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VandalismusEuskirchener übermalen Hakenkreuze mit Regenbogen und Hüpfkästchen

Lesezeit 3 Minuten
Anne Bergmann, Leo Schmidt und Thomas Latzke malen mit Straßenkreide einen Regenbogen auf die Straße.

Einen riesigen Regenbogen auf dem Boden malen Leo Schmidt (v.l.), Anne Bergmann und Thomas Latzke aus.

Hüpfkästchen statt Hakenkreuz: Mittwoch fielen Euenheimern verfassungsfeindliche Schmierereien auf, Donnerstag übermalten sie sie mit Kreide.

Als Leo Schmidt am Mittwochmorgen um Viertel vor acht in der Nähe der LVR-Irena-Sendler-Schule mit seinem Hund spazieren ging, war er erschrocken: Drei Hakenkreuze waren dort auf den Boden gesprüht worden. „So etwas habe ich hier in meinem Euenheim noch nie zuvor gesehen“, sagt Schmidt. Und dass er an dem verfassungsfeindlichen Zeichen nicht bloß vorbeigehen wollte, sondern etwas tun musste.

In der Dorfchatgruppe hat Schmidt dann sofort die anderen Euenheimer auf die Straftat aufmerksam gemacht. Die Gruppenmitglieder waren sich zunächst einig: darin, dass hier eine Grenze überschritten sei und dass die Polizei gerufen werden müsse.

Polizei übermalt die Hakenkreuze mit gelber Farbe

Schon am Mittag hatte die Polizei das auffälligste der drei Kreuze mit gelber Farbe übermalt. Doch das reichte den Anwohnern nicht. Sie hatten das Gefühl, selber etwas tun zu müssen – ein gegenteiliges Zeichen setzen zu müssen. So kam in der Chatgruppe die Idee auf, die Hakenkreuze in einer gemeinsamen Aktion am Donnerstag mit freundlichen, bunten Motiven zu übermalen. „Aber das geht nur mit Straßenkreide, alles andere wäre strafbar“, weiß Anne Bergmann.

Deswegen hockt Bergmann mit ein paar anderen Anwohnern am Donnerstag auf dem Boden des Feldwegs und malt den äußersten Ring eines Regenbogens aus. Damit soll das größte und blasseste der drei verfassungsfeindlichen Zeichen übermalt werden. Aus dem deutlichsten (bereits von der Polizei bearbeiteten) wird ein Hüpfkästchen und aus dem kleinsten ein kleines Bild von einem Haus.

Leo Schmidt (v.l.), Anne Bergmann und Thomas Latzke spielen Hüpfkästchen.

Trotz des ernsten Themas, hatten Leo Schmidt (v.l.), Anne Bergmann und Thomas Latzke auch Spaß bei der Straßenbemalung.

Ein Bild, gemalt aus Straßenkreide, zeigt ein Haus, eine Wolke und eine Sonne.

Aus dem kleinsten Hakenkreuz wurde ein Bild mit Haus und Sonne.

Anne Bergmann (v.l.), Beate Thorstensen, Leo Schmidt, Uli Norgall-Hambach und Thomas Latzke posieren über einem Regenbogen aus Straßenkreide und werfen die Kreide in die Luft.

Haben sich zusammengeschlossen, um ein Zeichen zu setzen: Anne Bergmann (v.l.), Beate Thorstensen, Leo Schmidt, Uli Norgall-Hambach und Thomas Latzke.

Drei junge Männer kommen vorbei. Sie sind Maschinen-Anlageführer in Ausbildung und haben gerade Pause. Die Hakenkreuze auf dem Boden haben sie auch bemerkt, sagt einer. Die Übermal-Aktion finden die drei Auszubildenden gut. Diese Schmierereien kennen sie aus der Schule, sagt einer von ihnen. Dort sei zuletzt eine Bank mit den verbotenen Zeichen „verziert“ worden.

„Eigentlich müsste man selbst viel mehr dagegen tun“, sagt einer von ihnen. Dass das aber auch müßig sei, antwortet der andere. Und vielleicht auch nicht gänzlich ungefährlich. Darin, dass sich der Ton verschärft, sind beide sich einig – das sei auch im Unterricht und auf dem Schulhof spürbar. Vor allem seit dem Attentat in Mannheim hätten rassistische Ressentiments und die Verbreitung rechtsradikaler Ideologien in ihrer Wahrnehmung noch einmal zugenommen.

Euskirchener wollen Stellung beziehen

„Deswegen müssen wir Stellung beziehen und klarmachen, dass wir nicht einverstanden sind“, sagt der Euenheimer Uli Norgall-Hambach mit einer Kreide in der Hand. Die Schmierereien, so sagt er, spiegelten nur das wider, was der „gesellschaftliche Referenzrahmen“ vorgebe.

Als Leo Schmidt am Mittwochabend erneut in die Chatgruppe schaute, habe sich auch dort der Ton verändert, sagt er. Statt kurzer unterstützender Nachrichten fanden sich dort lange Stellungnahmen. Es seien doch nur Kinder, habe dort gestanden. Und die Hakenkreuzschmierereien nur ein „Dummer-Jungen-Streich“. Kinder wüssten doch noch nicht einmal, was das bedeutet. Man könne auch einfach vorbeigehen und damit hätte sich die Sache erledigt, wurde vorgeschlagen.

Doch genau damit verschiebe sich eben dieser Referenzrahmen, findet Beate Thorstensen, die auch zum Kreidemalen gekommen ist. Leo Schmidt nickt: „Was vor einigen Jahren noch unvorstellbar war, ist heute sagbar.“ Thorstensen: „Und dass die Menschen sich so langsam daran gewöhnen, das ist die Gefahr.“