Marcel Blum ist Obstbauer in Lüssem. Mehr als 210 Tonnen Beeren erntet er im Jahr, setzt künftig aber auf ein ganz anderes Standbein.
Pfarrer-Bienen im EinsatzBeeren-Sträucher reichen von Lüssem bis nach Duisburg
Während sich der Sommer für viele Menschen gerade wie April anfühlt, ist in Lüssem jemand ziemlich glücklich über das nicht ganz perfekte Sommerwetter. „25 Grad und bewölkt ist das ideale Wetter fürs Obst“, sagt Marcel Blum, Chef des Hubertushofs.
Der 33-Jährige ist Herr über Millionen von Himbeeren, Brombeeren und Johannisbeeren. Und seit dieser Saison auch von Kirschbäumen. „Wenn wir alle Bäume und Sträucher hintereinander reihen, kommen wir auf 80 Kilometer - eine Strecke von Lüssem bis nach Duisburg“, sagt Blum.
Mehr als 210 Tonnen Beeren werden in Lüssem geerntet
Die Ernte 23 wird reichhaltig. Da ist der Obstversteher sicher. Mehr als 60 Tonnen Brombeeren und mehr als 150 Tonnen Johannisbeeren werden die etwa 100 Erntehelfer in diesem Jahr ernten. Der Großteil ist für den Einzelhandel bestimmt. Zu den Abnehmern gehören vor allem Rewe und Edeka.
Aber auch der kleine Hofladen auf dem Gelände des Hubertushofs wird jeden Morgen mit frischer Ware bestückt. Und die ist richtig frisch. „Wir ernten die Früchte für den Hofladen, wenn sie reif sind. Für den Einzelhandel werden sie fast unreif gepflückt, weil die Früchte so ein wenig geschützt werden. Es dauert ja meistens noch drei, vier Tage bis sie im Kühlregal stehen“, erklärt Blum.
„Ribes rubrum“ heißen Johannisbeeren mit korrektem botanischem Namen, in Österreich spricht man lieber von Ribisel, in Schwaben von Träuble, in der Schweiz von Meertrübeli, in Unterfranken von Kannstrauben und in der Eifel von Wiemele. In Lüssem werden die kleinen roten Beeren gepflegt und umsorgt wie die Lieblingsoma.
Nichts wird dem Zufall überlassen. Allein der Regenschutz für die Johannisbeeren hat laut Blum mehrere 10.000 Euro je Hektar gekostet. „Die Oberflächenspannung der Beeren ist extrem. Schon ein Regentropfen kann sie platzen lassen“, sagt der 33-jährige Gärtner-Meister für die Fachrichtung Obstbau.
„Auch die Brombeeren haben einen Sonnen- und Regenschutz erhalten. Der Schutz kostet viel Geld, aber wenn die Früchte Sonnenbrand bekommen, kostet mich das auch ein Vermögen“, so Blum.
Blum versucht, so nachhaltig wie möglich zu arbeiten, zu produzieren, zu züchten. Durch ein ausgeklügeltes System werden die Wurzeln bewässert. Weil sein Großvater 1963 Bachrecht für den Rotbach beantragt hatte, werden heute unzählige Liter Leitungswasser gespart, wenn es um die Beregnung der Sträucher geht.
Woran nicht gespart wird, ist der Verbraucherschutz. „Bevor eine Beere in den Verkauf kommt, wird ein Rückstandsmonitoring gemacht“, erklärt Blum. Es werde geprüft, ob geltende Rückstandshöchstgehalte für Pflanzenschutzmittel und Grenzwerte für Schadstoffe eingehalten werden.
Zudem werde kontrolliert, ob die eingesetzten Pflanzenschutzmittel zugelassen seien. „Die Kontrollen sind sehr streng. Das ist gut für die Landwirtschaft. Dennoch ist es ein Spagat zwischen Qualität und Pflanzenschutz“, sagt der Experte.
Hubertushof in Lüssem: Pfarrer kümmert sich um die Bienen
Nicht gut für die hiesige Landwirtschaft sei, dass in anderen Ländern andere Rahmenbedingungen bestehen. „In Marokko beispielsweise gelten andere Umwelt- und Sozialstandards, einen Mindestlohn gibt es nicht. Zudem werden die Beeren eingeflogen und weisen damit eine katastrophale Klimabilanz auf“, erklärt Blum.
In Zeiten von Nachhaltigkeitsdiskussionen wundere er sich schon, dass der Kunde im Supermarkt häufig zu den billigeren 125-Gramm-Schälchen aus Marokko greife, anstatt zu einheimischen, teureren Produkten.
„Johannisbeeren sind Windbefruchter“, sagt Blum. Um auf Nummer sicher zugehen, habe er vor einiger Zeit zusätzlich „einige Bienenvölker in die Plantagen gesetzt“. Und der Segen des lieben Gottes dürfte ihm auch gewiss sein, denn der Hobbyimker, der seine Bienenvölker in den Anpflanzungen angesiedelt hat, ist kein Geringerer als der evangelische Pfarrer Ulrich Zumbusch aus Zülpich.
Irdisch ist hingegen die Kennziffer der Produkte des Hubertushofs. Wer in den Supermärkten oberhalb des Barcodes die Zahlenfolge 10677 entdeckt, kann sicher sein, dass die Johannisbeeren, Brombeeren oder Himbeeren aus Lüssem kommen.
Und damit deren Qualität stimmt, klingelt der Wecker aktuell früh. „Mein Tag beginnt meistens gegen 6 Uhr. Bei den hohen Temperaturen sogar noch früher, weil wir früh mit der Ernte beginnen“, erklärt Blum. Damit die Erntehelfer nicht in der großen Hitze in die Plantage müssen, wird derzeit morgens gepflückt.
Da die große Hitzewelle aber aktuell auch in der kommenden Woche auszubleiben scheint, dürften die Erntehelfer, die bis zum Ende der Beerensaison auf mehrere Zehntausend Arbeitsstunden kommen werden, genügend Schlaf bekommen.
Am Hubertushof soll eine Freiflächen Photovoltaikanlage entstehen
Obstbauer Marcel Blum setzt seit dieser Saison nicht mehr nur auf Himbeeren, Brombeeren und Johannisbeeren. Auf 1,5 Hektar hat der 33-jährige Obstexperte auch Kirschen angepflanzt - verschiedene Sorten.
Im kommenden Jahr soll ein weiteres Standbein hinzukommen. Blum plant auf dem Hubertushof in Lüssem eine 2,2 Hektar große Freiflächen Photovoltaikanlage. Ein Teil davon soll als sogenannte Agri-PV-Anlage. Damit wird ein Verfahren zur gleichzeitigen Nutzung von Flächen für die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion bezeichnet.
Blum plant unter den Solarflächen Beeren anzubauen. „Ich möchte mich ein wenig unabhängiger vom Klima machen“, sagt der Obstbauer, der davon ausgeht, dass die kommenden Sommer wieder deutlich wärmer werden und der Einfluss auf die Beeren damit stetig wächst.