Das Orchester, das oft in Euskirchen auftritt, gab in Flamersheim ein Zusatzkonzert. Mit seinen Evergreens kam es beim Publikum gut an.
Konzert in FlamersheimSalon-Ensemble Beda ist nach der Flut wieder da
Schon die ersten Töne von „Musik, Musik, Musik“ zauberten ein Lächeln in die Gesichter der Gäste. Hände, Füße und Köpfe gingen sogleich in rhythmische Bewegungen über. Mit dem Lied, das erstmals 1939 von Marika Rökk, begleitet von einem Orchester unter der Leitung von Michael Jary, veröffentlicht wurde, hatte das Salon-Ensemble Beda den Nerv des Publikums getroffen. Die Musiker hatten ins katholische Gemeindehaus in Flamersheim zu einem Zusatzkonzert geladen.
Der Evergreen, den Peter Kreuder komponiert hat und dessen Text von Hans Fritz Beckmann stammt, war Teil der „Musikalischen Zeitzeichen 1860-1960“, mit denen das Ensemble sein Können zeigte. Dabei beleuchteten die Musiker ein Jahrhundert der Umbrüche mit bekannten Melodien und frechen 1920er-Jahre-Chansons – von „La Paloma“, 1863 in Mexiko entstanden, über „Ein Freund, ein guter Freund“ aus dem Film „Die drei von der Tankstelle“ bis hin zu Caterina Valentes „Komm ein bisschen mit nach Italien“.
Beim Konzert in Euskirchen waren viele Stammgäste leer ausgegangen
Bei dem Konzert im Gemeindehaus bot das Ensemble den rund 80 Gästen einen Querschnitt seines Repertoires dar. „Normalerweise ist das hier unser Probenraum“, erklärte Brigitte Hoffmann-Loss den Besuchern, die mit diesem Auftritt eine zweite Chance erhielten. Denn die Veranstaltung „16. Salon bei Kramer“ Ende Januar im Café Kramer in Euskirchen war nach zwei Tagen ausverkauft, viele Stammbesucher gingen damals leer aus.
Diese zusätzliche Gelegenheit ließen sich auch Jutta und Axel Schlesiger nicht entgehen. „Wir sind seit mindestens zehn Jahren Stammgäste“, verriet Axel Schlesiger während der Pause. „Uns gefallen besonders die kulturelle Vielfalt und die Qualität der Darbietung“, so der Bad Münstereifeler. „Hinzu kommen die vielen Erklärungen zu den Liedern, Textern und Komponisten“, fügte Jutta Schlesiger hinzu: „Uns ist keine Minute langweilig.“
Lothar Ladentin spielte früher in der Big Band der Bundeswehr
Axel Schlesiger zeigte sich zudem beeindruckt davon, welche Töne Lothar Ladentin seiner Tuba entlockte. Der ehemalige Musiker der Big Band der Bundeswehr ist eigens für das Salon-Ensemble Beda von der Bassposaune auf das tiefste der Blechblasinstrumente umgestiegen. „Er war auch das Schieben des Zuges leid“, verriet Brigitte Hoffmann-Loss am Rande der Veranstaltung. Sie ist seit 15 Jahren festes Mitglied des Ensembles und hatte nicht nur ihre Geige musikalisch im Griff, sondern moderierte auch den Abend.
Kess, keck und zuweilen unverfroren nahm sie das Publikum mit auf eine Zeitreise, die nicht nur musikalisch vieles zu bieten hatte. Es sei dem Ensemble nämlich auch ein Anliegen, „vergessene Künstler wieder ins Gedächtnis zu rufen“, sagte sie.
Fritz Löhner-Beda, Namensgeber des Orchesters, wurde in Auschwitz ermordet
Etwa Fritz Löhner-Beda, der Namensgeber des Ensembles. „Als Textdichter von ,Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren' oder ,In der Bar zum Krokodil', als Goethe-Plagiator, als promovierter Jurist, als Gründer und Präsident eines Fußballvereins, als Verachter der Nationalsozialisten, der mit dem sogenannten Prominententransport nach Dachau gebracht und in Auschwitz ermordet wurde, steht Fritz Löhner-Beda exemplarisch für Künstler jener Zeit“, erläuterte die Geigenlehrerin. Als Textdichter habe Beda Hunderte von Schlagern geschrieben, die anderen zu Erfolgen verhalfen. Trotzdem habe sein Name nach der Nazi-Zeit kaum noch eine Rolle gespielt.
Beachtenswert war auch das Hintergrundwissen zum Lied „Die Kleptomanen“, das Mischa Spoliansky 1928 komponiert hatte. Es liefert der Moderatorin zufolge nicht nur Einblicke in die damals neue Welt der Warenhäuser, sondern auch in die neuen Ansätze der Psychoanalyse in dieser Zeit rund um Lustprinzip, Libido und Ödipuskomplex.
Brigitte Hoffmann-Loss glänzte in Flamersheim auch als Sängerin
Darüber hinaus bewies Hoffmann-Loss bei diesem Lied ihr gesangliches Können, einzig begleitet von Robert Cramer. Der ehemalige Garten- und Landschaftsbauer ist seit seiner Kindheit leidenschaftlich mit der Musik verbunden und letztlich Geburtshelfer des Salon-Ensembles.
„Früher hatte jedes Dorf sein Salonorchester“, erklärte der Rentner, der seinen musikalischen Beitrag mit seinem Akkordeon lieferte. „Über die Jahre bin ich von vielen Privatleuten angesprochen worden, die mir ihre Notensammlungen angeboten haben.“
„Corona und die Flutkatastrophe haben uns in den Bankrott geführt“
Ein geerbter Notenschrank mit rund 1400 Titeln schönster Salonmusik führte dann auch zur Gründung des Ensembles. „Für mich begann damit die Suche nach den Musikern“, erinnert Cramer. Zum Ensemble gehört auch Hella Wallbaum, Leiterin der Musikschule in Ahrweiler. Konzertpianistin Annette Ferber ist erst seit jüngster Zeit dabei. Peter Odenthal aus Odendorf war mit seiner Geige diesmal als Gastmusiker mit von der Partie.
Dabei war es zeitweise fraglich, ob es überhaupt noch zu solchen Auftritten kommen könnte. „Corona und die Flutkatastrophe haben uns in den Bankrott geführt“, berichtete Cramer: „Nach dem 14. Juli 2021 war alles weg: Noten, vereinseigene Musikinstrumente, Technik.“
Erst ein Zusammentreffen der Akteure im Frühjahr 2022 und die Gründung eines Vereins hätten zur Rettung geführt. „Dank staatlicher finanzieller Hilfen konnten wir ein E-Piano, ein Akkordeon und neue Technik erwerben“, so Cramer.
Ein Geigenlehrer der Musikschule Euskirchen leitet die Proben
Einmal wöchentlich übt das Ensemble nun mit Viktor Wittmann. Der Geigenlehrer, der an der Musikschule Euskirchen tätig ist, leitet die Proben. „Er passt auf, dass wir so schön spielen, wie wir spielen“, lobte Hoffmann-Loss den Coach.
Nach dem sehr unterhaltsamen Abend, der unter anderem die Hits „Im weißen Rössl am Wolfgangsee“ und „La Cumparsita“ sowie manche spannende Geschichte drumherum für das Publikum vorhielt, bereitet das Ensemble schon das nächste Highlight vor. Am Samstag, 28. September, soll im Café Kramer in Euskirchen der „17. Salon bei Kramer“ stattfinden, als Mitsingkonzert.