Wiederaufbau der BerufskollegsDer Kreis Euskirchen guckt bei anderen Schulen ab
Kreis Euskirchen – Exkursionen sind an Schulen nichts Ungewöhnliches. Politiker, die plötzlich freiwillig wieder die Schulbank drücken, eher schon. Eine Kombination aus beidem haben nun Landrat Markus Ramers, weitere Verwaltungsmitarbeiter und Kreispolitiker erlebt.
Eine Delegation nahm die Berufliche Schule für Wirtschaft, Verkehrstechnik und Berufsvorbereitung (BS07) sowie die Berufliche Schule Holz, Farbe, Textil (BS25) in Hamburg unter die Lupe. In Westerburg wurde die Berufsbildende Schule besucht. Ziel der Exkursion: Abschauen, spinksen und lernen wie moderne Schule in alten Gebäuden funktionieren kann. Schließlich sind die Berufskollegs im Kreis Euskirchen schwer von der Flutkatastrophe getroffen worden.
Nach Angaben der Kreisverwaltung ist am Thomas-Eßer-Berufskolleg (TEB) in Euskirchen und dem Berufskolleg Eifel (BKE) in Kall ein Gesamtschaden in Höhe von 147 Millionen Euro entstanden. So viel veranschlagt der Kreis für den Wiederaufbau der beiden Schulen. Schnell herrschte politische Einigkeit, dass der Kreis sich zu beiden Standorten bekennt und nicht einer aufgegeben wird, weil ein Kreis mit zwei Berufskollegs vielleicht nicht nachhaltig sei. Genauso einig waren sich Politik und Verwaltung aber auch darüber, dass ein „Weiter so“ nicht zielführend sei.
147 Millionen Euro für den Wiederaufbau
Für den Wiederaufbau der beiden Berufskollegs veranschlagt der Kreis etwa 147 Millionen Euro – 87,5 Millionen für das Thomas-Eßer-Berufskolleg (TEB) in Euskirchen und 60 Millionen für das Berufskolleg Eifel in Kall. Aktuell rechnet der Kreis damit, dass in Euskirchen mindestens die Trakte C und D abgerissen werden. Ob der Trakt A erhalten werden kann, müsse geprüft werden.
Die Kosten für einen Neubau sind laut Kreisverwaltung immer noch geringer als die einer umfangreicher Sanierung. Lediglich der Trakt B könne wohl weitergenutzt werden. Dort plädiert der Kreis für eine Sanierung, die er mit 55,2 Millionen Euro veranschlagt. Die Sanierung wäre in diesem Bereich trotz der umfangreichen Schäden immer noch günstiger als ein Neubau. (tom)
„Wir werden die beiden Berufskollegs nicht nur wiederaufbauen, sondern sie zukunftssicher gestalten – mit modernen Lehr- und Lernbedingungen“, betont Landrat Markus Ramers in einer Pressemitteilung des Kreises. „Das wird ein echter Modernisierungsschub für die berufliche Bildung im Kreis Euskirchen“, zeigt sich der Landrat sicher.
Drei Schulen besucht
Doch warum ausgerechnet die drei Schulen im Norden Deutschlands und in Rheinland-Pfalz? Nach Angaben des Kreises wurden sie wie die Berufskollegs in Kall und Euskirchen in den 1960er und 70er-Jahren erbaut und in den vergangenen Jahren nach skandinavischen Vorbildern saniert. Die auf skandinavischen Konzepten beruhende Schul- und Unterrichtsentwicklung habe die Berufsschule in Westerburg über die Landesgrenzen von Rheinland-Pfalz hinaus bekannt gemacht, so Ramers.
Wie sieht im Kreis Euskirchen die Schule der Zulunft aus?
In den Schulen stehen Selbstorganisiertes Lernen in Teamarbeit, Stärkung der Eigenverantwortung, dazu offene und transparente Räume mit hoher Aufenthaltsqualität im Fokus. Glaubt man den Experten, macht das die Schule der Zukunft aus.
Und der Kreis Euskirchen? Welche Vorstellungen gibt es hier? Konkret ist bisher, dass das Angebot sich ändern wird. Ab dem Schuljahr 2023/24 werden an der Berufsschule in Euskirchen Fachkräfte für Lagerlogistik und Fachlageristen ausgebildet. Einen entsprechenden Beschluss hat die Schulkonferenz am 4. Mai gefasst. Auch die Politik hat grünes Licht gegeben. Alles andere wird im politischen Rahmen weiter diskutiert und muss nach Angaben des Kreises in Konzepte gepackt werden – pädagogische, aber auch architektonische. Mit Architekten und Fachplanern werde nun die bauliche Umsetzung des didaktischen Konzeptes erarbeitet, heißt es in der Pressemitteilung.
Schulbesuch während des Unterrichts
Birgit Schlemmer, die Leiterin des Kreis-Schulamtes: „Ein zentrales Merkmal der Schul- und Unterrichtsentwicklung ist die Abkehr von geschlossenen Unterrichtsräumen und die Förderung selbstorganisierter Lernformen.“
Davon machte sich die Delegation auf ihrer Exkursion ein Bild – und das nicht in der grauen Theorie. Sie besuchte die Schulen während der Unterrichtszeit. „Beeindruckend, insbesondere an der BS25 in Hamburg, waren die vielen verschiedenen Aufenthaltsqualitäten auf den jeweiligen Ebenen der Ausbildungsvorbereitung“, wird Schlemmer in der Mitteilung des Kreises weiter zitiert. Auch die Schulleitungen des TEB und des BKE zeigten sich beeindruckt. „Das Lernen wird nach der Neugestaltung unserer Schule künftig auch bei uns auf Lernebenen stattfinden“, so BKE-Schulleiter Holger Mohr.
Das könnte Sie auch interessieren:
Auch sein TEB-Kollege Hermann Wilkens hat der Kreis-Mitteilung zufolge viele positive Eindrücke von der „Studienreise“ mitgenommen. Man sei beeindruckt gewesen, wie offene, moderne Lernebenen durch flexibles Mobiliar gestaltet werden können. Auch die Integration mobiler Endgeräte wie Notebooks und Tablets im schulischen Alltag sind nach Ansicht der Kreis-Delegation sehr überzeugend gewesen.