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Werke von TschaikowskiJunges Orchester NRW zu Gast auf Burg Langendorf

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Das junge Orchester NRW spielt Tschaikowski.

Zülpich-Langendorf – Die Politik musste draußen bleiben. Während viele Konzertveranstalter derzeit Kompositionen russischer Komponisten aus den Programmen gestrichen haben, durfte am Samstagabend auf Burg Langendorf in üppigen Werken von Pjotr Iljitsch Tschaikowski geschwelgt werden.

„Es geht hier in dieser Konzertreihe um Musik, um nichts anderes“, betonte Gastgeberin Juliane B. Vetter im Gespräch mit Ingo Ernst Reihl, dem Dirigenten des Abends.

Ansonsten wäre es auch sehr schade gewesen um das fulminante Saisonabschlusskonzert, das mit den Symphonien Nr. 2 und 3 ganz groß aufwartete. „Das junge Orchester NRW“ passte gerade so auf die Bühne, denn Tschaikowski sah für seine Werke eine besonders farbenprächtige Besetzung vor. Vor allem die Holz- und Blechbläsergruppe ordnete er groß und vielfältig an, außerdem Pauken, Becken und einen großen Gong.

Ideen aus der heutigen Ukraine

Die Ideen zur zweiten Symphonie in c-Moll kamen dem Komponisten 1872 bei einem Urlaubsaufenthalt mit seiner Schwester im damaligen Kleinrussland, der heutigen Ukraine.

Er verwendete darin ukrainische Volkslieder und Tänze. Daher trägt sie den Beinamen „Kleinrussische“. Gleich im ersten der vier Sätze, Andante sostenuto, breitete ein Hornsolo eine in sich ruhende Melodie aus, die dem Volkslied „Drunten bei der Mutter Wolga“ entnommen ist.

Ein spannender Anfang, dem sich nach und nach der große Klangkörper hinzugesellte, zunächst filigran, dann mit massigem Volumen. Auch die folgenden Sätze tauchten das Publikum in emotionale Wechselbäder, überraschten mit pfiffigen Ideen und Klangfarben-Verbindungen.

Kompositionsfülle

Das junge Orchester NRW brachte die unglaubliche Fülle der Komposition und auch ihre Feinheiten wirkungsvoll zum Ausdruck. Die Musikerinnen und Musiker spielten mit größtem Einsatz und einer herrlichen Spielfreude, die Ingo Ernst Reihl ihnen mit vollem Körpereinsatz vom Podium aus vermittelte.

Ein festlicher, homophoner Anfang leitete das sagenhafte Finale ein, das vom Orchester wirklich alles forderte. Doch es kam noch großartiger.

Keine Politik in der Kunst

Die Symphonie Nr. 3 in D-Dur („Polnische“) entstand im Jahr 1875. Reihl kündigte sie ganz besonders enthusiastisch an und sprach sich noch einmal entschieden dagegen aus, die Politik in die Kunst eingreifen zu lassen.

„Wir überlassen die Musik nicht den Machthabern.“ Er vertrat den humanistischen Ansatz: . „Ich sehe nicht ein, Tschaikowski zu streichen. Im Gegenteil – wir müssen ihm zuhören, damit die Welt ein bisschen besser wird.“ Das tat das Publikum dann auch gerne und tauchte in ein fünfsätziges Werk voller Geheimnisse ein.

Die Akustik in der Remise

Die Akustik in der Remise der Burg Langendorf und das präzise Spiel des Orchesters sorgten dafür, dass die Sätze greifbar und strukturell durchsichtig blieben, auch wenn sie den Saal immer wieder abheben ließen.

Leichte Holzbläserklänge, huschende Streicher und ein weitgehend synchrones Pizzicato bildeten immer wieder luftige Passagen inmitten von Pathos, Leidenschaft, Fülle und beeindruckender Virtuosität auf einem gigantischem Tonraum.

Körperlich und emotional sichtlich erschöpft, aber auch sehr bereichert durch die Musik, ließ Dirigent Reihl am Ende den Taktstock sinken. Der letzte Ton war noch nicht ganz verklungen, da brandete auch schon tosender Applaus los.

Reihls Orchester

In seinem Orchester, das Reihl vor über 30 Jahren gründete, spielen vom Schüler bis zum Erwachsenen, vom versierten Laien bis zum Profi die unterschiedlichsten Musikerinnen und Musiker zusammen. Enorm, was sie aus den Symphonien Nr. 2 und 3 von Pjotr Iljitsch Tschaikowski herausgeholt haben.

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