzunft-Freund. Das Gespräch mit seiner Frau habe da aber noch ausgestanden. „Es wurde die kürzeste Diskussion mit meiner Frau, die ich je geführt habe. Sie hat mir sofort die Absolution erteilt“, so das neue karnevalistische Oberhaupt der Kreisstadt.
Mit dem Dritten im Bunde, Sascha Kremp, sprachen sie dann bei einem Training der Ehrengarde, in der das Trio tanzt. Auch dieses Gespräch habe nur wenige Augenblicke gedauert. „Wir haben es sofort mit einem Kölsch besiegelt und seitdem freuen wir uns darauf. Und sind jetzt auch froh, dass es endlich richtig losgeht“, so Wiesen.
Prinz Tobi I. von Euskirchen steht besonders auf Bläck-Fööss-Lieder
Und was hört die neue Tollität am liebsten? „Das ultimative Karnevalslied gibt es nicht. Es ist immer stimmungsabhängig“, sagt der Prinz. „Aber die älteren Lieder der Bläck Fööss sind schon gut. Ich mag ,Wenn et Leech usjing em Roxy' schon sehr.“
Auf diesen Titel der Bläck Fööss musste die Tollität während der Sitzung in der Alten Tuchfabrik in Euskirchen zwar zunächst verzichten, dafür zählte der Einmarsch in die voll besetzte Halle zu den bislang aufregendsten Augenblicken im Leben der drei Vollblutkarnevalisten.
„So einen geilen Gänsehautempfang erlebt man wirklich nur selten. Und ich bin sicher, dass wir dieses Ereignis noch lange im Gedächtnis behalten werden“, freute sich Prinz Tobi I..
Tatsächlich gaben die rund 750 bunt kostümierten Närrinnen und Narren alles, um ihre Tollitäten in ihrem neuen karnevalistischen Wohnzimmer willkommen zu heißen. Lediglich Bauer Sascha gelang es, mit seinem Gesang von Zeit zu Zeit die lautstarken Jubelrufe der närrischen Untertanen sogar noch zu übertönen, während das Trio die insgesamt 600 „Blömcher“ in der Menge verteilte.
Bürgermeister Sacha Reichelt proklamierte auch seinen Mitarbeiter
„Wenn einem so eine Schönheit auf dem Kirmesplatz begegnet, dann bin ich sicher, dass einige von uns schwach werden könnten“, scherzte Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt mit einem Blick auf Jungfrau Martina. Während der Proklamation durfte der erste Bürger der Stadt seiner Lieblichkeit nicht nur den obligatorischen Spiegel, sondern angesichts der langjährigen Verdienste im Euskirchener Karneval auch den Orden der Stadt überreichen.
Seit 48 Jahren ist Martin Niessen schon von Kindesbeinen an fester Bestandteil der Narrenzunft und durfte nach seinem Vater bereits als zweites Familienmitglied diese Auszeichnung entgegennehmen.
Ebenfalls zum zweiten Mal durfte Sacha Reichelt am Samstag auch ein Mitglied der Stadtverwaltung in den Reihen des Dreigestirns willkommen heißen. „Sascha Kremp passt als Männlichkeit des Bürgerbüros perfekt ins Bild des staatse Buurs. Und man merkt bei allen Dreien, dass sie mit ganzem Herzen bei der Sache sind“, so Reichelt.
„Ich bin ja schon froh, dass Bauer Sascha sich heute noch nicht den Protesten der Landwirte angeschlossen hat, sondern hier mit uns feiert“, stimmte Prinz Tobi I. lachend zu.
Pünktlich zum Jubiläum stellt die Narrenzunft das Dreigestirn
Ebenso emotional wie die Proklamation des Dreigestirns soll auch die gesamte Session unter der Führung der neuen Tollitäten ausfallen, versprach Hans-Josef Schneider, Präsident der Narrenzunft: „Zum ersten Mal in der Geschichte der Narrenzunft stellen wir ein Dreigestirn für die Stadt Euskirchen. Dass dies ausgerechnet in unserem Jubiläumsjahr zum 75-jährigen Bestehen gelingt, macht jede Minute zu etwas ganz Besonderem.“
Dies sei eine der ganz wenigen positiven Aspekte, die man der coronabedingten Zwangspause der letzten Jahre abgewinnen könne, so Schneider: „Eigentlich hätten die drei schon deutlich früher auf ihrem Thron Platz genommen. Jetzt haben wir dafür doppelten Grund zur Freude.“
Getreu dem Sessionsmotto „Nur zu Hause vergisst man seine Sorgen – in Euskirchen, da fühlt man sich geborgen“ ließen die begeisterten Karnevalsfreunde ihre närrischen Regenten hochleben und teilten die Aufforderung des Dreigestirns, die Kürze der Session durch noch mehr Energie und Leidenschaft auszugleichen.