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Wenn der Reifen platt istZülpicher beklagt Mangel an freien Fahrradwerkstätten

Lesezeit 4 Minuten
Theo Trösser (2.v.r.) steht mit seinen Kollegen von der Fahrradwerkstatt für Bedürftige der Evangelischen Kirche an zwei Werkzeug-Roll-Containern.

Theo Trösser (2.v.r.) leitet die ehrenamtliche Fahrradwerkstatt der evangelischen Kirche für Bedürftige. So ein Angebot braucht es in seinen Augen für alle.

Viele Fahrradhändler in der Region reparieren nur, was sie verkauft haben. Ein Schöneseiffener hat deshalb seine eigene Werkstatt aufgemacht.

Ein junger Mann schiebt sein Fahrrad die Einfahrt hinunter auf Theo Trösser und seinen Kollegen Suliman zu. Die Reifen sind platt, die Schaltung geht nicht mehr. Trössers Kollege schaut sich das Rad an. „Willst du ein Neues?", fragt er den jungen Mann. Trösser hält ihm ein Rad hin, der junge Mann nimmt dankend an und schwingt sich auf zur Probefahrt.

Seit gut neun Jahren gibt es den Fahrradservice für Bedürftige der evangelischen Kirche in Zülpich schon. Hier machen Trösser und seine Kollegen alte Fahrräder wieder straßentauglich und geben sie an Menschen, die sich kein neues Rad leisten können. Sie reparieren auch Fahrräder, allerdings wieder nur bei Bedürftigkeit. „Und das ist das Problem“, sagt Trösser.

Zülpicher Fahrradhändler repariert nur eigene Ware

Er sieht in Zülpich eine Angebotslücke in Sachen Fahrradwerkstatt. Denn es gibt den Service der evangelischen Kirche für Geflüchtete und andere Bedürftige, und es gibt das Fahrradgeschäft Schumacher in der Innenstadt. Die Betreiber reparieren allerdings nur Räder, die sie selbst verkauft haben. Menschen, die sich zwar eine Reparatur durchaus leisten können, aber ihr Rad im Internet oder bei einem anderen Händler gekauft haben, gucken in die Röhre.

Trösser und seine Kollegen können die Räder nicht auch noch bearbeiten. Dazu mangele es an Zeit, Personal und Platz, sagt er. Immerhin machen sie das alle ehrenamtlich. Für Fahrrad Schumacher lohne sich das Reparieren wahrscheinlich einfach wirtschaftlich nicht, mutmaßt Trösser. Inhaber Jörg Schumacher will sich auf Anfrage dieser Zeitung nicht dazu äußern.

Schöneseiffener hat eigene Zweirad-Werkstatt aufgemacht

Grundsätzlich sei es nichts Außergewöhnliches, dass ein Fachhändler nur die Räder repariere, die er auch verkaufe, sagt Sascha Tendler. Der 50-jährige Schöneseiffener hat aus dieser Not eine Tugend gemacht und vor wenigen Jahren seine eigene Werkstatt eröffnet. Während Corona habe er sich ein neues Fahrrad gekauft. „Knapp zwei Wochen später ist vorne die Achse gebrochen und es war kein Reparatur-Termin zu kriegen“, berichtet Tendler.

Ein Artikel in einer Fachzeitschrift über eine Zweiradwerkstatt am Bodensee brachte ihn auf die Idee, selbst eine Werkstatt aufzumachen. Als gelernter Maschinenbautechniker habe ihm dazu nur eine Zusatzprüfung gefehlt. „Da war dann der kaufmännische Teil 90 Prozent von dem, was ich noch lernen musste“, sagt er.

Sascha Tendler kniet in seiner Fahrradwerkstatt in Schöneseiffen vor einem Fahrrad und testet die Pedale. Er trägt Arbeitshose, ein dunkelblaues T-Shirt und eine Kappe.

Hat aus der Not eine Tugend gemacht und seine eigene Werkstatt eröffnet: Sascha Tendler.

