Zwei Polizisten wurden bei einem Einsatz am Neujahrsmorgen verletzt. Der Vorfall wird nun vor dem Amtsgericht Euskirchen verhandelt.
Prozess am AmtsgerichtEuskirchener soll Polizisten geschlagen, getreten und bespuckt haben
Es klang nach einem Allerweltseinsatz, als eine Polizeistreife am Neujahrsmorgen 2024 gegen 6.45 Uhr zu einem Mehrfamilienhaus in der Euskirchener Innenstadt beordert wurde. Jemand habe dort randaliert, hieß es. Im Flur trafen eine Beamtin und ein Beamter einen Mann an, der ausgiebig Silvester gefeiert hatte. Ihn machten sie als Verdächtigen aus. Als sie seine Personalien feststellen wollten, entwickelte sich eine Auseinandersetzung, die im Handumdrehen derart eskalierte, dass sie jetzt ein juristisches Nachspiel hat.
Die Staatsanwaltschaft hat Marvin M. (Name geändert) wegen eines tätlichen Angriffs und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte angeklagt, außerdem wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung. Am Euskirchener Amtsgericht wird dem 27-Jährigen der Prozess gemacht.
Zwei Polizisten wurden bei dem Einsatz in Euskirchen verletzt
Die Polizistin (27) und ihr zwei Jahre jüngerer Kollege, die damals im Einsatz waren und nun als Zeugen aussagten, bestätigten die Darstellung aus der Anklageschrift. Als sie M. aufgefordert hätten, sich auszuweisen, habe er sich von Anfang an unkooperativ und verbal aggressiv verhalten, sagten sie.
In den Händen habe er je eine Bierflasche gehalten. „Als er eine davon öffnen wollte, habe ich ihm gesagt, dass er das lassen soll“, berichtete der Polizist. Im nächsten Moment habe M. versucht, ihn zu schlagen. „Wir gingen zusammen zu Boden. Er hat getreten, gespuckt und wieder geschlagen und wollte mich ins Gesicht beißen. Er hat uns auch gedroht, sich unsere Gesichter zu merken. Wir würden sehen, was wir davon hätten“, erklärte der Beamte. Er hatte bei dem Einsatz eine Risswunde an der linken Wange sowie Schürfwunden an Händen und Knien davongetragen, während seine Kollegin Schürfwunden am Arm und eine Schienbeinprellung erlitt.
Angeklagter hatte am Neujahrsmorgen 2,15 Promille Alkohol im Blut
Erst als weitere Kollegen als Verstärkung eintrafen, gelang es den Beamten mit vereinten Kräften, ihren Widersacher mit Hand- und mit Fußfesseln zu fixieren. Währenddessen beleidigte er die Einsatzkräfte fortwährend auf übelste Art, wie man einem Bodycam-Video der Polizei entnehmen kann, das Richter Felix Marienfeld im Gerichtssaal abspielte.
Eine Blutprobe, die Marvin M. um 8.12 Uhr entnommen wurde, hatte einen Wert von 2,15 Promille ergeben. Verteidiger Hagen Seipel sagte, sein Mandant habe früher oft so viel getrunken, „dass er sich nicht mehr steuern konnte“. Hinzu komme eine Drogenvergangenheit, die er aber hinter sich gelassen habe. „Seit vier bis fünf Monaten ist er komplett frei von Drogen und Alkohol“, erklärte der Anwalt, musste sich allerdings vom Angeklagten korrigieren lassen: Ab und zu trinke er noch, sagte M., er sei aber fest entschlossen, sein Leben in den Griff zu kriegen.
An das Geschehen in der Silvesternacht könne er sich nicht erinnern, gab der Angeklagte zu Protokoll. Wenn es sich so abgespielt habe, wie von der Staatsanwaltschaft dargestellt, tue ihm das sehr leid, fügte er hinzu und bat die beiden geschädigten Beamten um Entschuldigung. Dies hätte er schon zu einem früheren Zeitpunkt erwartet, sagte Richter Marienfeld, nach dessen Angaben M. wegen einer vorangegangenen Verurteilung bis August 2026 unter Bewährungsaufsicht steht.
Ein Urteil sprach der Vorsitzende noch nicht, denn Verteidiger Seipel beantragte nach einer Sitzungsunterbrechung und einer Unterredung mit seinem Mandanten ein Gutachten: Ein Sachverständiger soll die Frage beleuchten, ob Marvin M. zur Tatzeit womöglich schuldunfähig war – dies besonders mit Blick auf eine eventuelle Misch-Intoxikation, also eine Kombination aus Alkohol und Betäubungsmitteln.