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BetrugsprozessEuskirchenerin kassierte knapp 30.000 Euro Fluthilfe, die ihr nicht zustand

Lesezeit 3 Minuten
Vor den Ladenlokalen in der verschlammten Neustraße türmt sich der Sperrmüll.

Nach der Hochwasserkatastrophe, die in Euskirchen schwere Schäden anrichtete, wie hier in der Neustraße, kassierte eine Frau unrechtmäßig Fluthilfe. Deshalb stand sie jetzt vor Gericht.

Eine 34-Jährige wurde am Amtsgericht Euskirchen zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Das ergaunerte Geld muss sie zurückzahlen.

Eine Frau aus Euskirchen ist am Amtsgericht wegen drei Fällen von Betrug in besonders schwerem Fall zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Sie hatte sich knapp 30.000 Euro an Fluthilfe auszahlen lassen, obwohl das Hochwasser im Juli 2021 in ihrer Wohnung überhaupt keine Schäden angerichtet hatte.

Sandra M. (Name geändert) hatte gar nicht erst versucht, die Taten zu leugnen, sondern über ihren Verteidiger Albert Stumm ein Geständnis abgelegt und Reue gezeigt. Die 34-Jährige ist eine alleinerziehende Mutter von drei Kindern, ohne Ausbildung und Arbeitsstelle und bezieht Bürgergeld.

Die Stadt Euskirchen überwies der Frau 3000 Euro

Nach der Naturkatastrophe hatte sie sich bei der Stadt Euskirchen und beim Malteser Hilfsdienst wahrheitswidrig als Flutopfer ausgegeben und Unterstützung beantragt. Sie erklärte, dass in ihrer Wohnung Hausrat, Elektrogeräte und Spielzeug zerstört worden seien, darunter eine Waschmaschine, ein Trockner sowie ein Laufrad und Fahrräder ihrer Kinder. Die Stadt überwies ihr 3000 Euro, die Malteser 2500 Euro.

Damit nicht genug: Etwas später, so Anwalt Stumm, sei M. von einer Frau angesprochen worden, die ihr weiteres Geld in Aussicht gestellt habe. „Nachdem Stadt und Malteser unbürokratisch geholfen hatten, war bei meiner Mandantin wohl der Eindruck entstanden, dass die Fluthilfe ganz einfach funktioniert“, sagte Stumm. Dadurch habe sie sich verleiten lassen, den nächsten Versuch zu unternehmen.

Ihrer Helferin musste die Angeklagte die Hälfte des Geldes als Lohn auszahlen

Sandra M. musste der Frau, die ihr Hilfe angeboten hatte, nur ihre Ausweisdaten zur Verfügung stellen. Die Komplizin kümmerte sich um das Antragsverfahren, an dessen Ende die Bezirksregierung Münster der Euskirchenerin 23.000 Euro überwies. Die Frau, die sie unterstützt hatte, ließ sich ihre Dienste fürstlich entlohnen. „Sie bekam die Hälfte des Geldes als Lohn“, sagte Verteidiger Stumm.

Bei der Bezirksregierung blieben die Machenschaften der Frauen laut Staatsanwaltschaft nicht unentdeckt, sodass es letztlich zur Anklage gegen Sandra M. kam. Gegen die Frau, die den 23.000-Euro-Deal einfädelte, wird mittlerweile ebenfalls ermittelt – auch wegen weiterer derartiger Fälle, wie Stumm sagte. Seine Mandantin habe zu den Ersten gehört, die den Ermittlern den Namen der Komplizin genannt hätten. Sie habe damit zur Aufklärung der Betrügereien beigetragen.

Der Verteidiger sagte auch, dass die Bezirksregierung von Sandra M. den gesamten ausgezahlten Betrag zurückfordere, von dem sie tatsächlich aber nur die Hälfte erhalten habe: „Sie bleibt auf dem gesamten Schaden sitzen.“ Dies gilt zum einen für besagte 23.000 Euro. Zum anderen zieht das Gericht von der Angeklagten die 5500 Euro ein, die sie unrechtmäßig von der Stadt und den Maltesern erhalten hatte.

Richterin Ulrike Weitzel, die mit Urteil und Einziehungsbeschluss dem Antrag der Staatsanwaltschaft entsprach, versuchte zu ergründen, was die Angeklagte dazu bewogen hatte, die Notlage anderer schamlos auszunutzen. „Sie bekamen mit, wie eine solche Naturkatastrophe Menschen alles nehmen kann. Selber mussten Sie sich keine Sorgen machen, Sie hatten eine intakte Wohnung, Strom, Wasser. Und doch dachten Sie: Jetzt kann ich was für mich abgreifen“, wandte Weitzel sich voller Unverständnis an die 34-Jährige. Deren Antwort fiel knapp aus: „Ich kann es nicht erklären.“