Mehr Baugebiete, mehr asphaltierte StraßenZülpich wächst – Vegetation muss weichen?
Zülpich – Wie soll es weitergehen mit den Wegen und Baugebieten in Zülpich? Besonders präsent war unter den Ausschussmitgliedern für Struktur, Verkehr und Energiewende das Klimaanpassungskonzept der extern vom Kreis beauftragten B.A.U.M. Consult GmbH. Es führte unter den Verordneten zu einer erneuten Diskussion um die Umweltschutzdebatte.
Aufgrund der geringen Waldfläche Zülpichs ist das Stadtgebiet laut Gutachten an Hitzetagen mit Tropennächten gefährdet, sich stark aufzuheizen. Ein Umstand, der vor allem aufseiten der Grünen und der UWV für Kritik an der aktuellen Bauplanung sorgte. „In Anbetracht der gehörten Tatsachen stellt sich mir die Frage, ob das Baugebiet Seeterrassen mit vielen versiegelten Flächen nicht im Kontrast zum Klimaanpassungskonzept steht“, merkte Detlef Krings (UWV) in der Sitzung an. Bürgermeister Ulf Hürtgen (CDU) hielt dagegen: „Natürlich ist eine so große Flächenversiegelung nicht zuträglich für den Klimaschutz. Hier geht es aber darum abzuwägen. Und wir brauchen Wohnraum.“
Klimaschutz werde nicht ernst genug genommen
Trotz des vorgestellten Konzepts hat Bernd Schierbaum von den Grünen den Eindruck, dass die Verwaltung den Klimaschutz nicht ernst genug nimmt: „Die geplanten Seeterrassen haben ein gigantisches Ausmaß. Ja, wir brauchen Wohnraum, aber es ist nicht so, als gäbe es in Zülpich nicht bereits mehrere Baugebiete.“ Die Stadt gebe zwar viele Konzepte in Auftrag und mache sich Gedanken zu dem Thema, in der konkreten Umsetzung aber werde noch zu wenig getan.
Timm Fischer (CDU) war ganz aufseiten der Verwaltung: „Vielleicht ist das auch eine Suggestivfrage, wenn man wissen will, ob eine Flächenversiegelung im Kontrast zum Klimaschutz steht. Denn ja, natürlich ist das ein Eingriff. Aber wir wollen uns als Stadt weiterentwickeln. Stillstand kann nicht das Ziel sein.“
Areal am Hertenicher Weg könnte auch verschwinden
Fischer betonte auch die weiteren Maßnahmen, die die Stadt für den Klimaschutz auf den Weg gebracht habe, wie Solarzellen auf allen städtischen Gebäuden oder die Zisternenpflicht. Auf den Wohngebäuden in Neubaugebieten gebe es keine Solarzellenpflicht, lenkte Fischer ein. „Hier haben wir aber etwa auf dem Gebiet der alten Strumpffabrik eine Dachbegrünung und Zisternenpflicht vorgesehen“, sagte er.
Zum Missfallen der Grünen könnte zudem bald eine weitere Vegetationsfläche bebaut werden: das Areal am Hertenicher Weg vor der Geflüchtetenunterkunft. Entgegen den Befürchtungen der Grünen-Fraktion hat die Untere Naturschutzbehörde jetzt entschieden, dass es sich bei der dortigen Vegetation nicht um einen Wald handle. Die Stellungnahme legte die Verwaltung in der vergangenen Sitzung vor.
Thema Wegeversiegelung beschäftigt die Experten
Die Stadt solle lediglich Kompensationsflächen bereitstellen, um die Eingriffe in den Bereich auszugleichen. Zudem „sollten über die vorliegende Planung hinaus keine weiteren Flächen im Schutzgebiet in Anspruch genommen werden“, heißt es in der Stellungnahme der Behörde. Die Kritik der Naturschutzverbände NRW, dass in dem Areal die geschützte Nachtigall lebe, wies die Verwaltung zurück. Christoph Hartmann dazu: „Nur weil man die Nachtigall da singen hört, reicht das nicht aus. Sie muss schon brüten.“ Das habe das beauftragte Kölner Büro für Faunistik aber nicht nachweisen können.
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Auch das Thema Wegeversiegelung spielte eine Rolle: Gerade nach der Flut seien wassergebundene Wege (Schotter- oder anderweitig unbefestigte Wege) wichtig, um Regen bessere Möglichkeiten zum Versickern zu geben, wie Eugen Bitjukov von der Ge-Komm im Rahmen der Vorstellung des neuen Wirtschaftswegekonzepts mitteilte. Das Konzept konnten interessierte Bürger aktiv mitgestalten. Mit der Fertigstellung kann die Stadt auf eine Förderung des Landes von bis zu 60 Prozent der Baumaßnahmen hoffen.
Lediglich ein Viertel der Wegesäume in Zülpich und kein einziger Meter an Weg- und Verkehrsfläche selbst besitzt laut Konzept allerdings ökologischen Wert. Auch deshalb empfiehlt Bitjukov überall da, wo die geringe Belastung der Straße es ermögliche, einen Rückbau der Wege zum wassergebundenem Straßenbau. Leo Wolter (CDU) wusste um die Relevanz sickerfähiger Flächen, wandte aber ein: „Schotterwege bedeuten auch Aufwand, weil die Wegfläche von Jahr zu Jahr von der Vegetation an den Seiten verdrängt wird.“