Bisher verwalteten die Schulleiter in Weilerswist das Geld für Kopien, Klassenfahrten oder Ausflüge. Nun läuft alles übers Rathaus.
SchulenElterngeld für Klassenfahrten: Gemeindeverwaltung Weilerswist führt nun die Kasse

Das Geld für Klassenfahrten läuft nun über die Gemeindeverwaltung und nicht mehr über Klassen- oder Schulkonten.
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Die Aufregung war mal wieder groß. „Hoch lebe die Bürokratie“, hieß es in einem Sozialen Netzwerk. Grund war eine Nachricht an Schüler, Eltern und Lehrer der Weilerswister Gesamtschule, wonach die Klassenkonten aufgelöst werden. Künftig werden die finanziellen Angelegenheiten, wenn es etwa um Klassenfahrten oder Tagesausflüge geht, von der Gemeindeverwaltung geregelt.

Erläutert das Prozedere für die Schulen: der Weilerswister Kämmerer Alexander Eskes.
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Das gilt auch für die anderen Schulen der Gemeinde, also die des Grundschulverbundes Erft-Swist mit den Standorten in Weilerswist und Metternich sowie die Grundschulen in Vernich und Lommersum. Der Kämmerer der Gemeinde Weilerswist, Alexander Eskes, erklärte nun im Gespräch mit dieser Zeitung, warum es zu dieser Änderung kam und was sie für die Beteiligten bedeutet.
Wofür gibt es diese Konten in den Schulen? Auf den Konten werden laut Eskes alle Einnahmen erfasst, die mit dem Schulbetrieb zu tun haben: etwa steuerpflichtige Werbeanzeigen sowie Zahlungen der Erziehungsberechtigten für Schulausflüge und Klassenfahrten ihrer Kinder.
Warum übernimmt nun die Gemeinde das Konto? Grund dafür ist laut Eskes eine Änderung im Umsatzsteuergesetz. Die Gemeinde Weilerswist ist als öffentliche Hand umsatzsteuerpflichtig. Bisher mussten die sogenannten „juristischen Personen des öffentlichen Rechts“, zu denen auch öffentliche Schulen und Schulträger gehören, keine Steuern auf Umsätze zahlen.
Auch wenn Schulen mit diesen Umsätzen keine Gewinne erzielen wollen, können diese Umsätze unter bestimmten Bedingungen der Umsatzsteuerpflicht unterliegen.
„Das ändert sich mit der Anwendung des § 2b UStG“, erläutert Eskes: „Welche Umsätze genau der Umsatzsteuerpflicht unterliegen, entscheiden die lokalen Finanzbehörden auf Grundlage des Umsatzsteuergesetzes.“
Das Umsatzsteuerrecht umfasse unter anderem alle Leistungen, die unter dem Dach der Schule erbracht werden, da öffentliche Schulen nichtrechtsfähige Anstalten des Schulträgers sind.
„Das bedeutet, dass die Steuererklärungspflichten für unternehmerische Tätigkeiten unter dem Dach einer öffentlichen Schule in kommunaler Trägerschaft stets die jeweilige Kommune, also die Schulträgerkommune, treffen“, so Kämmerer Eskes.
Was im Schulbetrieb ist davon betroffen? Zum Beispiel Einnahmen aus dem Einsammeln von Kopiergeld, den Klassenfahrten, dem Kuchenbasar und ähnliches. Eskes: „Auch wenn Schulen mit diesen Umsätzen keine Gewinne erzielen wollen, können diese Umsätze unter bestimmten Bedingungen der Umsatzsteuerpflicht unterliegen.“
Neue Regelung gilt auch für die Grundschulen in der Gemeinde Weilerswist
Aus dem Paragraf 22 des Umsatzsteuergesetzes ergebe sich für die Schulen eine Aufzeichnungspflicht für alle Umsätze. „Umso wichtiger ist es“, so Eskes, „dass die Einnahmen und Ausgaben einheitlich und lückenlos dokumentiert sind.“
Und weil die Gemeinde als Schulträger dafür in der Verantwortung stehe, müsse sie auch dafür sorgen, dass die Schulen ihre Umsätze richtig und vollumfänglich aufzeichnen.
Handelt es sich also um eine Entlastung der Schulen? Eskes bejaht das: „Alle Umsätze im Schulalltag zu dokumentieren, kostet eine Menge Zeit und geht oft auf Kosten des Unterrichts.“ Besonders das Bargeld werde dabei oft vergessen.
Schulleiter müssen das Bargeld jetzt nicht mehr zur Bank bringen
Eine unvollständige Aufzeichnung und Ungereimtheiten bei der Steuerprüfung seien dann die Folge. Das kann unangenehm werden. Klare und transparente Prozesse seien also im Sinne aller Beteiligten.
Ist das auch eine Entlastung für die Schulleiter? Ja. Sie stehen nicht mehr in der Verantwortung beziehungsweise Haftung für diese privat geführten Schulkonten. Auch Einbrüche in Schulen, weil das Bargeld im Tresor gelagert wird, lohnen sich für die Täter nicht mehr. „Die ständigen risikobehafteten Bankbesuche der Schulleiter für das Einzahlen von Bargeldbeträgen fallen somit auch weg“, nennt Eskes die Vorteile.
Wie läuft das nun im Schulalltag? In der Gemeinde Weilerswist nutzen alle Schulen die „Schulmanager-App“. Diese ist verknüpft mit dem Gemeindekonto für die bargeldlose Zahlungsabwicklung und für die Auswertungen diverser Aufzeichnungen für das Finanzamt in digitaler Form. Sämtliche Bargeschäfte (Klassenkassen) sowie an der Gemeinde Weilerswist vorbei privat geführte Schulkonten der Schulleiter werden somit abgeschafft.
Kämmerer: Einbrüche in Schulen lohnen sich nun nicht mehr
Klingt nach Arbeit. Braucht die Gemeinde eine neue Stelle? Nein, versichert der Kämmerer: „Der Fachbereich Finanzdienste ist zuständig. Es wird lediglich der interne Geschäftsprozess umgestellt.“
Kommt die Änderung auch auf andere Kommunen zu? Früher oder später schon. Zwar wendeten die meisten Kommunen den Paragrafen 22 noch nicht an, so Eskes. Das liege daran, dass die Europäische Union die Realisierung zwar 2018 vorgeschrieben, die Fristen aber immer wieder verlängert habe, weil der Aufwand für die Städte und Gemeinden sehr hoch sei.
„Wir haben dafür eine Kraft beschäftigen müssen“, berichtet Eskes über die Vorbereitungsphase. Punkt für Punkt habe die ermittelt, was rund um eine Schule alles umsatzsteuerpflichtig ist und was nicht.
Warum ist das Prozedere so kompliziert? Der Kämmerer nennt ein Beispiel: Werde in der Schulhalle Sport unterrichtet, falle das nicht unter die Steuerpflicht, ein kommerzielles Konzert hingegen schon. Das klingt einfach, aber im Schulhaushalt gibt es viele kompliziertere Posten.
Ändert sich etwas für die Erziehungsberechtigten? Nein. Sie könnten weiterhin auf die in der „Schulmanager-App“ hinterlegten Konten einzahlen, so Eskes.