Tendler nimmt so gut wie jedes Fahrrad an – egal ob E-Bike, Mountainbike oder Trekkingrad. Nur Räder vom Discounter oder aus dem Baumarkt lehnt er ab. „Die Qualität ist einfach nicht gut“, sagt er. Deshalb sei bei diesen Rädern die Diagnose und vor allem der Austausch von Teilen schwierig. Ein bisschen kann Tendler die Fachhändler verstehen, die nur Selbstverkaufes reparieren. Aber ob das angesichts der Marktlage so richtig sei, sei mal dahingestellt. „Die ganzen Räder sind auf dem Markt und es gibt viel zu wenig Werkstätten“, sagt auch der Kunde, der gerade sein E-Bike in Tendlers Werkstatt schiebt.

Hobbyschrauber müssen her

Der Schöneseiffener betreibt seine Werkstatt nebenberuflich. „Nur Reparaturen, damit verdient man nicht den Lebensunterhalt“, sagt er. Theo Trösser in Zülpich schätzt das genauso ein. Im Prinzip brauche es eine Werkstatt, deren Betreiber nicht auf die Einnahmen angewiesen seien. Hobbyschrauber eben, so wie er selbst. „Ein Lokal findet sich“, ist sich Trösser sicher. Da könne bestimmt auch die Stadt helfen.

Mehr Platz könnte auch die Fahrradwerkstatt der evangelischen Kirche vertragen. Die zwei Garagen unterhalb des evangelischen Jugendheims sind voll mit Rädern, Ersatzteilen und Werkzeug. „Das ist reines Chaos“, sagt Trösser. Man finde viele Dinge kaum wieder. Er habe schon mit der Stadt gesprochen und hoffe, dass es bald mehr Platz gebe.

Der junge Mann ist derweil fertig mit seiner Testfahrt und sieht zufrieden aus. Er nimmt das neue Rad. Dafür zahlt er fünf Euro – der übliche Preis bei der Fahrradwerkstatt der evangelischen Kirche. „Was nichts kostet, ist auch nichts“, erklärt Trösser. Der junge Mann schwingt sich aufs Rad und fährt davon. Für Trösser und seine Kollegen ist aber noch kein Feierabend, die nächsten Kunden warten schon.


Neue Radservice-Station am Krewelshof eröffnet

Wer nur kleinere Reparaturen an seinem Fahrrad vornehmen muss, kann nun auch zum Krewelshof nach Obergartzem fahren. Hier hat der ADAC Nordrhein eine Radservice-Station eröffnet. Die 1,50 Meter hohe Reparatursäule steht auf dem Parkplatz vor dem Eingang und ist die erste ihrer Art im Kreis Euskirchen.

Ausgestattet ist sie mit einem Torx Schraubendreher T25, einem Schlitzschraubendreher, zwei Mantelhebern, einem Rollengabelschlüssel, einem Flaschenöffner, einem Inbus-Multitool, einem Kreuzschraubendreher, Gabelschlüsseln in den Größen 8, 10, 13 und 15 sowie einer Fußluftpumpe mit Manometer. Die Radservice-Station ist unabhängig von einer ADAC-Mitgliedschaft rund um die Uhr für alle nutzbar. Auch kleinere Reparaturen an Kinderwagen, Skateboards und Rollstühlen sollen daran möglich sein.

Bis zum Jahresende will der ADAC Nordrhein nach eigenen Angaben 28 Radservice-Stationen an hoch frequentierten Radwegen oder besonderen Freizeitorten auf dem Gebiet der Regierungsbezirke Köln und Düsseldorf aufstellen. Die Stationen werden in der Caritas Betriebs- und Werkstätten GmbH in Eschweiler hergestellt. Bei der Ausrüstung mit Werkzeug unterstützt die Firma Bike-Components aus Würselen. ADAC Radservice-Stationen gibt es bisher auch in 13 weiteren Bundesländern. Neue Regionen sollen folgen.